Moravia, Alberto
* Rom
† Rom

Moravia, Sohn einer wohlhabenden Architektenfamilie jüdischer Herkunft, verbrachte den Großteil seiner Kindheit im Kampf gegen eine Knochenturberkulose und begann 1927 literarisch tätig zu werden. Bereits mit seinem ersten Roman "Gli Indifferenti" ("Die Gleichgültigen", 1929) gelang ihm der Durchbruch in und außerhalb Italiens. Es handelt sich dabei um eine existentialistisch-psychologisch scharfe Ausleuchtung des zeitgenössischen Bürgertums, insbesondere seiner dekadent-moralischen Schwächen, der Gier nach Geld, sexuellem Erfolg aber auch der fast willenlosen Komplizenschaft mit der Macht. Selbst versuchte er sich dem Faschismus zunächst durch Auslandsreisen (USA, Mexiko z. B.) und Korrespondententätigkeit zu entziehen, um sich Ende der 30er Jahre immer deutlicher gegen ihn zu stellen. Ab 1941 wurde M. von der faschistischen Zensur stark behindert, erhielt Schreibverbot und einzelne Werke konnten nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten erscheinen, z. B. die Romane "La mascherata" ("Die Maskerade", 1941) sowie "Agostino" (1943). Seit 1936 lebte er mit der Schriftstellerin Elsa Morante (1912-1985) zusammen. 1943 wurde A. M. auch auf eine Liste von zu verhaftenden Intellektuellen gesetzt und musste daraufhin neun Monate in den Bergen im Untergrund verbringen, die ihm zugleich den Rahmen für einen seiner erfolgreichsten Nachkriegsromane, "La Ciociara" ("Cesira", 1957) abgeben werden. Nach 1945 näherte sich M. der Linken an (PCI/KPI) und kandidierte für sie 1983 für das Europaparlament. 1952 wurden seine mittlerweile sehr erfolgreichen und z.T. verfilmten Bücher auf den Index der römischen Kurie gesetzt. In der Tradition des italienischen Verismo (Realismus) stehend, erneuerte er diesen nach 1945 durch einerseits betont politische, andererseits psychologische Akzentsetzungen, etwa über die männliche Identitätskrise in "La Romana" ("Die Römerin", 1948) oder durch "Il conformista" ("Der Konformist", 1960), der das Psychogramm eines faschistischen Mitläufers zeichnet. Nebenbei war M. auch Mitbegründer der wichtigen Zeitschrift "Nuovi Argomenti", an der auch sein Schriftsteller-Freund Pier Paolo Pasolini (1922-1975) mitarbeitete. Moravias Gesamtwerk umfaßt etwa 20 Romane, mehrere Erzählbände, Essays und Reiseprosa (u. a. in die UdSSR, Indien und China), Texte für das Theater, über den Film u. a., in denen die psychischen Deformationen des vorwiegend männlichen bürgerliches Ichs und seiner politischen Organisationsformen immer wieder ausgeleuchtet werden.

Bearbeitet von Primus Heinz Kucher, Klagenfurt.

 

Werkverzeichnis:

Opere 1927-1947 (Bompiani, 1986) zeigen

 

Forschungsliteratur:

Giacomuzzi-Putz, Renate Alberto Moravia (Edition Text und Kritik , 1991) zeigen

Voza, Pasquale Moravia (Palumbo, 1997) zeigen

 

Printversion aller Artikel (umfasst etwa 200 Seiten)

  

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