American Guild for German Cultural Freedom

Ende April 1933 flüchtete Hubertus Prinz von Löwenstein aus Berlin nach Schloss Neumatzen in Brixlegg. Er hatte sich publizistisch als Gegner Hitlers hervorgetan und wurde mehrfach von der SA bedroht. Löwenstein setzte von seinem Exil in Österreich aus seine Arbeit fort und unterstützte den antifaschistischen Kampf um das Saargebiet. Im selben Jahr kam Löwenstein mit dem Wiener Publizisten und Schriftsteller Richard A. Bermann (Pseud.: Arnold Höllriegel) in Kontakt. Bermann war es auch, der die Idee einer "Deutschen Akademie" in New York entwickelte. Sie sollte dazu dienen, die Aktivitäten des Exils zu bündeln und ein kulturelles Gegengewicht zum NS-Regime aufzubauen. Bermann drängte darauf, eine Buchgemeinschaft zu gründen, die vor allem den unbekannten und jungen Exilautor/inn/en ein Forum bieten sollte. Auf einer Vortragsreise durch die USA warb Löwenstein für diese Idee und fand sofort Unterstützung. Die "American Guild for German Cultural Freedom" wurde im April 1935 vom Obersten Gericht des Staates New York genehmigt. Die Entwicklung der "Guild" stockte nach Löwensteins Rückkehr nach Europa. Aber die Entwicklung der "Deutschen Akademie" ging voran. Löwenstein engagierte den damals 25 jährigen Peter de Mendelssohn für die europäische Seite des Unternehmens. 1936 verfasste Mendelssohn gemeinsam mit Bermann die "Denkschrift über die Begründung einer Deutschen Akademie" in Wien, die an zahlreiche deutschsprachige Intellektuelle außerhalb Nazideutschlands verschickt wurde. Mendelssohn setzte sich vehement für die Akademie ein, besuchte zahlreiche Adressaten der Denkschrift in Österreich, der Tschechoslowakei, der Schweiz, in Frankreich, Holland und Belgien. Ihm ist es auch zu verdanken, dass sich Thomas Mann der Akademie zur Verfügung stellte. Unter den Personen, die ihre Mitarbeit an der Akademie zugesagt hatten, waren Franz Werfel, Stefan Zweig, Martin Buber, Ernst Toller, Joseph Roth, Max Reinhardt, Albert Einstein und Sigmund Freud. Mendelssohn emigrierte im selben Jahr nach London, wo er das "Europäische Sekretariat" der Deutschen Akademie einrichtete. Er plante, über die Aktivitäten der Akademie hinaus, eine möglichst lückenlose Dokumentation deutscher Intellektueller und Künstler im Exil. Dazu kam es dann aber nicht. Mendelssohn übte seine Tätigkeiten nicht über das Jahr 1937 hinaus aus. Worin genau der Grund für seinen Rückzug aus der Akademie bestand, lässt sich nicht sagen. Die Vermutung, dass es sich um persönliche Differenzen zwischen ihm und Löwenstein handelt, liegt aber nahe. Die Arbeit der "Guild" und der "Deutschen Akademie" wurde von Thomas Mann als beunruhigend und beschämend empfunden. Der Vorwurf der Inkompetenz hat sich später in der Sekundärliteratur festgesetzt. Klaus Amann zieht aber eine andere Bilanz. Angesichts der veränderten Lage (z. B. Annexion Österreichs 1938) , sah sich die "Guild" in die Lage versetzt, den Schriftsteller/innen das nackte Überleben zu sichern. Klaus Amann schreibt: "Dass die Entscheidung, ob einem mit Verschleppung in ein KZ Bedrohten die Schiffskarte bezahlt oder - gemäß dem Akademie Programm - ein Druckkostenzuschuss gewährt wird, dort, wo beides nicht zugleich möglich war, zugunsten der in keinem Akademie Statut vorgesehenen - Schiffskarte getroffen wurde, ist nicht nur verständlich, sondern relativiert auch die 'Beunruhigung und Beschämung' Thomas Manns." (Amann 1990, 187) Anfang Dezember 1937 wurden die ersten Stipendien vergeben. Bermann bemühte sich verzweifelt darum, dass auch Hans Flesch-Brunningen mit einer monatlichen Arbeitshilfe von 25-50 Dollar auf drei Monate bedacht werde, um ihn schlichtweg vor dem Verhungern zu retten. Die Liste der Empfänger von Unterstützungen liest sich wie das Personenregister einer österreichisch-deutschen Literaturgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Bertolt Brecht, Hermann Broch, Robert Musil, Joseph Roth, Walter Mehring, Franz Blei, Oskar Maria Graf, Ernst Bloch, Albert Ehrenstein, Franz Theodor Csokor, Hermann Kesten, Egon Erwin Kisch, Annette Kolb, Theodor Kramer, Anna Seghers, Alfred Polgar, Ernst Waldinger und Arnold Zweig. Vielen dieser Autoren hat die "Guild" das Leben gerettet, indem neben dem normalen Visum das unbedingt notwendige Affidavit für die USA erbracht wurde. In den Vereinigten Staaten musste man für jeden Emigranten einen US- Staatsbürger beibringen, der sich eidesstattlich verpflichtete, fünf Jahre lang persönlich für den Lebensunterhalt des Emigranten aufzukommen, wenn dieser es aus eigenen Kräften nicht vermochte. Wie man sich vorstellen kann, war es nicht gerade leicht, solche Erklärungen in ausreichendem Maße zu bekommen. Die finanziellen und personellen Möglichkeiten der "Guild" waren Ende 1940 endgültig erschöpft. Viele hatten jahrelang, teilweise ohne finanzielle Entschädigung, für die "Guild" gearbeitet. Thomas Mann erklärte nach einer Auseinandersetzung mit Löwenstein am 25.04. 1940 seinen Rücktritt als Präsident. Löwenstein hatte in einem Artikel gegen das formulierte Kriegsziel der Alliierten, die Zerschlagung und Teilung Deutschlands, Stellung bezogen. Das Direktorium der "Guild" stellte sich aber in dieser Sache auf die Seite von Thomas Mann, was wiederum Löwenstein veranlasste, alle seine Funktionen zurückzulegen. Das und der finanzielle Ruin bedeuteten das Ende für die "American Guild for German Cultural Freedom".

Links zu anderen Lexikonartikeln:

Flesch-Brunningen, Hans zeigen

Mendelssohn, Peter de zeigen

Polgar, Alfred zeigen

Werfel, Franz zeigen

Kramer , Theodor zeigen

 

Forschungsliteratur:

Amann, Klaus Die 'American Guild for German Cultural Freedom' und die 'Deutsche Akademie' im Exil (1935 - 1940) zeigen

Eckert, Brita Bedrohtes Exil zeigen

 

Printversion aller Artikel (umfasst etwa 200 Seiten)

  

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