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KAPITEL

1. Biographische Daten und Kontexte
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2. Hilde Spiel - Die hellen und die finsteren Zeiten - Erinnerungen 1911 - 1962
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3. Hilde Spiel - "Der kleine Bub Desidere" - Frühe Erzählungen
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4. Hilde Spiel - "Kati auf der Brücke", 1933
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5. Hilde Spiel - "Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation"
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6. Hilde Spiel - "Lisas Zimmer"
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7. Hilde Spiel - "Welche Welt ist meine Welt?"
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8. Hilde Spiel - "Rückkehr nach Wien" - Ein Tagebuch
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9. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Hilde Spiel (1911-1990)


Zuerst ist Lele bei den Langendorfs, jüdischen Psychoanalytikern aus Wien, die Dank der Tatkraft von Mrs. Langendorf den Sprung in die amerikanische Gesellschaft geschafft hatten, beschäftigt.

"Ihr Mann, ein sanfter, blauäugiger alter Herr mit einem Büschel eisgrauer Haare, wäre wohl ewig in dem kleinen Zimmer, das er bei österreichischen Freunden innehatte, sitzen geblieben, hätte sich in seine Bücher versenkt, Auszüge und Anmerkungen in seiner kleinen, sauberen Handschrift gemacht und nur gelegentlich irgendeinen armen Teufel von Emigranten behandelt, der nicht imstande war, sich mit dem rauhen, rohen, lärmenden Alltags Amerikas abzufinden. [...] Mrs. Langendorf verdiente das Geld. Mit dreiundfünfzig war sie so hart, so glatt gelackt und so erfolgreich, wie es dem Inbegriff der berufstätigen Frau in den Illustrierten entsprach." (Spiel 1990, 21f.)

Lisa ist als Kontrapunkt zu Mrs. Langendorf gezeichnet. Sie ist verletzlich und faszinierend erotisch zugleich. Selbst auf Lele übt sie eine beinahe unwiderstehliche Anziehungskraft aus.

"... einen sinnlichen Schmerz, eine körperliche Liebe, den erregenden, verbotenen, unnatürlichen Drang, diese glatte, bläulich-weiße Haut zu streicheln, vielleicht gar sie zu umarmen. [...] Wenn aber ich, ein durchaus normales Mädchen, bereits jenem Zustand verfiel, sobald ich in ihrer Nähe war, wird niemand sich wundern, dass ihr kaum je ein Mann widerstanden hatte." (Spiel 1990, 42)

Sie ist eine Femme fatale, die ihre Kraft einzubüßen beginnt, weil sie von ihrer Kraftquelle abgeschnitten ist. Lisa verschlingt und vernichtet nur sich selbst. Zwar zieht sie andere in Mitleidenschaft, aber ihre Krankheit schwächt sie, beraubt sie ihrer Anziehungskraft. Jeff und Mrs. Langendorf unterhalten ein bereits abgekühltes erotisches Verhältnis, das Mrs. Langendorf durch Kredite zu erwärmen versucht, die sie Jeff gewährt, weil er aufgrund von Lisas Verschwendungssucht ständig in Geldnot ist.

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