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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Deutschland 1933: Machtübernahme durch die Nationalsozialisten
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3. Österreich zwischen 1933 und 1938 als Asyl- und Transitland
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4. Rechtliche Grundlagen des Asyl- und Fremdenrechts in Österreich zwischen 1933 und 1938
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5. Zur Asylpraxis nach 1933
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6. Fremdengesetz gegen deutsche Flüchtlinge 1935-1938
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7. Deutsche Schriftsteller/innen im österreichischen Exil
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8. Verlage
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9. Carl Zuckmayer
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10. August Hermann Zeiz
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11. Hubertus Prinz zu Löwenstein und der Aufbau der "American Guild for German Cultural Freedom"
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12. Theater und Film
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13. Anhang
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Ulrike Oedl:
Das Exilland Österreich zwischen 1933 und 1938


Grundstock des Verlages waren die nach der "Arisierung" des S. Fischer-Verlages übriggebliebenen Verlagsrechte einer Reihe von in Deutschland unerwünschter Autoren sowie ein beträchtliches Warenlager. Nach dem gescheiterten Versuch, seinen Verlag in Zürich anzusiedeln, entschied sich Gottfried Bermann-Fischer für Wien als zukünftigen Verlagsort. Im August 1936 begann der neue Verlag seine Tätigkeit aufzunehmen. Zu den Neuerscheinungen im ersten Jahr seines Bestehens gehörten: Thomas Mann: "Joseph in Ägypten"; Carl Zuckmayer: "Salware"; Hermann Hesse: "Stunden im Garten"; Hans von Hammerstein: "Die gelbe Mauer"; Mechthilde Lichnowsky: "Der Lauf der Asdur"; Jean Giraudoux: "Kein Krieg in Troja"; Julien Green: "Mitternacht".

Diese Aufzählung zeigt auch, wo sich Bermann-Fischer mit seinem Angebot zu platzieren trachtete: die meisten seiner Autoren waren zwar Exilautoren oder gehörten wie Arthur Schnitzler zum Spektrum der Verbotenen; zugleich aber findet sich mit Hans von Hammerstein ein prominenter Vertreter des Austrofaschismus im Verlagsprogramm. Bermann-Fischer pflegte nämlich mit Repräsentanten des "ständestaatlichen" Regimes durchaus freundschaftlichen Umgang, glaubte er doch in dieser Regierung einen Garanten für die Unabhängigkeit Österreichs gefunden zu haben. Der kleine österreichische Markt garantierte freilich keineswegs das Überleben des Verlags. Nach wie vor war der deutsche Markt wichtig und zumindest bis Ende 1937 waren die Bücher des Verlages, von den verbotenen Autoren abgesehen, in Deutschland erhältlich, ja ein Teil der Bücher wurde auch dort hergestellt. Auch hier bedeutete der Einmarsch deutscher Truppen das Ende. Gottfried Bermann-Fischer flüchtete samt Familie in die Schweiz, der Verlag wurde unter kommissarische Verwaltung gestellt und schließlich liquidiert. Erst vom Stockholmer Exil aus, gelang es Bermann-Fischer den Verlag erneut aufzubauen. (vgl. Hall 1985 und Bermann-Fischer 1994)

Bermann-Fischer, Gottfried zeigen
Bermann Fischer, Gottfried zeigen

Nicht nur die deutschsprachigen Verlage befanden sich in einer Abhängigkeit vom deutschen Markt, sondern auch die Schriftsteller selbst. Einschlägigen Schätzungen zufolge veröffentlichten etwa 90% der erfolgreichsten österreichischen Schriftsteller in deutschen Verlagen. Diese Abhängigkeit war neben der ideologischen Überzeugung wohl mit ein Grund, der das Verhalten der offiziellen österreichischen Delegation auf dem internationalen PEN-Kongress Ende Mai 1933 in Ragusa bestimmen mochte. Unter der Führung von Grete von Urbanitzky schloss man sich dem Protest gegen die Bücherverbrennung und Verfolgungen von Autoren nicht an. Als anlässlich einer außerordentlichen Generalversammlung des PEN eine Gruppe von 25 Schriftstellern eine Resolution gegen die Vorgänge in Deutschland verabschiedete, war dies der Anlass zu einer Austrittswelle nationaler, völkischer und katholischer Autoren (u. a. Bruno Brehm, Franz Karl Ginzkey, Paula Grogger, Enrica von Handel-Mazzetti, Mirko Jelusich, Max Mell, Karl Schönherr). Für diese öffentlich geleistete Sympathiekundgebung gegenüber dem Deutschen Reich kamen sie auf Empfehlungslisten, wurden zu Lesereisen eingeladen und kamen in den Genuss nationalsozialistischer Literaturförderung. Jenen, die sich öffentlich gegen des deutsche Reich gestellt hatten (darunter Raoul Auernheimer, Franz Theodor Csokor, Oskar Maurus Fontana, Ernst Lothar, Robert Neumann, Friedrich Torberg, war der Zugang zum deutschen Markt verstellt. (vgl. Amann 1992, 60 ff.)

Csokor, Franz zeigen

Um einen anschaulichen Eindruck von der Vielschichtigkeit und Vielfalt der Probleme, der sich ein Schriftsteller im austrofaschistischen Österreich ausgesetzt sah, zu vermitteln, werden im folgenden zwei Schriftsteller exemplarisch herausgehoben:, Carl Zuckmayer und August Hermann Zeiz. Zuckmayer, könnte man einwenden, war durch seine Prominenz privilegiert und hatte dadurch gewisse Wirkungsmöglichkeiten, die anderen verschlossen blieben. Zuckmayer, könnte man weiters einwenden, hatte ja eigentlich schon ab 1926 seinen Zweitwohnsitz in Henndorf, bevor ihm Österreich 1933 zum Exilland wurde. Aber das sind keine Einschränkungen, sondern eher Indizien dafür, dass es den einen Exilweg nach Österreich nicht gab, was übrigens für die gesamte Situation des Exils gilt. Es kommt daher darauf an, die jeweilige konkrete Lebenssituation der nach Österreich geflüchteten Schriftsteller genau zu betrachten, in ihr spiegelt sich auch das Allgemeine wider.

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