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KAPITEL

1. Jura Soyfer: Das Dachaulied
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2. Theodor Kramer: Der Ofen von Lublin (22.8. 1944)
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3. Fred Wander: Der Siebente Brunnen. Erzählung
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4. Fred Wander: Gesichter (Kap. XI). In: Der siebente Brunnen. Erzählung (1972)
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5. Anhang
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Herbert Staud:
Holocaust und Literatur


Es gibt nicht viele konkrete Gedichte, die den Massenmord an den Juden (Holocaust) zum Thema haben. Dies mag damit zu tun haben, dass sich die Probleme der "Ästhetik des Erinnerns" (Köppen 1993, 8) in der Lyrik am konzentriertesten zeigen. Thematisiert wird dies in Theodor W. Adornos vielzitierter Aussage, "nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch" (Adorno 1951) Sieben Jahre vor diesem vor dieser von vielen als Verdikt verstandenen Aussage verfasste Theodor Kramer sein Gedicht "Der Ofen von Lublin". Er veröffentlichte es im Band "Die grünen Kader", dem eine Widmung vorangestellt ist: "Dem Andenken meiner Mutter - 26. Jänner 1943 in Theresienstadt" (Kramer 1946, 58).

Adorno, Theodor W. über Lyrik nach Auschwitz (1951) zeigen
Totentanz. Kabarett hinter Stacheldraht zeigen

Bevor Sie sich mit Kramers Gedicht "Der Ofen von Lublin" beschäftigen, haben Sie die Möglichkeit, einige Aspekte von Kramers Lyrikschaffen im Exil kennen zu lernen: So stellt sich einerseits die Frage, inwieweit Kramer sich von seinem Schreiben in Österreich vor 1938 lösen kann und wie er Österreich in seinen Gedichten im Exil in England sieht. Andererseits stellt sich die Frage, inwieweit Kramer die NS-Täter in seinen Gedichten konkret gestalten kann.

Am 30. Jänner 1945 schreibt Theodor Kramer im englischen Exil das Gedicht "Abschied vom Steinbruch", in dem die Arbeiter mit Wintereinbruch Schluss mit ihrer Arbeit machen:

"Der Rasen ist gefroren, das letzte Loch gesprengt, gezählt sind Schlegel, Loren, der Ranzen umgehängt. Die blanken Meißel blinken; nun zünden wir den Span und wolln ums Feuer trinken, bis kräht vor Tag der Hahn.

Einäugig ist der eine, im Kreuz der andre steif; wie unterhöhlte Steine sind wir zum Rollen reif. Wir ziehn nach den vier Winden, verkrätzt, verschrumpft, vertan; wir sind bestimmt zu schwinden, eh kräht vor Tag der Hahn.

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