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KAPITEL

1. Palästina/Israel - ein "Exilland"?
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2. Moshe Ya'akov Ben-Gavriêl
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3. Meir Marcell Faerber
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4. Simon Kronberg
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5. Max Brod
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6. Max Zweig
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7. Leo Perutz
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8. Anna Maria Jokl
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9. Elazar Benyoëtz
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10. Anhang
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Armin A. Wallas:
"Exilland" Palästina/Israel


"Eine nationale Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina" (Balfour-Deklaration)

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Palästina unter die Mandatsverwaltung Großbritanniens gestellt. Dies weckte zunächst die Hoffnungen der Zionisten, zumal im Jahre 1917 der britische Außenminister Balfour in einem Brief an Lionel Lord Rothschild eine Erklärung zugunsten der Errichtung einer "nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina" abgegeben hatte ("Balfour-Deklaration"). Die Erwartungen wurden jedoch rasch gedämpft, als die britische Verwaltung die jüdischen und arabischen Interessensgegensätze gegeneinander auszuspielen begann und eine restriktive Einwanderungspolitik verfolgte. Immer wieder wurde das im Aufbau befindliche jüdische Gemeinwesen von arabischen Unruhen erschüttert, besonders heftig in den Jahren 1929 und 1936. Zu weiteren Konflikten, von denen der Jischuw belastet wurde, zählten unter anderem der Antagonismus zwischen orthodoxen und nichtreligiösen Juden, die Spannungen zwischen "europäischen" und "orientalischen" Zuwanderern oder die ideologischen Gegensätze zwischen Arbeiterbewegung und bürgerlich-nationalistischen Gruppierungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Palästina unter die Verwaltung der UNO gestellt, und schließlich, im Mai 1948, erfolgte die Gründung des Staates Israel, der sogleich - im Unabhängigkeitskrieg gegen die arabischen Nachbarstaaten - um seinen Bestand kämpfen musste.

Im Zuge der 1933 einsetzenden Masseneinwanderung deutschsprachiger Juden ("Fünfte Alija") kamen vorwiegend Flüchtlinge ins Land, die oft nur mangelhafte Hebräischkenntnisse besaßen und wenig über Zionismus und Judentum Bescheid wussten. Die deutschsprachigen Juden wurden von den Ansässigen ironisch ?Jeckes? genannt. Über die Herkunft dieses Spitznamens gibt es unter-schiedliche Versionen. Vermutlich leitet sich die Bezeichnung davon her, dass die an korrektes Benehmen gewohnten "Jeckes" selbst bei den heißen Temperaturen des israelischen Sommers Sakkos ("Jacken") getragen haben. Der Begriff "Jeckes" galt als Inbegriff für Umständlichkeit und Integrationsprobleme, insbesondere für Schwierigkeiten bei der Erlernung der hebräischen Sprache. Integrationsschwierigkeiten ergaben sich aufgrund der Alters- und der (zumeist mittelständisch-freiberuflichen) Berufsstruktur der Flüchtlinge. Obwohl Palästina in den 1930er Jahren unter einer ernsten Wirtschaftskrise litt, konnten diese Probleme - so manchem Vorurteil zum Trotz - relativ rasch gelöst werden. Deutschsprachige Einwanderer leisteten wichtige Beiträge nicht nur im politischen und kulturellen Leben, sondern auch im landwirtschaftlichen und industriellen Bereich.

Die britischen Behörden erließen jedoch restriktive Einwanderungsbestimmungen, denen zufolge die legale Einreise nur mit quotenmäßig festgesetzten Zertifikaten möglich war. Um die Rettung von Kindern und Jugendlichen, für die Einwanderungszertifikate leichter zu erhalten waren, kümmerte sich die "Jugend-Alija". Im Mai 1939 veröffentlichte die britische Regierung ein "Weißbuch", das die jüdische Einwanderung auf ein Minimum reduzierte. Viele Flüchtlinge suchten, mit Unterstützung zionistischer Organisationen wie Hechaluz und Hagana, illegal ins Land zu kommen, auf abenteuerlichen Wegen, unter großer Gefahr. Von den Briten aufgegriffene illegale Flüchtlinge wurden in dem - südlich von Haifa gelegenen - Lager Atlit interniert oder in ein Flüchtlingslager auf der Insel Mauritius deportiert.

Die Lage der deutschsprachigen Einwanderer gestaltete sich zudem schwierig, da die deutsche Sprache zunehmend mit Misstrauen betrachtet, boykottiert, vielfach sogar bekämpft wurde. Deutsch galt nun nicht mehr als Sprache Theodor Herzls und des frühen Zionismus, sondern als Sprache Hitlers und der Judenverfolgung. Deutschsprachige Schriftsteller, auch wenn sie sich mit der zionistischen Idee identifizierten und Palästina/Israel als ihre neue Heimat betrachteten, befanden sich in einer Art von "Sprach-Exil" (Schalom Ben-Chorin). Die Interessen der aus Österreich zugewanderten Juden wurden von der "Hitachdut Olej Austria" vertreten.

Israel Nachrichten 26. März 2000 zeigen

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