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KAPITEL

1. Exil und Sprache
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2. Sprachwechsel - Übersicht
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3. Fallbeispiele
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4. Mehrsprachigkeit - Literarisches Übersetzen: Hilde Spiel - Paul Celan
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5. Anhang
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Primus-Heinz Kucher:
Sprachreflexion - Sprachwechsel im Exil


Erich Fried (1921-1988)

Obwohl Erich Fried in einem seiner späten Interviews gemeint hatte, er könne "nicht wirklich englisch schreiben" (Fried/Schlund, 1994, 77), hat er seine erste größere Prosapublikation 1944, eine etwa 20seitige Broschüre über österreichische Widerstandskämpfer, eine Auftragsarbeit für das "Austrian Centre", auf Englisch abgefasst: "They fight in the Dark. The story of Austrias Youth" (Neuausgabe 1995). Es handelt sich dabei um eine Mischform aus Bericht und Erzählung, in deren Mittelpunkt die Widerstandstätigkeiten (Herstellung und Verteilung von Flugblättern, konspirative Treffen, Verbergen von gefährdeten, von der SS gesuchten Freunden, Vorbereitungen für Sabotageakte) von jungen Österreicher/inn/en (Franz, Karl, Hanni, Elli) stehen, und zwar mit betont optimistischer Perspektive hin auf ein besseres, freies Österreich.

"'We'll have a beautiful Austria,' said Elli quietly. She thought of the future of Freedom, of international friendship of the nations. It was late at night, long past midnight. In a few hours it would be day ..." (Fight, 164)

Frieds erster Gedichtband "Deutschland" (London, Austrian PEN, 1944) der etwa zeitgleich entsteht, verzichtet hingegen bewusst auf die Möglichkeit eines experimentellen Ausflugs in die Sprache des Gastlandes. Erst viel später wird Fried gelegentlich Gedichte auf Englisch schreiben, um sie allerdings nur auf Deutsch zu veröffentlichen. (Fried/Schlund, 1994, 79)

Vergleichen Sie dazu auch unsere Überblicksvorlesung "Das Austrian Centre und sein Umfeld".

Hareter, Beate zu Erich Fried zeigen
Fried, Erich: Erich Fried im Londoner Exil zeigen

Frieds Arbeit in der BBC sowie seine Begegnung mit der englischen Literatur hatten zwar keine aktive literarische Mehrsprachigkeit zur Folge, immerhin aber eine bedeutende Leistung, die ein Leben in zwei Sprach-Kulturen geradezu voraussetzt: die Neuübersetzung Shakespeares seit Mitte der 60er Jahre, insgesamt 27 Stücke, die im Umfeld der nicht wenigen und prominenten (literarischen) Shakespeareübertragungen im 19. und 20. Jahrhundert (z. B. Georg Herwegh, Friedrich Bodenstedt, Friedrich Gundolf, Rudolf A. Schroeder, Karl Kraus, Ludwig Tieck) einen herausragenden Platz einnehmen, ja als Musterübersetzungen gelten, indem sie Sprachstil und Originaltreue, aber auch nötige Modernisierungen in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander rücken. (Vgl. F. Apel, 1989, 28) Neben William Shakespeare hat Erich Fried auch Thomas Dylan übersetzt.

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