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KAPITEL

1. Zum Stand der Forschung
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2. Mexiko
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3. Brasilien - Paul Frischauer, Stefan Zweig
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4. Liberaler Humanismus - politische Utopie - blutige Geschichte
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5. Alfredo Bauer
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6. Fritz Kalmar - Heimweh nach Österreich
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7. Trude Krakauer - Niewiederkehr
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8. Österreichische Exilschriftsteller/innen in Lateinamerika
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9. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Zwischen Heimweh und neuer Erkenntnis - Österreichische Exilliteratur in Lateinamerika


Die Literatur über österreichische Exilautorinnen und -autoren in Lateinamerika ist nur dann umfangreich, wenn man alle jene Studien heranzieht, die Stefan Zweig und seinem Exil in Brasilien sowie Egon Erwin Kisch und seinem Exil in Mexiko gewidmet sind. Über die vielen anderen österreichischen Autorinnen und Autoren, die in südamerikanischen Ländern Zuflucht fanden, findet man nur wenig. Ihre Werke sind seit langem vergriffen, selten in Antiquariaten und seltener noch in öffentlichen Bibliotheken erhältlich. So dürften z. B. in Österreich nicht mehr als zwei oder drei Exemplare von Leo Katz' Roman "Totenjäger" vorhanden sein. Es fehlt selbst an Überblickdarstellungen. Zwar veröffentlichten Alisa Douer und Ursula Seeber 1995 den Photo- und Textband "Wie weit ist Wien. Lateinamerika als Exil für österreichische Schriftsteller und Künstler" (vgl. Douer, Seeber 1995, 312; span. Ausgabe unter dem Titel: Qué lejos esté Viene. Latinoamérica como lugarde exilio de escritores y artistas austriacos; Wien 1995). Diese Publikation kann aber nur als ein erster Schritt bei der Beschäftigung mit dem österreichischen Exil in Lateinamerika angesehen werden; sie enthält aber nützliche Kurzübersichten zur Exillsituation in den einzelnen Ländern und schätzt die Zahl der österreichischen Emigrant/inn/en in Südamerika auf 7.500 bis 9.000 Personen (vgl. Patrick von Zur Mühlen, 1995, 10). An den germanistischen Instituten lateinamerikanischer Universitäten wird kaum Exilforschung betrieben. Es fehlen zudem verlässliche und kontinuierlich an der Sache interessierte Ansprechpartner in Lateinamerika, mit denen eine Zusammenarbeit möglich wäre.

Eine Ausnahme ist Prof. Izabela Maria Furtado Kestler in Rio de Janeiro, die auch der internationalen "Gesellschaft für Exilforschung" angehört.

Kisch, Egon Erwin 1928 in den U.S.A. zeigen
Katz, Leo zeigen
Katz, Leo: Totenjaeger zeigen

Am besten dokumentiert ist das sowohl künstlerisch als auch politisch hochinteressante Exil in Mexiko - durch zeitgeschichtliche Studien, Autobiographien und Neueditionen.. (vgl. Kießlich 1974 und von Hanffstengel u.a. 1995) Dem Exil in Mexiko hat die Zeitschrift "Mit der Ziehharmonika. Zeitschrift für Literatur des Exils und des Widerstands", die jetzt den Namen "Zwischenwelt" trägt, 1998 ein Schwerpunktheft gewidmet. (vgl. Mit der Ziehharmonika 15, 1998, 1) Mexiko war der einzige Staat der Welt, der trotz der Sorgen um den Verkauf des 1938 verstaatlichten mexikanischen Erdöls, dessen wichtigster Käufer Hitlerdeutschland war, die Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland niemals anerkannt hat. Christian Kloyber hat über die Vorgänge ausführlich geschrieben (vgl. Kloyber 1987). Er und der andere österreichische Spezialist für das mexikanische Exil, der Egon-Erwin-Kisch-Biograph Marcus G. Patka (vgl. Patka 1997), werden demnächst den lange schon angekündigten Band "Österreicher im Exil - Mexiko" herausbringen, der deshalb viele Jahre später erscheinen kann als geplant, weil in Österreich für kontinuierliche Exilforschung kaum Mittel flüssig gemacht werden, es sei denn, aus Anlass eines Gedenktages oder einer internationalen Repräsentationsverpflichtung.

So wurde etwa für die Biennale von Venedig 1993 kurzfristig ein Überblickswerk "Vertreibung der Vernunft/The Cultural Exodus from Austria" (hg. von Friedrich Stadler und Peter Weibel, Wien 1993) bestellt, freilich nur wenige Monate vor dem Ereignis und ohne nennenswerte Dotierung von Forschungsarbeiten. Diese Publikation ist ein sehr umfangreiches Werk geworden, das sein Zustandekommen letztlich nur dem Goodwill und dem Engagement der auf dem Gebiet der Exilforschung Tätigen verdankt. Bei entsprechender Vorbereitung hätte es ein Standardwerk werden können.

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