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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Zur Situation der Theaterschaffenden in Österreich nach dem "Anschluss" - Wege ins Exil
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3. Überblick
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4. Österreichisches Exiltheater in Großbritannien
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5. BBC
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6. Das österreichische Exiltheater in den USA
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7. Hollywood
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8. Anhang
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Ulrike Oedl:
Theater im Exil - Österreichisches Exiltheater


Die Aneignung der Klassiker als Antwort auf deren propagandistische Indienstnahme durch die Nazis war den Mitgliedern der Tribüne ein wichtiges Anliegen. Zu Goethes 110. Todestag veranstaltete die Tribüne eine Gedenkfeier, in deren Rahmen unter dem Titel "Fausts Tod" Szenen aus "Faust II" vorgetragen wurden. Die Leitung hatte wiederum Berthold Viertel inne, Mitwirkende waren u. a. Peter Preses, Herbert Berghof, Ludwig Roth, Elisabeth Neumann. Im Mai 1942 kam es zu einer Aufführung von Szenen aus Bertolt Brechts "Furcht und Elend des Dritten Reiches", in der Inszenierung Berthold Viertels. 1947 organisierte Berthold Viertel eine Lesung aus Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit". Obwohl diese Form der Darbietung stark an Karl Kraus "Theater der Dichtung" erinnert, konnten diese Lesungen nur ein Ersatz für eine Aufführung sein, besonders auch für den mit Karl Kraus Zeit seines Lebens freundschaftlich verbundenen Theatermann Viertel.

Neumann-Viertel, Elisabeth zeigen
Kraus, Karl zeigen
Kraus, Karl zeigen

"Players from Abroad"

Eine Besonderheit innerhalb des deutschsprachigen Exiltheaters stellen die "Players from Abroad" dar. Obwohl bereits 1942 von Felix Gerstman und Gert von Gontard initiiert, gab es erst ab 1945 öffentliche Auftritte. Ein Grund dafür mag sein, dass man es nicht für opportun hielt, während des Krieges deutsches Theater zu spielen. Faszinierend an diesem Unternehmen ist das künstlerische Potential, das hierfür zur Verfügung stand. Im künstlerischen Beirat finden sich Namen wie Albert und Else Bassermann, Felix Bressart, Ernst Deutsch, Walter Firner, Paul Henreid, Erwin Kalser, Ida Roland, Ludwig Stoessel, Rose Stradner, Szöke Szakall, Erika von Wagner, John Wengraf, Gisela Werbezirk, Victor Barnowsky, Ferdinand Bruckner. (Marx/Trapp 1999, 418) Das erste Stück, das gezeigt wurde, war Ibsens "Gespenster", mit Ernst Deutsch, Else und Albert Bassermann, Regie führte ebenfalls Ernst Deutsch. Stücke von Somerset Maugham, Hans Jaray folgten. Im November 1947 dann Goethes "Faust", Regie Leon Askin, der auch die Titelrolle spielte. Dieser "Faust" mit dem Ehepaar Bassermann und Uta Hagen brachte es auf 28 Aufführungen und war somit einer der größten Erfolge des Exiltheaters in den USA.

In der Spielzeit 1948/49 konzentrierte man sich auf Klassiker: "Egmont" (mit Hans Jaray), "Tasso" (Regie Gert von Gontard) und "Iphigenie auf Tauris" (mit Elisabeth Bergner, Herbert Berghof). Bassermann brillierte als Theaterdirektor Striese im "Raub der Sabinerinnen". Finanziell war das Unternehmen defizitär und von Förderern wie Gert von Gontard, einem ehemaligen Assistenten Max Reinhardts an dessen Hollywooder Schauspielschule, abhängig. Die künstlerische Bilanz hingegen ist beeindruckend, in den nur vier Spielzeiten traten über 70 Schauspieler vor etwa 50.000 Zusehern auf, eine beeindruckende kulturelle Manifestation gegen die Nazis und ihren Vernichtungsfeldzug gegen eine demokratische und humanistische Theaterkultur. Die Rückkehr vieler prominenter Mitglieder nach Europa (Bassermann, Deutsch, Bergner, Jaray, Mosheim) und zunehmende Beschäftigungsmöglichkeiten durch das stark aufkommende Fernsehen für die in den USA Gebliebenen machte es immer schwieriger, Stücke in der gewohnten Qualität zu besetzen, was schließlich 1949 zur Auflösung der "Players from Abroad" führte.

Exilkabarett

Anders als dem Exiltheater gelang es dem Exilkabarett auch die einheimische Bevölkerung anzusprechen. Die Musik spielte dabei sicherlich eine bedeutende Rolle, darüber hinaus entsprachen die komischen, manchmal sehr seichten Programme viel eher dem allgemeinen Publikumsgeschmack und dessen Sehnsucht nach Zerstreuung. Als Auftrittsorte boten sich hauptsächlich kleine New Yorker Künstlercafés wie "Café Vienna", "Broadways Fiaker", "Lublo's Palmgarten" oder "Old Europe" an, wo Kabarettstars wie Karl Farkas, Hermann Leopoldi, Armin Berg auftraten. (Marx/Trapp 1999, 415)

Leopoldi, Hermann und Helly Möslein am Klavier zeigen
Berg, Armin zeigen

Trotz einzelner Erfolge, die hauptsächlich mit Aufführungen aus dem Musiktheaterbereich erzielt werden konnten, z. B. Karl Farkas (Patka 2001, 69-86), kam es auch in diesem Genre nicht zu langlebigen Gründungen. Einzig das 1942 von Oscar Teller und Erich Juhn gegründete Kabarett "Die Arche" konnte sich über längere Zeit, bis 1945, behaupten. Oscar Teller war Mitbegründer des "Jüdisch-Politischen Cabarets" in Wien, einer aus Studenten und Mitgliedern der zionistischen Jugendbünden bestehenden Kleinkunstbühne, die die politischen und sozialen Probleme der Juden thematisierte. Bis 1938 brachte diese Gruppe insgesamt fünf Revuen heraus. Als "Original Jüdisches Heurigen-Duo Teller und Schlesinger" traten Teller und Schlesinger mit gemeinsam mit Fritz Stöckler verfassten kritischen Heurigenliedern bei jüdischen Veranstaltungen auf. (Dalinger 1998, 106 ff.)

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