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KAPITEL

1. Lebensphasen
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2. Kramers 'klassische Periode', 1927 bis 1939 - Besonderheiten seines Exilschicksals
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3. Gescheiterte Rückkehr
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4. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Theodor Kramer (1897-1958)


Die Geschichte der Nicht-Rückkehr der meisten österreichischen Emigranten nach 1945 ist kaum noch beschriebenes Kapitel unserer Nachkriegsgeschichte. Während selbst Politiker wie Adolf Schärf der Remigration mit Ablehnung und Misstrauen gegenüberstanden, wurde die Wiedereingliederung der ehemaligen Nationalsozialisten schnell vollzogen. Die Wiedergutmachung kam nur äußerst schleppend in Gang.

Kramer, Theodor: Andre, die das Land so sehr nicht liebten zeigen

Oskar Kokoschka und Ernst Karl Winter, die sich - als Künstler der eine, als Politiker und Wissenschaftler der andere - im Exil unbezweifelte Verdienste um die Wiederaufrichtung eines unabhängigen Österreichs erworben hatten, fanden bei ihrer Rückkehr verschlossene Türen, keine ihnen entsprechenden Betätigungsmöglichkeiten. Sie stehen hier als prominente Beispiele für viele. Deutschland, ob die Bundesrepublik oder die DDR, hat sich in dieser Hinsicht anders verhalten. War dort das Bewusstsein einer historischen Schuld an den Greueln der Naziherrschaft vorhanden, ist die Abstreifung jeder Verantwortung für die Vergangenheit hier für viele die wesentliche Pointe bei der Betonung österreichischen Nationalbewusstseins geworden.

Kokoschka, Oskar zeigen
Kokoschka, Oskar zeigen

"Daß Österreich eine eigene Diktatur hatte und an der Naziherrschaft nicht unschuldig war, dafür hat man kein Gefühl dort, davon will man durchaus ganz und gar überhaupt nichts hören, ein Emigrant hat einen Buckel zu machen ... Nur ein Gesunder oder ein Wohlhabender oder ein Massenautor könnte dort leben und nichts beigeben, es nicht billiger geben. Ich werde niemals als Schriftsteller irgendeine Konzession machen."

So schreibt Kramer am 20. November 1955 aus Guildford an Harry Zohn in Boston. In Guildford war Kramer seit 1943 als Bibliothekar beschäftigt, unter oft drückenden Bedingungen. Dennoch hat er diese Stellung der ihm angebotenen in Wien vorgezogen. Der Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka, damals Mitglied der KP, einer der wenigen, die sich konsequent für die Rückkehr der Emigranten eingesetzt haben, hielt ihm einen Platz in der Zentrale der Wiener Städtischen Bibliotheken frei. Doch Kramer zögert und versagt sich: Als Magenleidender sieht er seine Ernährung in Österreich gefährdet, das Gehalt eines Volksbibliothekars ist ihm zu gering, es gibt Schwierigkeiten bei der Beschaffung eines geeigneten Quartiers, er fürchtet, in die neu aufgebrochenen politischen Frontenbildungen unfreiwillig einbezogen zu werden, auch dass ihn die Kommunisten verfolgen würden, erbrächte er nicht die politische Gegenleistung für die gebotene Hilfe. All diese Motive und noch einige andere werden wechselnd vorgebracht, nie im Zusammenhang. Die Vermutung, dass hinter diesen "Vorwänden" andere Motive stecken, liegt nahe.

Matejka, Viktor zeigen
Matejka, Viktor zeigen

Weiter Informationen finden Sie auch in der Überblicksvorlesung "Germanistik als Erinnerung, Mahnung und Heimat".

Kramer, Theodor als Bibliothekar zeigen
Kramer, Theodor: Ehrendiplom zeigen

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