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KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
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2. Hausmann und seine Zeit
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3. Dadü Dada!
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4. Manifeste
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5. Der neue Mensch
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6. Hausmann im Exil
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7. Die wichtigsten Buchprojekte
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8. Optophonetische Poesie
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9. Photographie
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10. Der größte Tänzer aller Zeiten
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11. Satire
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12. Anhang
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Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


Obwohl sich die Berliner Dadaisten durch ein 'Gegeneinander-Kämpfen für ein gemeinsames Ziel' charakterisierten, wurden die wichtigsten Manifeste doch von einem Großteil gemeinsam (mit-)unterzeichnet - so auch von Raoul Hausmann. Verbreitung fanden die Texte durch Flugblattaktionen und in Zeitschriften wie "Der Gegner", "Die Aktion", "Der Dad", "Die Pleite", "Der blutige Ernst" oder "Die Erde".

Als Gründungsmitglied des "Club Dada" verspürte Hausmann tiefe Abneigung gegenüber gesellschaftlichen Missständen, Besitzdenken und traditionellen philosophischen Ideen und vor allem gegen Weimar - sowohl gegen die Republik als auch gegen das geistige Erbe. Dass Manifeste geschrieben werden "um etwas zu sagen, etwas von Bedeutung zu sagen" (Hausmann: "Am Anfang war Dada", 153, "Maikäfer flieg! Manifest von allem Möglichen"), nutzte Hausmann, um dem spöttisch und polemisch entgegenzutreten, um speziell durch Provokation aufzurütteln, und um darüber hinaus den eigenen Verarbeitungsprozess zu erleichtern - wie im "Pamphlet gegen die Weimarische Lebensauffassung" von 1919:

Hausmann, Raoul: Pamphlet gegen die weimarische Lebensauffassung zeigen

"Ich verkünde die dadaistische Welt! Ich verlache Wissenschaft und Kultur, diese elenden Sicherungen einer zum Tode verurteilten Gesellschaft. Was kann es mich angehen zu wissen, wie Martin Luther aussah? Ich stelle ihn mir vor als dickbäuchigen kleinen Mann. Er sah aus wie der Volksbeauftragte Ebert." (Hausmann 1919, In: Erlhoff 1982, Texte1, 39. "Pamphlet gegen die Weimarische Lebensauffassung")

Der Verspottung des Positivismus folgte eine "gallige" Abrechung mit den "Kopfarbeitern", den "ernsthaften Dichtern" und den "Goethe-Ebert-Schiller-Scheidemannianern":

"Diese Literatoren, Versemacher leiden am Gallfluß ihrer traurigen Ernsthaftigkeit und bedecken schon wieder als Aussatz die geistigen Beulen der Ebert-Scheidemann-Regierung [1919-1925], deren elende Phonographenwalzenmelodie sie kakophonisch unterstützten [...] Ertränken wir sie im Unflat ihrer so grässlich ernsthaften sechzigbändigen Werke! [...] Dieser Klassizismus ist eine Uniform, die metrische Einkleidungsfähigkeit für Dinge, die nicht das Erleben streifen. Außerhalb aller Strudel des realen Geschehens hüllen ernsthafte Dichter, Mehrheitssozialisten, Demokraten, die Belanglosigkeit in die starren Faltenwürfe würdiger Verordnungen; militärische Versfüße wechseln ab mit Arien der Güte und Menschlichkeit - aus dem sicheren Hinterhalt, den der Besitz einer Anzahl Banknoten oder ein Pfund Butter verleiht, taucht auf das Ideal aller Schwachköpfe: Goethe's zweiter Faust. Es ist schlechterhin alles darin enthalten, was nicht in Schillers Räubern vorkommt." (Hausmann 1919, in: Erlhoff 1982, Texte, 39 f. "Pamphlet gegen die Weimarische Lebensauffassung")

Hausmann, Raoul: Mechanischer Kopf zeigen

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