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KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
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2. Hausmann und seine Zeit
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3. Dadü Dada!
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4. Manifeste
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5. Der neue Mensch
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6. Hausmann im Exil
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7. Die wichtigsten Buchprojekte
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8. Optophonetische Poesie
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9. Photographie
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10. Der größte Tänzer aller Zeiten
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11. Satire
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12. Anhang
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Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


In diesem Manifest postulierte Hausmann seine wichtigsten Anliegen, die in späteren Texten immer wieder aufgegriffen wurden. Zur politisch-kritischen und anti-klassischen Gesinnung gesellte sich dabei die Notwendigkeit einer neuen, originären Lebensweise, die sich nicht mehr an ästhetischen Idealen, sondern am 'reinen, wahren Erleben' orientieren sollte. Allerdings war ein solches nur möglich, wenn man sich zuvor von den negativen, verändernden und eben fremden Einflüssen der Familie, der Gesellschaft und des Staates befreit und "Besitz von sich", vom Eigenen, ergriffen hatte. Indem der so entstehende "neue Mensch", wie es im Manifest 'PREsentismus gegen den Puffkeismus der teutschen Seele' lautet, "das Heute sekündlich fassen" (Hausmann: "Am Anfang war Dada". 145. "Einige Manifeste") sollte, definierte er auch Leben, Kunst und Gemeinschaft neu, wobei die Antwort auf Probleme der Vergangenheit und Gegenwart zunächst im Dadaismus zu suchen war.

Eher Kommunismus und Anarchie als Demokratie zugeneigt, forderten die "Zentralräte" Hausmann, Huelsenbeck und Golyscheff im vereint unterzeichneten Manifest "Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland?" in dieser Hinsicht u. a.:

Hausmann, Raoul: Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland? zeigen

"a) die öffentliche tägliche Speisung aller schöpferischen und geistigen Menschen auf dem Potsdamer Platz (Berlin). b) die Verpflichtung der Geistlichen und Lehrer auf die dadaistischen Glaubenssätze. [...] e) Einführung des simultanistischen Gedichtes als kommunistisches Staatsgebet. [...] k) sofortige Regelung aller Sexualbeziehungen im international dadaistischen Sinne durch Errichtung einer dadaistischen Geschlechtszentrale." (Hausmann 1919, in: Erlhoff 1982, Texte1, 60 f. "Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland?")

Diese Appelle waren oft hintergründiger, als sie auf den ersten Blick vermuten lassen. Als Beispiel seien hier nur die Bemühungen Hausmanns um generell freieren Umgang mit Sexualität, besonders in Hinblick auf Änderung der moralischen Vorstellungen der Gesellschaft gegenüber der Frau, aber auch gegenüber der Homosexualität erwähnt. Darüber hinaus persifliert das Manifest Thomas Woodrow Wilsons 'Grundsätze für einen allgemeinen Weltfrieden' vom 8. Januar 1918 und präsentiert damit in seinen "Bewusstseinsinhalten die tausendfachen Probleme der Zeit". Dadurch zählen die Verfasser nach Huelsenbecks ?Dadaistischem Manifest' von 1918 zu den "besten und unerhörtesten Künstlern [...] die stündlich die Fetzen ihres Leibes aus dem Wirrsal der Lebenskatarakte zusammenreißen, verbissen in den Intellekt der Zeit, blutend an Händen und Herzen" (Huelsenbeck 1918, In: "Am Anfang war Dada", 23. "Dadaistisches Manifest")

Hausmann ließ in den frühen 20er Jahren keine Gelegenheit ungenützt, seine Kritik an Weimar und der deutschen Lebenspraxis auszusprechen, scheute sich aber nicht, die dazu verwendeten Mittel gleichzeitig zu hinterfragen:

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