zurück zum Inhaltsverzeichnis

KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
anzeigen

2. Hausmann und seine Zeit
anzeigen

3. Dadü Dada!
anzeigen

4. Manifeste
anzeigen

5. Der neue Mensch
anzeigen

6. Hausmann im Exil
anzeigen

7. Die wichtigsten Buchprojekte
anzeigen

8. Optophonetische Poesie
anzeigen

9. Photographie
anzeigen

10. Der größte Tänzer aller Zeiten
anzeigen

11. Satire
anzeigen

12. Anhang
anzeigen

 

Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


Der Traum vom neuen Menschen begann für Hausmann 1916 durch die Bekanntschaft mit Otto Gross und Franz Jung. Gross war Schüler von Freud und machte für die Entstehung von Geisteskrankheiten die Einengung des Individuums, einerseits in der Familie und im staatlichen Gefüge, andererseits durch repressive Moralvorstellungen verantwortlich. Der dadurch entstehende innere Konflikt sollte durch den Sieg des "Eigenen" über das "Fremde" überstanden werden, als Voraussetzung der Freiheit des Individuums. Jung gründete 1915 den "Verlag freie Straße" und die gleich lautende Zeitschrift, und war für das Erscheinen des "Gegners" von 1931 bis 1933 verantwortlich, darüber hinaus war er mit dem Gedankengut Gross' eng vertraut. Hausmann war glühender Anhänger von Gross und Jung und mit ebenso glühender Leidenschaft übernahm und erweiterte er deren Theorien.

Gross, Otto zeigen

"Mensch ist simultan, Ungeheuer von Eigen und Fremd, jetzt, vorher, nachher und zugleich - platzender Buffalo-Bill von Apachenromantik grenzenlosester Realität des fortwährend widersprüchlichste Komplexe umfassenden Erlebens, Beziehungen." (Hausmann 1918, In: Erlhoff 1982, Texte1, 14. "Synthetisches Cino der Malerei")

Für die Entstehung der Antagonismen zwischen 'eigen' und 'fremd', die das eigentliche "sekündliche" Erleben des PREsenten Augenblicks und die Entstehung des neuen Menschen in einer neuen Gesellschaft verhinderten, machte Hausmann insbesondere die bürgerliche Familienform mit ihren obsoleten Besitzvorstellungen, Verpflichtungen und Ängsten verantwortlich:

"Die Familie, die auf der bürgerlichen Ehe, also auf dem Gegensatz eigen - fremd, oben - unten, Mann - Weib, begründet ist, zeigt aus der Analogie Besitz und Pflicht die gewaltsame Minderwertigkeitserklärung sowohl der Frau als der Nachkommen. [...] Die Vaterrechtsfamilie muß auf die Dauer zur Schädigung aller aus ihr hervorgehenden Individuen werden, da sie ihnen ihr Recht auf die Durchsetzung ihres Eigenen gewaltsam abspricht und ihrer Selbstauflösung oder ihrer Freiheit automatisch immer wieder die gleichen rechtlosen Hemmungen aus einem angeblichen Besitzstatus des "Vaters" entgegenstellt. [...] Die umgebende Familienatmosphäre, Beziehungen zu den Eltern oder Geschwistern, wird je nachdem Inzestkomplexe, Sadismus, Masochismus, als Selbstrettungstendenz aus der primärsten Konfliktstellung des Eigenen und Fremden herausgestalten." (Hausmann 1919, In: Erlhoff 1982, Texte1, 34 f. "Der Besitzbegriff in der Familie und das Recht auf den eigenen Körper")

Die Untauglichkeit des Mannes als Stammesoberhaupt führte er auf Machtgelüste zurück, die den Blick auf Wesentliches verschleierten. In diesem Sinne enthüllte er "die Fehler einer männlich-protesthaften Haltung, entstanden aus protohistorischen Konflikten und juristisch-gesellschaftlichen Einstellungen, ebenso wie den weiblich-amazonischen Protest gegen den 'Helden', den durch mich [= Raoul Hausmann] aufgedeckten Klytämnestra-Komplex." (Hausmann: 'Am Anfang war Dada', S. 83. "Der Kampf gegen Weimar")

S. 16/38 vorherige Seite - nächste Seite

  

IMPRESSUM | 2002 © UNIVERSITÄT SALZBURG