zurück zum Inhaltsverzeichnis

KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
anzeigen

2. Hausmann und seine Zeit
anzeigen

3. Dadü Dada!
anzeigen

4. Manifeste
anzeigen

5. Der neue Mensch
anzeigen

6. Hausmann im Exil
anzeigen

7. Die wichtigsten Buchprojekte
anzeigen

8. Optophonetische Poesie
anzeigen

9. Photographie
anzeigen

10. Der größte Tänzer aller Zeiten
anzeigen

11. Satire
anzeigen

12. Anhang
anzeigen

 

Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


Die Zeit von 1886 bis 1971, zwischen Geburts- und Todesjahr Raoul Hausmanns, war in Mitteleuropa bekanntlich eine Zeit voller Turbulenzen und tiefer, traumatischer Zäsuren - Ermordung von Franz Ferdinand in Sarajevo ? Erster Weltkrieg - Novemberrevolution - Inflationsjahre - Weimar - Nationalsozialismus - Zweiter Weltkrieg - Nachkriegsjahre ? endlich Frieden - parallel dazu immer neue technische Innovationen und wissenschaftliche Errungenschaften in rasendem Tempo. Vor diesem Hintergrund werden die Intentionen von Dada-Berlin, und damit Hausmanns greifbar, wenn er 1918 schreibt:

"Wer stehen bleibt, wird erschossen, Aufruf des Polizei-Präfekten. Weder Gas, noch Elektrizität, noch Wasser, und dies seit mehreren Tagen. An jeder Straßenecke Kontrolle wegen Waffentragen, [...] nachts der Lärm der Maschinengewehre im Centrum [...]. Und dabei sollte man gut geschliffene Verse machen, Stil-Leben oder nackte Frauen malen?" (Hausmann: 'Am Anfang war Dada', S. 16. "Dada empört sich regt sich und stirbt in Berlin")

Die Abhängigkeit vom Zeitgeschehen und die Fokussierung darauf waren für Hausmann elementare Wesensmerkmale der Kunst. Über den Vorwurf der "ABSOLUT[EN] UNFÄHIGKEIT, etwas zu sagen, ein Ding zu fassen, mit ihm zu spielen" (Hausmann 1919, In: Erlhoff 1982, Texte1, 83. "Der deutsche Spießer ärgert sich") entwickelte Hausmann seine Absage gegenüber dem Expressionismus und seinen Anhängern, denn für ihn war die gesellschaftliche Rolle und Verantwortung eine ernstzunehmendere.

"Dichter und Schneider haben einen ähnlichen Beruf. Sie liefern die Jacken, die man nach dem Winde, der Gesinnung heisst, wendet. Nach den Nerven der Zeit ist die Dichtung bald ernst, die Jacke bald leicht. [...] Dichter treffen manchmal, wie die Schneider, den Rhythmus ihrer Zeit und sind dann lange Zeit Mode" (Hausmann 1927, In: Züchner, 1998, 245)

Kennzeichnend für Hausmann ist, dass es ihm bis an sein Lebensende verwehrt blieb, diesen Rhythmus zu finden, und dass er nahezu ebenso lange verbittert und enttäuscht die Anerkennung seiner künstlerischen Werke wie seiner Person suchte. Hausmanns Stolz, sein Hochmut, seine Lust zur Polemik und seine Eitelkeit dürfen in den frühen Berliner Jahren als mitverantwortlich für die mangelnde Integration im öffentlichen Leben nicht außer acht gelassen werden. Sie trugen dazu bei, dass die ohnehin seltenen Ausstellungs- und Veröffentlichungsgelegenheiten nicht wahrgenommen wurden. Waren dennoch alle intradadaistischen Schwierigkeiten überwunden, stand den öffentlichen Auftritten nicht immer ein begeistertes Publikum gegenüber:

S. 5/38 vorherige Seite - nächste Seite

  

IMPRESSUM | 2002 © UNIVERSITÄT SALZBURG