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KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
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2. Hausmann und seine Zeit
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3. Dadü Dada!
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4. Manifeste
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5. Der neue Mensch
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6. Hausmann im Exil
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7. Die wichtigsten Buchprojekte
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8. Optophonetische Poesie
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9. Photographie
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10. Der größte Tänzer aller Zeiten
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11. Satire
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12. Anhang
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Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


"die wichtigsten Manifestationen waren selbstverständlich diejenigen, bei denen Tausende von Personen, toll vor Wut gegen uns, bereit waren, uns zu töten - denn sie hatten verstanden, daß DADA ihre höchsten Güter und heiligsten Ideale bedrohte." (Hausmann: 'Am Anfang war Dada', 20. "Dada empört sich regt sich und stirbt in Berlin")

So aggressiv und unberechenbar, dass Hausmann verprügelt, seine Hose zerrissen und die Brille zerbrochen wurde, war die Stimmung nicht immer, doch förderten die politischen Umstände nicht gerade lustvollen, unbeschwerten 'Kunstgenuss'.

"Diese erste DADA-Ausstellung in Deutschland war sehr schön, aber das Publikum war nicht übermäßig betroffen davon, wahrscheinlich hatte es größere Sorgen um Butterkarten und Brotmarken." (Hausmann: "Am Anfang war Dada", 88. "Der Kampf gegen Weimar")

Verfolgt man die alternierenden Dollar- und Lebensmittelpreise, so sind diese Sorgen leicht nachvollziehbar, zumal auch die Verhandlungen auf der internationalen Wirtschaftskonferenz in Genua 1922 die in sie gesetzten Hoffnungen enttäuschten: Betrug der Wert des Dollars Anfang Januar 1922 noch 298 Reichsmark, so steigerte sich dieser bis August auf 880 Reichsmark und 'stabilisierte' sich im November 1923 bei einem Preis von 4,2 Billionen Reichsmark. Der unfreiwillige Verzicht auf Essentielles beeinträchtigte die Bereitschaft zum Konsum von vergleichsweise ?unnötigen' Dingen wie den Dadaismus. Um die Menge dennoch zu gewinnen, war Engagement und Raffinesse nötig, und die Dadaisten waren gewitzt genug, die Herausforderung anzunehmen. Als Verbreitungsmedium diente die Zeitschrift 'Neue Jugend', die ohne Lizenz und Verlagsadresse im Großformat erschien - "in der Zeit der Papierbeschränkung und des Verbotes neuer Publikationen eine beachtliche Leistung". An den Kiosken, wo sie "schon wegen der äußeren Aufmachung" genommen wurde, blieb etwa eine Stunde für den Verkauf bis zur "Beschlagnahme-Verfügung" durch die Polizei, die jedoch ausreichte, um breite Leserkreise zu informieren. (Hausmann: 'Am Anfang war Dada', 105. "Der DADAanarchist Franz Jung") Obwohl wichtiges Mitglied dieser Aktionen, wurde Hausmann wiederholt ignoriert und sein Name auf den Teilnehmerlisten diverser Veranstaltungen übergangen. Dieser Öffentlichkeit trotzend zog er sich Mitte der 20er Jahre zurück und beendete erst 1931 durch Ausstellungen und durch Veröffentlichungen im 'Gegner' die, mehr oder weniger, freiwillige Isolation.

Gesellschaftlich erzeugte Hausmanns polygame Lebensführung Unverständnis und Ablehnung, so dass er 1933 zu einem 'längeren' Sommeraufenthalt auf Ibiza aufbrach, der jedoch zur Emigration und zum Ausgangspunkt einer Hetzjagd wurde, die ihm trotz Stationen in mehreren europäischen Staaten, die dringend benötigte Anerkennung vorenthielt. Der Zweite Weltkrieg tat ein weiteres, so dass es im Exil, wie auch in der 'Heimat', noch lange dauern sollte, bis man auf Hausmann aufmerksam wurde.

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