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KAPITEL

1. Hermynia Zur Mühlen
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2. Ewiges Schattenspiel
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3. Als der Fremde kam
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4. Reise durch ein Leben
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5. Unsere Töchter die Nazinen
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6. Die Übersetzertätigkeit von Hermynia Zur Mühlen
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7. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Hermynia Zur Mühlen (1883-1952)


Der Hauptstrang der Erzählung verfolgt die Biographie der Komtess Erika Rautenberg. Sie wächst bei ihrer Großmutter in Gmunden auf. Schon hier lassen sich autobiographische Züge erkennen. Aber diese gehen, so scheint es, nicht über Anleihen die Zeitereignisse, die Landschaft und einige Charaktere betreffend, hinaus. Erika versucht schon früh, die Standesgrenzen zu überwinden, findet es ganz natürlich sowohl mit der Tochter des Gymnasialdirektors als auch der Tochter des Straßenkehrers zu spielen. Die Einwände der Erwachsenen überwindet sie, und deckt mit kindlicher Schlauheit die Widersprüche in deren Argumentation auf. Wenn man ein Christ ist und glaubt, dass alle Menschen vor Gott gleich sind, wie kann man dann glauben, dass die Menschen vor den Menschen nicht gleich seien?

Erikas Mutter stirbt mit zweiunddreißig Jahren bei einem Reitunfall. Erika hat sie nur im Sommer gesehen, und ihre Eltern sind ihr eigentlich fremd. Dennoch markiert dieses Ereignis das Ende der Kindheit- denn schon wenig versucht die Großmutter dafür zu sorgen, dass sich Erika verheiratet. Von ihrem Vetter Nicki ist sie nicht sehr angetan und der junge Dandy interessiert sich auch eher für ihre bürgerliche Freundin Betty, die sich auch prompt in den Grafen Nicki Gaschin verliebt.

Die Rautenbergs sind ältester Adel und man beruft sich darauf, schon unter den Karolingern gedient zu haben, aber viele der Familienmitglieder gelten als verschroben. So auch der Exzellenzherr, der seinen Lebensabend in einer nahe gelegenen Villa verbringt, und damit beschäftigt ist, ein Werk gegen die Todesstrafe zu verfassen. Denn, so meint er, einer, der so viele Todesurteile wie er unterschrieben habe, kenne am besten die Gegenargumente und müsse sie formulieren. Ebenso eigenartig ist der Graf Emanuel Zierotan, der sich von seinem Diener beim Familiennamen rufen lässt und sich in seiner Burg vor der Welt versteckt. Er verachtet den Adel, weil er meint, dass seine heutigen Vertreter ihren Aufgabe nicht mehr nachkämen. Als jedoch die Regierung unter Dr. Karl Renner nach dem Ersten Weltkrieg den Adel abschafft, empört er sich allerdings darüber und lässt Visitenkarten mit seinem Adelstitel drucken.

Auch Erika ist nicht frei von solchen Eskapaden und besteht darauf, einen Bürgerlichen zu heiraten: Dr. Georg Steinbach, Rechtsanwalt aus Mainz und mit Betty verwandt. Zu ihrem Unglück setzt die Komtess ihren Willen durch. In Mainz wird sie nie heimisch, und ihr Sohn Wilhelm bleibt ihr fremd. Die einzige, mit der sie engeren Kontakt pflegt, ist Tante Minnchen. Sie hat sich dem Sozialismus verschrieben und ist überzeugt, dass die Internationale einen neuen Krieg verhindern werde. Erika kommt über sie zum ersten Mal mit dem Marxismus in Kontakt. Ihr Mann und die Familie wollen aber keine Frau, die sich mit politischen Bewegungen beschäftigt, sich für die Armen und Benachteiligten einsetzt, und behandeln Erika wie ein Kind, das von Dingen spricht, von denen es nichts versteht.

In dieser Zeit stirbt die Großmutter. Erika kehrt an den See zurück und fühlt, dass sie eigentlich nur hier heimisch ist. Allerdings verhindern die folgenden Ereignisse die Rückkehr für lange Zeit. Denn als Erika wieder nach Mainz zurückkommt, führt eine Zurückweisung durch ihren kleinen Sohn dazu, dass sie das Haus fluchtartig verlässt. Sie will zu ihrer Tante Nadine Gaschin, die auf Kururlaub in der Nähe weilt. Diese ist aber nicht im Hotel und so trifft sie auf Nicki. In ihrer Verzweiflung wirft sie sich in seine Arme. Die beiden brennen durch.

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