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KAPITEL

1. Einleitendes
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2. I. Berlin 1931-1933: Die Großstadt als Laboratorium
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3. II. Wien 1933 bis 1938: Zwischen den Stühlen
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4. III. Schweizer Exil 1938-1942: Ein ontologisches Kunststück
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5. Anhang
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Markus Kreuzwieser:
Robert Musil (1880-1942)


Vom 21. November 1931 bis zum 21. Mai 1933 wohnte und arbeitete Robert Musil in Berlin, und zwar in der Pension Stern, Kurfürstendamm 217, da ihm in der deutschen Hauptstadt, wie er im Curiculum Vitae um etwa 1938 schreibt, "die Spannungen und Konflikte des deutschen Geistesleben fühlbarer sind als in Wien." (Musil 1978, 950) Der Germanist Wolfdietrich Rasch, der Musil in Berlin kennenlernte, berichtet von einem Gespräch mit dem Dichter, in dem dieser festhält, dass er "den zweiten Band" des "Mann ohne Eigenschaften" in Berlin "zum Abschluss bringen" wolle, was er "in Wien" nicht könne, denn dort sei er "der Welt des Romans zu nahe", in Wien sei er "zu weit abseits von den Ereignissen unserer Tage, zu sehr wie in der Provinz, wo alles stagniert. Die Spannungen in unserer heutigen Welt werden eher hier in Berlin ausgetragen, oder man spürt sie wenigstens besser. Das ist ein günstigeres Klima für meine Arbeit." (Dinklage 1960, 367)

Robert, Musil: Pension Stern zeigen
Rowohlt, Ernst zeigen
Musil, Robert zeigen

Ein weiter Grund, nach Berlin zu gehen, lag für Musil darin, dass er die Nähe seines Verlegers Ernst Rowohlt (1887-1960) suchte.

Zwischen April 1930 und September 1931 hielt sich Musil viermal in Berlin auf, um mit ihm Verhandlungen zu führen. Das oft sehr gespannte Verhältnis zwischen dem Dichter und seinem Verleger gründet auf Musils langsamer Arbeitsweise und seiner prekären finanziellen Situation, die ihn von Rowohlts Vorauszahlungen bzw. Unterstützung abhängig machte. In einem Brief (Poststempel vom 9. Mai 1930) an seinen Freund und Studienkollegen Johannes von Allesch klagt Musil:

"Da der jetzt abgelieferte Erste Teil [...] 800 Maschinseiten stark ist, hatte ich erwartet, von Rowohlt für den zweiten Teil neues Geld zu bekommen. Aber er war dazu nur in ganz ungenügendem Maß zu bewegen; immer verschanzt hinter kaufmännische Berechnungen, deren letzter Sinn der ist, daß er kein Vertrauen in den Absatz hat, obgleich er den künstlerischen Wert nach dem Urteil seines Lektors hochhob. Ich habe den Eindruck, daß er, wenn kein Erfolg kommt, nicht mehr weiter will, und von den Bedingungen, unter denen ich weiter arbeiten muß, kann ich nur sagen, daß sie unmöglich sind. Ich mußte aber gute Miene zum bösen Spiel machen, weil ich mit einem halben Riesenbuch in der Hand bei der heutigen Lage der Dinge völlig hilflos bin." (Musil [Briefe] 1981, 463)

1930 war also der Erste Teil des "Mann ohne Eigenschaften" auf Drängen des Verlegers erschienen.

Musil, Robert: Der Mann ohne Eigenschaften, Erstausgabe 1930 zeigen

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