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KAPITEL

1. Einleitendes
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2. I. Berlin 1931-1933: Die Großstadt als Laboratorium
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3. II. Wien 1933 bis 1938: Zwischen den Stühlen
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4. III. Schweizer Exil 1938-1942: Ein ontologisches Kunststück
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5. Anhang
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Markus Kreuzwieser:
Robert Musil (1880-1942)


In Wien bezieht Musil wieder die Wohnung in der Rasumofskygasse 20.

Musil, Robert: Wohnung zeigen
Musil, Robert - Rasumofskygasse zeigen

Oskar Maurus Fontana beschreibt sie folgendermaßen:

"Das Paradoxe, das zu Musil gehörte, kam auch in der Wohnung zur Geltung. Nichts an ihr paßte zu Musil, weder die kleinbürgerliche Umgebung, noch der triste, langgestreckte Kasernenhofbau noch ihre schlauchförmige, düstere Gestalt: Man mußte durch einen langen Gang, die Küche und zwei Zimmer gehen, ehe man in seinem Zimmer stand, das mit seiner hoch aufgetürmten Bücherwand einer Arbeitsburg glich. [...] Die Wohnung gefiel ihm nicht, aber die Hauptsache war: Er hatte eine Arbeitsstätte; für alles andere machte er sich blind und unempfindlich." (zit. nach Dinklage 1960, 329)

Musil, Robert an seinem Schreibtisch zeigen
Palais Salm, Wien III zeigen

Von seinem Schreibtisch aus konnte Musil das Palais Salm sehen, das ihm, wie auch der dazugehörige Garten, als ein wichtiges Modell für Ulrichs Jagdschlösschen bzw. die sogenannten "Gartenkapitel" im "Mann ohne Eigenschaften" diente. Die Beschreibung von "Haus und Wohnung des Mannes ohne Eigenschaften" füllt im Roman das 2. Kapitel und ist als eine artifizielle, ouvertürenhafte Entfaltung wichtiger Themen und Motive des Romans deutbar. Die Großmetapher des "Gartens" ist für das gesamte Werk konstitutiv, Musil arbeitet im Schweizer Exil in den letzen Stunden seines Lebens noch am Kapitel "Atemzüge eines Sommertages", dessen Handlungsraum der Garten von Ulrichs Schlösschen ist.

"[...] Das war ein teilweise noch erhaltener Garten aus dem achtzehnten oder gar siebzehnten Jahrhundert, und wenn man an seinem schmiedeeisernen Gitter vorbeikam, so erblickte man zwischen den Bäumen, auf sorgfältig geschorenem Rasen so etwas wie ein kurzflügeliges Schlößchen, ein Jagd- oder Liebesschlößchen vergangener Zeiten. Genau gesagt, seine Traggewölbe waren aus dem siebzehnten Jahrhundert, der Park und der Oberstock trugen das Ansehen des achtzehnten Jahrhunderts, die Fassade war im neunzehnten Jahrhundert erneuert und etwas verdorben worden, das ganze hatte also einen etwas verwackelten Sinn, so wie übereinander photographierte Bilder; aber es war so, daß man unfehlbar stehen blieb und 'Ah!' sagte. Und wenn das Weiße, Niedliche, Schöne seine Fenster geöffnet hatte, blickte man in die vornehme Stille der Bücherwände einer Gelehrtenwohnung." (Musil 1981, 11 f.)

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