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Konstantin Kaiser:
Berthold Viertel (1885-1953)
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Viertel war Wien als der "Stadt der Kindheit" emotional verbunden; der Einzug Hitlers in Wien am 15. März 1938, den er in London am Radio verfolgt hat, traf ihn tiefer und stärker als der Machtantritt des Nationalsozialismus am 30. Jänner 1933, den er in Berlin - samt unmittelbarer Auswirkungen auf seine Person - erlebt hatte. Trotzdem fühlte sich Viertel als "Mann des Theaters" der "deutschen Kultur" zugehörig; und ein Verständnis für die Lebensfragen Österreichs, das über die emotionale Bindung hinausging, entwickelte er erst, als ihn die Nachrichten über den antifaschistischen Widerstand in Österreich selbst und die Proklamationen des österreichischen Exils überzeugt hatten, dass nun zumindest der Wille da war, ein demokratisches Österreich nicht nur aus Verlegenheit zu errichten. Die Besinnung auf das Schicksal Österreichs im Exil verschränkte sich mit einem anderen wesentlichen Motiv: dem Misstrauen gegen das bloß Epochale in der Kultur, gegen das Überspielen der konkreten sozialen
Das Ende Österreichs wird in den ersten Jahren des Exils noch als ein end-gültiges verstanden:
Berthold Viertel: "Ich werde nie dich wiedersehen
Unendlich wie der Bogen
Der Sterne, die am Himmel gehen,
Komm ich, um dich betrogen,
Dir ewig nachgezogen.
Ich werde nie dich wiedersehen. [...]"
(Das graue Tuch, 174. Aus: Fürchte Dich nicht! 1941 - Handschrift in dem Heft "1940 Gedichte")
Viertel, Berthold: Exilgedichte (Auswahl) zeigen
Die Befürchtungen, eine längere Herrschaft des Nationalsozialismus , ein neues Mittelalter, stehe in Europa bevor, verschränken mit Skepsis in die national-staatliche Daseinsberechtigung Österreichs. Wohl hatte die Okkupation Österreichs Viertel zutiefst erschüttert, wohl hatte er - hierin den Standpunkt seines Freundes Karl Kraus teilend - die Erhaltung der Eigenstaatlichkeit Österreichs als einer Barriere gegen das deutsche Machtstreben begrüßt, aber die "Vor-Bemerkung", die er nach dem März 1938 für "Österreichische Illusionen" entwirft, kommt einem Abschied gleich:
"Wien ist für mich, für viele, für alle ein Ort geworden, den nur die Erinnerung findet, wenn der Wunsch ihn aufsucht. [...]
Da ich den österreichischen Boden, seit er ein Teil des deutschen Dritten Reiches geworden ist, in diesem Leben nicht mehr berühren werde, findet nur noch die Phantasie den Weg zurück zu den Stellen, von denen mein Leben ausging. Ich könnte also ebensogut von Vineta erzählen, der im Meere versunkenen Stadt, als von Wien. Es ist ein Phantasiegebilde außerhalb der geographischen Realität. Und so sind auch die Menschen, welche in dieser Stadt gelebt haben und in meinem Buche leben werden, Phantasiegestalten, die nie wieder wirklich, nie wieder möglich werden können. [...] ... dieses Buch ist eine Arbeit der nachträglichen Treue, ein Penelopegespinst, das ein Odysseus, der nie heimkehren wird, selber knüpft, während die gewalttätigen Freier längst Haus und Herd und Schwelle in jenen Gebrauch genommen haben, der ihnen der richtige, ja der gerechte zu sein scheint."
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