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KAPITEL

1. Zur Problemstellung der österreichischen Exilliteraturforschung
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2. Mexiko
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3. Aktivitäten, Institutionen, Gründungen
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4. Surrealismus und Exil: Wolfgang Paalen
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5. Anhang
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Christian Kloyber:
Österreichische Autoren im mexikanischen Exil 1938 bis 1945


In der mexikanischen Zeitgeschichte steht die Jahreszahl 1938 für den Abschluss einer schweren außen- und innenpolitischen Krise, die durch die Enteignung und Verstaatlichung der von ausländischen Großkonzernen kontrollierten Erdölgewinnung ausgelöst wurde. Die Interessen der englischen, niederländischen und nordamerikanischen Erdölfördergesellschaften hatten einen Staat im Staat geschaffen, der auch nach der Mexikanischen Revolution nach 1910 die Kontrolle über Wirtschaft und Regionalpolitik übernommen hatte. Am 18. März 1938 hatte sich der revolutionäre General und seit 1934 mexikanische Präsident Lázaro Cárdenas zu diesem Schritt sozialistischer Verstaatlichungspolitik entschlossen, der eine internationale Isolation Mexikos zur Folge hatte, die bis zum japanischen Überraschungsangriff auf Pearl Harbour andauern sollte.

Kloyber, Christian: Liste von Exilant/inn/en in Mexiko zeigen
Kloyber, Christian: Chronologie der Außenpolitik 1935-1952 zeigen

In dieser außenpolitischen Krisensituation und fast unbeobachtet von der mexikanischen Öffentlichkeit, aber auch ohne internationales Echo oder gar Nachahmung bedacht, richtete die mexikanische Diplomatie in jenen hektischen Tagen als einzige Nation offiziell und in einem schriftlichen Dokument vorgelegt, eine Protestnote an den Völkerbund gegen den "Anschluss" Österreichs an Hitlerdeutschland.

Mexiko, 1938 zeigen

Am 18. März übergab der mexikanische Diplomat und Jurist Isidro Fabela dem Generalsekretär des Völkerbundes Josephus Avenol diesen bemerkenswerten Protesttext. Isidro Fabela galt als ausgezeichneter Kenner Österreichs und der Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie: er hatte sich seit 1918 mit der österreichischen Innenpolitik beschäftigt, seine besondere Beachtung fand die österreichische Verfassung (Hans Kelsen) und die Ausschaltung der Demokratie nach 1933. Das Experiment des Roten Wien wurde nicht nur von ihm verfolgt, ja es besuchten mexikanische revolutionäre Abgeordnete nach 1920 immer wieder die österreichische Hauptstadt. Die Wiener Sozial- und Bildungspolitik wurde im innermexikanischen Diskurs, vor allem von den Gewerkschaften, als Vorbild dargestellt.

Mexiko, 1938 zeigen

Der Protest Mexikos gegen das "Verschwinden Österreichs" aus der Staatenfamilie des Völkerbundes blieb auch im Deutschen Reich nicht ohne Beachtung. Der Gesandte Deutschlands in Mexikos, Freiherr Rüdt von Collenberg, überbrachte einen "scharfen Protest der Führers".

Das Tagebuch des deutschen Diplomaten Freiherr Rüdt von Collenberg befindet sich im Archiv des mexikanischen Außenministeriums und wurde 1991 im Jahrbuch des "Instituto de Investigaciones Interculturales Germano-Mexicanas", herausgegeben von Renata von Hanffstengel, Seiten 82-100 auszugsweise abgedruckt.

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