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KAPITEL

1. Rudolf Frank: "Fair play". Entstehung, Edition, kritische Urteile
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2. Wien als Stadt des Exils
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3. Geschichte und Roman: Historische Innensichten. Wiener Theater und Kleinkunstbühnen
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4. Geschichte und Roman: Historische Außensichten: Sozioökonomische Gegebenheiten, politische Strukturen, ideologische Legitimationsmuster
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5. Abschließende Bemerkungen
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6. Anhang
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Beatrix Müller-Kampel:
Als Exilant im austrofaschistischen Wien - Rudolf Franks autobiographischer Zeitroman "Fair play"


Hatte die Arbeitslosigkeit in Österreich Ende der 1920er Jahre durchschnittlich neun Prozent betragen, so stieg sie bis 1933 auf über 38 Prozent an und betraf über 700.000 Menschen. Bis 1933 war der Export auf 57 Prozent vom Stand des Jahres 1920 gesunken. Zugleich sank die monatliche Gehaltsumme in Wien zwischen 1929 und 1934 um 44 Prozent. (vgl. Maderthaner 1997, 154 f.)

"Das Wien, welches den beiden Verbündeten im Lauf der nächsten Wochen die Kraft und die Schillinge aussaugt, unterscheidet sich betrüblich von jenem, das Holler einst als Regisseur Schnitzlerscher Einakter seinem Publikum vorgespiegelt hat. Auf den Gassen und Kirchenplätzen sehen sie Bettler und Bettlerinnen den Vorübergehenden gefaltete Hände oder blasse Kinder entgegenstrecken. Manche knien auf dem kalten nassen Gehsteig." (Frank 1998, 96)

Auf dem damit gedüngten Boden einer erbitterten und rebellischen Stimmung unter den verelendenden Massen gedeihen die Sympathien für die NSDAP, deren Anhängerschaft 1933 in Österreich etwa 20 bis 25 Prozent (in manchen Gemeinden aber bis zu 100 Prozent) betrug. (vgl. Jagschitz 1983, 28, 39 f.) Die Sympathisanten und Parteigänger rekrutierten sich aus kleinbürgerlich-mittelständischen Schichten (Bundes- und Landesbeamte - darunter v. a. Eisenbahner, Angehörige der Exekutive und Lehrer-, niedere Angestellte, Kleingewerbetreibende, Schriftsteller, Ärzte, Rechtsanwälte, Studenten) (vgl. ebenda, 26) und nach 1934 auch immer stärker aus der Arbeiterschaft. (Botz 1990, 29-48)

Sowohl vor als auch nach dem im Juni 1933 ausgesprochenen Verbot der NSDAP konnten sie auf die ideologische, finanzielle, organisatorische, taktische, strategische und paramilitärische Unterstützung aus dem 'Reich' bauen - und nutzten sie auch für gewalttätige Übergriffe, eine Reihe von Terror- und Sprengstoffanschlägen (allein in der ersten Jännerwoche 1934 insgesamt 140) und schließlich im Juli 1934 für einen Putschversuch, in dessen Verlauf Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (Taxing, Niederösterreich 1892-Wien 1934) ermordet wurde und der auf seiten der Regierung 107 Tote, bei den Putschisten (einschließlich der Hingerichteten) 153 Tote forderte.

Dollfuß, Engelbert zeigen
Bruckner, Ferdinand zeigen
Österreichische Legion zeigen

Den Beginn der autoritären ständestaatlichen Diktatur markierte die in Österreich über Jahrzehnte hinweg euphemistisch 'Selbstausschaltung' genannte Ausschaltung des österreichischen Parlaments am 4. März 1933. Den wenn auch zufälligen, so der christlichsozialen Führung doch willkommenen Anlass für diesen "kalten Staatsstreich" bot der Rücktritt aller drei Nationalratspräsidenten infolge einer turbulenten Auseinandersetzung um eine Stimmzettelvertauschung.

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