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KAPITEL

1. Behütete Kindheit und Jugend in der Bukowina
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2. Auswanderung nach Amerika
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3. „Der Regenbogen“ erscheint in Czernowitz
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4. Sowjetisierung der Bukowina
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5. Ghetto, Elend, Horror, Todestransporte
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6. Wieder in Amerika
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7. Im Nelly-Sachs-Haus
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8. Poetologische Grundsätze
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9. Das letzte Jahrzehnt
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10. Anhang
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Peter Rychlo:
Rose Ausländers Leben und Dichtung. „Ein denkendes Herz, das singt“


WEIL // du ein Mensch bist / weil / ein Mensch eine Muschel ist / die manchmal tönt / weil / du in mir tönst / als wär ich eine Muschel / weil / wir uns kennen / ohne Namen und Samen / weil / das Wort Welle ist / weil / du Wort und Welle bist / weil / wir strömen / weil / wir manchmal / zusammenströmen // Wort Welle Muschel Mensch

(Ausländer, Rose: Wir pflanzen Zedern. Gedichte 1957-1969, S. 183)

Dieses Gedicht, das eine geradezu hypnotische Wirkung auf den Leser ausübt, gehört zu jenen Beispielen der subtilen dichterischen Wortkunst, die man mit dem Begriff „magisch“ bezeichnen könnte. Dieser Eindruck entsteht vor allem infolge eines gewissen „Irrationalismus“ bei der Zusammenfügung einzelner Bilder und Begriffe, ihrer kontextuellen „metaphysischen“ Beziehung, bei der aus einer Bedeutung ganz unerwartet, zuweilen nur aufgrund der klanglichen Ähnlichkeit, eine neue Bedeutung auftaucht. „Ganze Traditionen des modernen Gedichts von Benn bis Brecht“, meint zu dem späten Werk der Dichterin Franz Norbert Mennemeier, „sind von Rose Ausländer übersprungen worden, und es ist keine Frage, dass die unleugbare Faszination ihrer Lyrik sich eben diesem Überspringen verdankt. Nicht nur Klänge aus der entschwundenen Bukowiner Heimat sind es, die hier unwiderstehlich ertönen. Es sind zugleich Klänge aus der verlorenen Heimat des spätromantischen Gedichts, die hier zu Sinn und Geist des modernen Lesers so sprechen, als wären sie von heute.“ (Mennemeier, Franz Norbert: Klänge aus der romantischen Heimat des Gedichts. In: Neues Rheinland, Köln, Juni 1976) Diese Synthese der Spätromantik mit der modernen poetischen Technik der Bilderentfaltung und der freien rhythmischen Struktur verwirklicht R.Ausländer mit außerordentlicher künstlerischer Eleganz und Akribie.

Rose Ausländer als Annette-Droste-von-Hülshoff-Preisträgerin der Stadt Meersburg 1967 zeigen

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