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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Erich Fried und Hans Schmeier im britischen Exil
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3. Identitäten
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4. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Erich Fried (1921-1988) und Hans Schmeier (1925-1943)

Einleitung


1943 erschien in London eine Anthologie "Mut. Gedichte junger Österreicher" unter der Verlagsbezeichnung "Verlag Jugend voran". Nur wenige der jungen Flüchtlinge, die in dieser Anthologie zum Teil erstmals ihre Gedichte veröffentlicht haben, sind in der literarischen Öffentlichkeit, wie immer man sie ein- oder ausgrenzen mag, späterhin bekannt geworden: Arthur Rosenthal vielleicht, den wir als Arthur West kennen; "Oliva", Eva Priester, hervorgetreten als Verfasserin einer "Kurzen Geschichte Österreichs" in zwei Bänden; Heinz Karpeles, der unter dem Namen Heinrich Carwin einige aufführenswerte Stücke verfasst hat; Willy Verkauf, der unter dem Pseudonym André Verlon als Collagekünstler internationales Ansehen errang ... Und 'natürlich' Erich Fried. Er, Hilfsbibliothekar im Londoner "Austrian Centre", war es auch, der, einer erhalten gebliebenen Korrespondenz mit Willy Verkauf in Jerusalem zufolge, die Anthologie vermutlich zusammenstellte. (Brief E. Frieds an W. Verkauf, London, Juni 1943, Kopie im Archiv der Theodor-Kramer-Gesellschaft, Wien). Er hat dabei wohl eine Gratwanderung absolviert zwischen den instrumentellen Anforderungen der Geld- und Auftraggeber und der relativen Selbstständigkeit der Auffassung und Gestaltung, ohne die ein literarisches Gebilde, welcher Art auch immer, nicht einmal propagandistisch wirksam werden kann.

Brief E. Frieds an W. Verkauf, London, Juni 1943. (Kopie im Archiv der Theodor Kramer Gesellschaft, Wien). Aus dem Brief zitiert Verkauf auch in seiner Autobiographie "Situationen. Eine autobiographische Wortcollage", Wien 1983, 55 f. Fried nimmt in dem Brief höchstwahrscheinlich zu den von Willy Verkauf für die Anthologie "Mut" eingesandten Gedichten Stellung. Der Kernsatz, was Fried selbst betrifft, lautet: "Man darf die Form nicht über den Inhalt zu kurz kommen lassen. Ich bin bestimmt kein Formalist, aber es gibt handwerkliche Regeln ..."

Vergleichen Sie dazu auch unsere Überblicksvorlesung zum Austrian Centre.

Carwin, Heinrich zeigen

Fried, Erich zeigen

Fried, Erich zeigen

Verkauf-Verlon, Willy zeigen

Die instrumentellen Anforderungen ergaben sich schon daraus, dass die Exiljugendorganisation "Young Austria" (aus der nach dem Krieg in Wien die "Freie Österreichische Jugend" hervorgegangen ist) unter der Bezeichnung "Verlag Jugend voran" ihre Propagandaschriften publizierte. Auch eine Zeitschrift der Organisation trug den Titel "Jugend voran". Anfang 1942 zählte die Organisation an die 750 Mitglieder in 21 Gruppen in Großbritannien und in kanadischen und australischen Internierungslagern. (S. Bolbecher/K. Kaiser/J. M. Ritchie: Chronologie der kulturellen Ereignisse des österreichischen Exils in Großbritannien 1995, 356)

Titelblatt des hektographierten Vereinsorgans der Exiljugendorganisation Young Austria/Junges Österreich zeigen

Titelblatt des hektographierten Vereinsorgans der Exiljugendorganisation "Young Austria/Junges Österreich", die im März 1939 gegründet wurde. In der Zeitschrift finden sich viele Beiträge Erich Frieds und auch Hans Schmeiers. Die Zeichnungen wurden von künstlerisch begabten Mitgliedern mit einem Griffel direkt in die Wachsmatrize geritzt, die dabei leicht verdorben werden konnte. Mit dieser Vervielfältigungstechnik waren nur geringe Auflagen (maximal 1.000 Exemplare, wahrscheinlich aber weniger) möglich.


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