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KAPITEL

1. Begriffsbestimmung und Bedingungen des Exils
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2. Von der Dauer des Exils
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3. Sprache
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4. Selbstmord
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5. Ausblick
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6. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Exil - Aspekte und Kontexte

Begriffsbestimmung und Bedingungen des Exils


Die österreichische Exilliteratur ist eines der entscheidendsten Kapitel der österreichischen Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Außer Streit steht, dass ein großer Anteil der Autoren, die unser Verständnis von der österreichischen Literatur prägen, aus ihrem Heimatland flüchteten und zumindest eine Zeit lang im Ausland blieben; manche für immer.

Robert Musil, Joseph Roth, Ödön von Horváth, Paul Celan, Stefan Zweig, Theodor Kramer, Erich Fried, Stella Rotenberg, Leo Perutz, Otto Soyka, Hans Flesch-Brunningen, Hilde Spiel, Hermynia Zur Mühlen, Elias Canetti, H. G. Adler, Joe Lederer, Robert Neumann, Oskar Kokoschka, Max Brod, Rose Ausländer, Albert Ehrenstein, Karl Farkas, Berthold Viertel, Hermann Broch, Ferdinand Bruckner, Fritz Kortner, Vicki Baum, Franz Blei, Franz Werfel, Anton Kuh, Alfred Polgar, Alexander Roda Roda, Friedrich Torberg - die Liste ist länger. Insgesamt sind es ca. 1200 Autor/inn/en, die seit 1934 Österreich unfreiwillig verließen, also ins Exil gingen.

Damit befinden wir uns auch schon mitten in der Diskussion um die zeitliche Abgrenzung der österreichischen Exilliteratur. 1938, der "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland, gilt im Allgemeinen als Beginn. Allerdings haben schon 1934 auf Grund des Bürgerkrieges im Februar dieses Jahres und dem Ende der Demokratie in Österreich Robert Neumann und Stefan Zweig das Land verlassen. Nach der Machtergreifung durch Engelbert Dollfuß und der Errichtung des Ständestaates mit der so genannten "Maiverfassung" (1. Mai 1934) wurden sämtliche Parteien in Österreich mit Ausnahme der "Vaterländischen Front" verboten. Die Bevölkerung wurde nach ihrer beruflichen Zugehörigkeit nach mittelalterlichem Vorbild in Stände eingeteilt. Die Ständevertreter wurden zunächst ernannt, später sollten sie von den Mitgliedern der Stände gewählt werden. Aber dazu kam es nicht mehr. Gleichzeitig wurde ein Konkordat mit dem Vatikan geschlossen. Das ständische, sich als deutsch definierende Österreich sollte eine katholische Bastion gegen den Nationalsozialismus und den Kommunismus bilden. In Wirklichkeit war dieser Staat eine Diktatur, die ihre Gegner mit Terror und Vernichtung verfolgte. Die Heimwehr, paramilitärische Einheiten der "Vaterländischen Front", verübte Willkürakte, terrorisierte ihre Gegner. Aktivisten der sozialistischen Partei wurden hingerichtet.

Dollfuß, Engelbert zeigen

Dollfuß, Engelbert (um 1933) zeigen

Das Dollfußregime hielt sich nicht lange. Schon im Juli 1934 starteten die damals noch illegalen Nationalsozialisten einen Putschversuch, um Österreich in ihre Macht zu bekommen. Der Versuch scheiterte, aber Engelbert Dollfuß wurde am 25. Juli so schwer verletzt, dass er noch am selben Tag seinen Wunden erlag. Die Regierungsgeschäfte übernahm der Freund und Mitarbeiter des Diktators, Dr. Kurt Schuschnigg.

Hitler kam den nationalsozialistischen Putschisten nicht zur Hilfe. Deshalb konnte Schuschnigg den Aufstand niederringen. Er stellte die Führer des Putsches vor Gericht. Da das Standrecht galt, wurden die Rädelsführer hingerichtet. Allerdings war der Sieg nur ein vorläufiger. Denn durch die Annäherung Hitlers an Mussolini (ab 1936) verlor Österreich die Rückendeckung durch den italienischen Diktator. Mussolini forderte Schuschnigg auf, sich mit Hitler auf einen modus vivendi zu einigen. Unter Druck geraten, konnte Schuschnigg nicht anders, als Hitler Zugeständnisse zu machen. Im "Juliabkommen" 1936 wurde festgelegt, dass zwei Deutschnationale in die Österreichische Regierung aufgenommen wurden. Die NSDAP blieb formal zwar weiterhin verboten, de facto unternahm man aber kaum etwas gegen ihre Propagandatätigkeit.

Schuschnigg, Kurt von zeigen

Schuschnigg, Kurt von zeigen

Schuschnigg, Kurt von (um 1933) zeigen

Mussolini, Benito zeigen

Mussolini, Benito zeigen

Mussolini, B.: Quellenbuch: What ist Fascism? (1932) zeigen


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