zurück zum Inhaltsverzeichnis

KAPITEL

1. Aspekte des Exils von Schriftstellerinnen
anzeigen

2. Vicki (Hedwig) Baum (1888-1960)
anzeigen

3. Hermynia Zur Mühlen (1883-1951)
anzeigen

4. Mela Hartwig (1893-1967)
anzeigen

5. Lili Körber (1897-1982)
anzeigen

6. Hilde Spiel (1911-1990)
anzeigen

7. Resümee
anzeigen

8. Anhang
anzeigen

 

Sigrid Schmid:
Schriftstellerinnen im Exil - Zuständig fürs Überleben

Aspekte des Exils von Schriftstellerinnen


"Ich konnte es mir nicht leisten, darüber nachzudenken, ob es ehrenvoll sei, für den Film zu arbeiten. Ich brauchte Geld, und zwar sofort [...] Es war sicherlich nicht gut für meine Reputation, daß ich jeden Job annahm, auch wenn mir die Geschichte nicht gefiel, aber [...] wir waren eine sechsköpfige Familie, und ich war diejenige, die sie erhalten mußte." (zitiert nach Kreis, 1988, 185)

Ähnliches trifft auf Salka Viertel zu. Sie schrieb an ihren Mann:

"Jetzt ist die Chance da, jetzt, wo ich Geld verdiene, kannst Du schreiben. Ich war sehr stolz, dass ich Dir den Scheck von meinem selbstverdienten Geld schicken konnte [...] Auch der Mama schicke ich von meinem Schandlohn. Prostitution ist ein Beruf für Frauen." (zit. nach Kreis, 1988, 182)

Viertel, Salka zeigen

Viertel, Salka zeigen

Viertel, Salka zeigen

Deutlich zeigt sich in diesen Zitaten die Ambivalenz der Autorinnen: Zwar sind sie einerseits stolz auf ihre Fähigkeit, in der neuen Umgebung und unter den schwierigen Umständen des Exils, den völlig anderen Lebens- und Arbeitsumständen, Geld zu verdienen, nicht nur finanziell unabhängig zu sein, sondern auch für die Familie zu sorgen, also die traditionelle Männerrolle des Familienernährers zu übernehmen, gleichzeitig wissen sie aber, dass der Wert der Arbeit, die sie leisten - in beiden Fällen das Verfassen von Drehbüchern für Hollywood-Studios - im europäischen literarischen Wertekanon, dem sie, ihre Familien und Freunde verhaftet sind, als Verschleudern ihres Talents und ihrer Ambitionen gilt, nicht geachtet wird, schlicht "Prostitution" ist, wie es Salka Viertel ausdrückt. Und sie haben mit dieser Einschätzung bis heute recht, denn diese Arbeiten werden von der Literaturwissenschaft nach wie vor nicht behandelt. Mehr noch, diese Arbeit stempelt sie sozusagen ab, wie dies Gina Kaus vorhergesehen hat, und führt dazu, dass auch ihre Romane nicht mehr ernst genommen, sondern als bloße Unterhaltungsliteratur abqualifiziert werden.

Wenn der Sprachwechsel - aus welchen Gründen auch immer - unmöglich war, so gab es noch die Möglichkeit, das künstlerische Medium zu wechseln. Mela Hartwig z. B. schreibt zwar im englischen Exil weiterhin deutschsprachige Romane. Als sich für diese allerdings, auch nach Kriegsende, keine Verlage finden lassen, wechselt sie zur Malerei als künstlerischer Ausdrucksform. Oder: Die kunstgewerblichen Arbeiten von Paula Ludwig (1900-1974) im Exil in Brasilien dienen neben dem Broterwerb auch dem künstlerischen Ausdruck.

Ludwig, Paula: Gedichte zeigen

Ludwig, Paula zeigen


S. 3/13 vorherige Seitenächste Seite

   

IMPRESSUM | 2002 © UNIVERSITÄT SALZBURG