Bruckner, Ferdinand
* 1891-08-16 Sofia (Bulgarien)
† 1958-12-05 Berlin/West

(eigentlich: Theodor Tagger)

Exil: 1933 Frankreich, 1936 USA.

publizierte ab 1925 nur mehr unter dem Namen Ferdinand Bruckner

Vater: Ernst Tagger, aus Wien stammender Bankkaufmann. Mutter: Claire, geb. Attias, Französin. Kindheit und Volksschule in Wien, Gymnasium nach Scheidung der Eltern zeitweise in Graz (Jesuiteninternat Scholz) und Berlin (wo der Vater lebte). 1909-12 Musikstudium in Paris (wo die Mutter lebte) und Berlin: Klavier und Komposition, u. a. bei Franz Schreker. Studium generale an der Universität Wien. Kein Studienabschluss. Da er nicht in das Geschäft seines Vaters eintreten wollte, wurden ihm alle Zuwendungen gestrichen. Seit 1911 Publikationen in expressionistischen Zeitschriften. Er gab u. a. 1917/18 die Zweimonatsschrift "Marsyas" zusammen mit Manfred Georg(e) heraus. 1913/14 Versuche als Journalist in Breslau und Berlin, sowie als Verlagslektor. Im Jahre 1915 wegen eines Lungenleidens in der Schweiz. 7.10. 1915 Austritt aus der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. 1917 erste Buchveröffentlichungen: "Die Vollendung eines Herzens" (Novelle); "Der Herr in den Nebeln" (Gedichte). 1919 wieder in Wien. Dramaturgische Tätigkeit an den Kammerspielen des Deutschen Volkstheaters. 1920 Heirat mit Bettina Neuer, geb. Pollak; österreichische Staatsbürgerschaft. Erste Aufführung eines Bruckner-Stückes (Komödie "Harry", Stadttheater Halle). Ab 1921 lebte Bruckner mit seiner Familie in Berlin als Dramatiker und Dramaturg (für das Neue Theater am Zoo). Sohn Peter geboren. 1922 eröffnete er zusammen mit seiner Frau das aus einem Kino umgebaute Renaissancetheater in Berlin. Benutzte 1925 erstmals das Pseudonym "Ferdinand Bruckner" für das Schauspiel "Krankheit der Jugend" (Uraufführung 1926) - Durchbruch als Dramatiker. 1927 Übergabe der Direktion des Renaissancetheaters an Gustav Hartung und zeitweilige Übernahme der Leitung des Theaters am Kurfürstendamm. Ab 1929 war Bruckner nur mehr als Schriftsteller tätig. 1927 und 1929 Uraufführung seiner Schaupiele "Die Verbrecher" und "Die Kreatur". 1930 lüftete er in Wien sein Inkognito, löste das Rätsel, wer sich hinter dem Pseudonym "F.B." verborgen hatte. 1932 Sohn Andreas geboren. 1933 kehrte Bruckner von der österreichischen Erstaufführung (Theater in der Josefstadt) der "Marquise von O" nicht nach Deutschland zurück. Seine Familie kam nach Wien nach. Noch im selben Jahr über Zürich und Prag nach Paris. Am 30.11. 1933 wurde im Schauspielhaus Zürich Bruckners antifaschistisches Drama "Die Rassen" uraufgeführt. 1934 zog er die Rechte für seine Stücke aus Deutschland zurück. USA Reise. 1935 in London: Verhandlungen mit dem Filmproduzenten Alexander Korda. März 1936 in die USA, Hollywood, wo er zunächst hoffte, als Drehbuchautor überleben zu können. 1937 Übersiedlung nach New York, wo 1938 ohne Erfolg "Elisabeth von England" aufgeführt wurde. Lehraufträge am Brooklyn College und am Queens College. 7.10. 1938 zusammen mit Oskar Maria Graf Vorsitzender der German American Writers Association (GAWA). 8.-10. Mai 1939 Teilnahme am außerordentlichen PEN Kongreß in New York. 1940 Lehrer für Dramaturgie an Erwin Piscators Dramatic Workshop im Rahmen der New School for Social Research in New York. 15.5. 1941 Gründungsmitglied des European PEN in America (mit Jules Romain, Stefan Zweig, Dorothy Thompson u. a.) Dezember 1941 Aufführung von "Die Verbrecher" an Piscators Studio Theater. Mitarbeit an der "Tribüne für freie deutsche Literatur und Kunst in Amerika", bei deren Veranstaltung am 7.2. 1942 sein Stück "Die Rassen" in einer Bearbeitung von Berthold Viertel zu einer Leseaufführung kommt. 11.3. 1942 erfolgreiche Aufführung von Lessings "Nathan der Weise", übersetzt und bearbeitet von Ferdinand Bruckner, am Studio Theater. (Von da an wird das Stück Lessings überhaupt erst in den USA gespielt). - Mitarbeit bei: Austro American Tribune, Aufbau (New York), Freies Deutschland (México D. F.), The German American (Organ der German American Writers Association). Ende 1944 Gründungsmitglied des "Aurora" Verlages zusammen mit Wieland Herzfelde, Bertolt Brecht, Ernst Waldinger, Berthold Viertel u. a. 1946 künstlerischer Beirat der 1942 gegründeten "Players from Abroad" (mit Hans Jaray, Albert und Else Bassermann, Paul Henreid u. a.); US-Bürger. Während des Exils in den USA schrieb er elf Dramen, drei Filmentwürfe und einen Entwurf zu einem Bühnenstück, übersetzte vier seiner eigenen Stücke ins Engl. Ins Deutsche übersetzte er u. a. Arthur Millers "The Death of a Salesman" sowie Negerspirituals (vgl.: Ost und West Nr.4/1948, 21-30). Im März 1951 Rückkehr nach Deutschland. Ab 1953 Dramaturg am Schiller Theater und am Schloßpark-Theater in Berlin (BRD). 1956 wurde eine Gesamtausgabe seiner Bühnenwerke bei Kiepenheuer & Witsch angekündigt, doch nur der erste Band erschien. 1957 erhielt Bruckner den Preis der Stadt Wien. Mitbegründer der Dramatischen Werkstatt in Salzburg. Er starb an einem Lungenleiden. - NL: Akademie der Künste zu Berlin.

Angaben nach: Siglinde Bolbecher/Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien 2000./Bearbeitet von Karl Müller, Salzburg.

 

Multimedialinks:

Kaiser, Konstantin: Marsyas gegen Apoll. Zu Ferdinand Bruckners Exil zeigen

 

Werkverzeichnis:

Denn seine Zeit ist kurz (Steinberg/Aurora , 1945) zeigen

Des Sheriffs Hunde (Berliner Handpresse, 1970) zeigen

Die Marquise von O. (S. Fischer, 1933) zeigen

Die Rassen (Thalia/Oprecht und Helbing , 1933) zeigen

Die Rassen (1933) (Böhlau, 1990) zeigen

Dramen (Böhlau, 1990) zeigen

Elisabeth von England (S. Fischer, 1930) zeigen

Fährten (Schönbrunn, 1948) zeigen

Heroische Komödie (Aufbau, 1948) zeigen

Historische Dramen (Schönbrunn, 1948) zeigen

Jugend zweier Kriege (Continental Edition A. Sexl , 1947) zeigen

Mussia (Allert de Lange/E.P. Tal , 1935) zeigen

Napoleon der Erste (o.V., 1937) zeigen

Simon Bolivar (Aurora, 1945) zeigen

Timon (S. Fischer, 1932) zeigen

Von Schmerz und von der Vernunft (Stiasny, 1960) zeigen

 

Forschungsliteratur:

Csokor, Franz Theodor Zeuge einer Zeit (Langen-Müller , 1964) zeigen

Engelhardt, Doris Ferdinand Bruckner als Kritiker seiner Zeit (o.V., 1984) zeigen

Hall, Murray G.; Renner, Gerhard Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren (Böhlau, 1992) zeigen

Killy, Walter Literaturlexikon (Bertelsmann, 1991) zeigen

Mueller, Dennis M Ferdinand Bruckner (Francke, 1989) zeigen

Roessler, Peter "In einer ungeheuren Erschrockenheit vor uns selbst ..." (o.V., 1993) zeigen

Roessler, Peter Studien zur Auseinandersetzung mit Faschismus und Krieg im österreichischen Drama der Nachkriegszeit und der 50er Jahre (Pahl-Rugenstein , 1987) zeigen

Spalek, J. Feilchenfeldt; K., Hawrylchak, S.H. (Hg.) Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933 (K.G. Saur, 1994) zeigen

Weiskopf, F. C. Unter fremden Himmeln (Dietz, 1948) zeigen

 

Printversion aller Artikel (umfasst etwa 200 Seiten)

  

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