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KAPITEL

1. Biographische Daten und Kontexte
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2. Hilde Spiel - Die hellen und die finsteren Zeiten - Erinnerungen 1911 - 1962
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3. Hilde Spiel - "Der kleine Bub Desidere" - Frühe Erzählungen
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4. Hilde Spiel - "Kati auf der Brücke", 1933
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5. Hilde Spiel - "Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation"
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6. Hilde Spiel - "Lisas Zimmer"
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7. Hilde Spiel - "Welche Welt ist meine Welt?"
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8. Hilde Spiel - "Rückkehr nach Wien" - Ein Tagebuch
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9. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Hilde Spiel (1911-1990)


Der erste Band von Hilde Spiels Autobiographie erschien 1989 unter dem Titel "Die hellen und die finsteren Zeiten". Der zweite Band mit dem Titel "Welche Welt ist meine Welt?" wurde ein Jahr später veröffentlicht.

Hilde Spiels Kindheit ragt hinein in den Herbst der Habsburger Monarchie. Wenn sie die Versetzung ihres Vaters, Leutnant der K. u. K. Armee, nach Olmütz beschreibt, klingt sanfte Wehmut an wie in Joseph Roths "Radetzkymarsch". Der ganze Ort scheint in Kaisergelb getaucht.

Nach dem Krieg und dem Ende der Monarchie hat die junge Familie mit den Wirren der Nachkriegszeit zu kämpfen. Hilde Spiel entkommt der herrschenden Hungersnot für ein halbes Jahr nach Dänemark. In ihre Heimatstadt Wien zurückgekehrt, werden sie und ihre Eltern aus der Wohnung delogiert. Sie finden bei ihrer Großmutter Laura in der Stanislausgasse Unterschlupf. Mit diesem einschneidenden Erlebnis endet für Hilde Spiel die Kindheit.

Während ihre Eltern "vom trügerischen Schwung dieser Nachkriegszeit ergriffen" (Spiel 1989, 38) werden, versucht man, der Tochter eine bürgerliche Erziehung angedeihen zu lassen. Der Besuch der Reformschule der Eugenie Schwarzwald legte den Grundstein zu jener weltoffenen Lebenshaltung, die später durch das Studium bei Moritz Schlick bestärkt wurde. Der Frauenerwerbsverein, wie die Schwarzwaldschule genannt wurde, förderte die Emanzipation durch Bildung. Jedoch sollten die Mädchen, wie Schwarzwald vermerkt, "dabei lieb, bescheiden, mädchenhaft, hausfräulich bleiben." (Spiel 1989, 56) Neben den üblichen Fächern der Oberstufe wurde auch Kochen, Nähen und Kinderpflege unterrichtet. Das klingt biederer, als es in Wirklichkeit war. Eugenie Schwarzwald verfügte über ein beachtliches Lehrerkollegium, dem zeitweise Adolf Loos, Arnold Schönberg und Oskar Kokoschka angehörten.

Schwarzwald , Eugenie zeigen
Schlick, Moritz zeigen
Loos, Adolf zeigen
Kokoschka, Oskar zeigen
Arnold Schönberg Center zeigen
Schönberg, Arnold zeigen
Kokoschka, Oskar zeigen
Kokoschka, Oskar zeigen

In diese Zeit fällt auch Hilde Spiels erste Begegnung mit der Wiener Kaffeehausszene. Wenn Hilde Spiel ihre Mutter mit einer Figur aus einem Schnitzler-Drama vergleicht, so scheint sie selbst wohl Frank Wedekinds "Frühlings Erwachen" entsprungen. Im Schwimmclub lernt sie Fritz Thorn und Fritz Kantor (Psd. Friedrich Torberg) kennen. Diese Begegnung und Freundschaft findet im Café Herrenhof ihre Fortsetzung, wo Spiel mit der Literatur der Jahrhundertwende in engen Kontakt kommt. Torberg wird sich in späteren Jahren zum erklärten Feind entwickeln. (vgl. "Welche Welt ist mein Welt") So fortschrittlich und engagiert die Atmosphäre in der Reformschule ist, so mondän und dekadent gibt sich das Wien der zwanziger Jahre. Ihre Freundin Hansi Mahler, später das Vorbild für Lisa Leitner Curtis in "Lisas Zimmer" , war wohl ein Paradebeispiel für die "schlimmen Kinder" jener Tage.

Torberg, Friedrich zeigen
Torberg, Friedrich zeigen
Wiener Kreis zeigen

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