zurück zum Inhaltsverzeichnis

KAPITEL

1. Biographische Daten und Kontexte
anzeigen

2. Hilde Spiel - Die hellen und die finsteren Zeiten - Erinnerungen 1911 - 1962
anzeigen

3. Hilde Spiel - "Der kleine Bub Desidere" - Frühe Erzählungen
anzeigen

4. Hilde Spiel - "Kati auf der Brücke", 1933
anzeigen

5. Hilde Spiel - "Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation"
anzeigen

6. Hilde Spiel - "Lisas Zimmer"
anzeigen

7. Hilde Spiel - "Welche Welt ist meine Welt?"
anzeigen

8. Hilde Spiel - "Rückkehr nach Wien" - Ein Tagebuch
anzeigen

9. Anhang
anzeigen

 

Wilhelm Kuehs:
Hilde Spiel (1911-1990)


Hilde Spiel war gerade achtzehn, als die Neue Freie Presse ihre Erzählung "Der kleine Bub Desidere" in drei Folgen abdruckte. Sie hatte die Geschichte im Rahmen eines Jugendliteraturwettbewerbs eingereicht. Da sie die Altersgrenze überschritten hatte, konnte sie nicht prämiert werden. Dennoch öffneten ihr diese erste Veröffentlichung und die Kontakte über das Café Herrenhof die Tür zur literarischen Welt. Sie lernte Robert Neumann kennen. Nachdem er die Novelle "Begegnung im Trüben" gelesen hatte, ermunterte er sie zur Abfassung eines Romans. Das war der Anstoß zu "Kati auf der Brücke". Der Roman wurde von Neumann dem Zsolnay Verlag vorgeschlagen und erschien 1933.

Neumann, Robert zeigen
Neumann, Robert gemeinsam mit A.v. Sacher-Masoch und F. Th. Csokor zeigen

Spiels zweiter Roman "Sonderzug" blieb unveröffentlicht. Dabei war es nicht die mangelnde literarische Qualität als vielmehr die Auseinandersetzung mit der sich radikalisierenden politischen Lage, die eine Publikation verhinderte. Der Zsolnay-Verlag sträubte sich auch deshalb gegen eine Veröffentlichung, weil Hilde Spiel nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen als Jüdin galt. In Hitlerdeutschland durften aber nur Bücher von Schriftstellern erscheinen, die Mitglied der "Reichsschrifttumskammer" waren. Autor/inn/en jüdischer Herkunft wurden dort natürlich nicht aufgenommen. Der Zsolnay-Verlag verkaufte 1935 68 Prozent seiner Bücher in Deutschland. Daher ist anzunehmen, dass der Verlag keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten riskieren wollte, die aus der Veröffentlichung eines solchen Buches entstehen hätten können. (vgl. Strickhausen 1996)

Durch diese Verlagspolitik war Hilde Spiel den Repressalien der Nationalsozialisten ausgesetzt, ohne selbst in Deutschland zu leben. Auch ein anderer Verleger, Hansi Mahler, der Ehemann ihrer Jungendfreundin (Vorbild für Lisa Leitner in "Lisas Zimmer", lehnte den Roman ab, forderte Spiel aber auf etwas unverfänglicheres zu schreiben. Daraus wurde dann der Roman "Verwirrung am Wolfgangsee" - ein leichtes Sommerbuch.

Einige andere Erzählungen erschienen unter verschiedenen Pseudonymen. Darin geht es immer wieder um Mädchen und junge Frauen aus niederen sozialen Schichten, die vom Leben betrogen werden. Sie wollen der Armut, dem zermürbenden Trott und der Hoffnungslosigkeit entfliehen; meistens reicht es aber nur für einen Traum oder einen hilflosen Versuch. Obwohl einige der Geschichten als nicht besonders anspruchsvoll gelten, bildet sich über sie eine junge Autorin heraus, die das Erzählhandwerk beherrscht.

S. 8/28 vorherige Seite - nächste Seite

  

IMPRESSUM | 2002 © UNIVERSITÄT SALZBURG