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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Deutschland 1933: Machtübernahme durch die Nationalsozialisten
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3. Österreich zwischen 1933 und 1938 als Asyl- und Transitland
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4. Rechtliche Grundlagen des Asyl- und Fremdenrechts in Österreich zwischen 1933 und 1938
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5. Zur Asylpraxis nach 1933
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6. Fremdengesetz gegen deutsche Flüchtlinge 1935-1938
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7. Deutsche Schriftsteller/innen im österreichischen Exil
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8. Verlage
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9. Carl Zuckmayer
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10. August Hermann Zeiz
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11. Hubertus Prinz zu Löwenstein und der Aufbau der "American Guild for German Cultural Freedom"
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12. Theater und Film
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13. Anhang
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Ulrike Oedl:
Das Exilland Österreich zwischen 1933 und 1938


Welche politischen Verhältnisse fanden nun die Flüchtlinge, darunter etliche Österreicher, die zur unfreiwilligen Rückkehr in die alte Heimat gezwungen worden waren, vor?

Sie kamen in ein Land, das Schritt für Schritt in eine faschistische Diktatur umgeformt werden sollte, in dem der Verlust demokratischer Grundrechte auch für manche Flüchtlinge lebensbedrohliche Konsequenzen mit sich bringen sollte? und sie kamen in ein Land, aus dem spätestens seit dem Bürgerkrieg im Februar 1934, Intellektuelle und politisch Exponierte (KPÖ, SDAPÖ) flüchteten.

Februar 1934 zeigen
Februar 1934 zeigen

Am 12. März 1938 überschritten deutsche Truppen die österreichische Grenze. War die Lage der Flüchtlinge in Österreich bis dahin schon alles andere als rosig, so war nach diesen Ereignissen an einen weiteren Aufenthalt nicht mehr zu denken, sondern für viele nur mehr an Flucht. Überraschend war dabei die atemberaubende Geschwindigkeit, mit der das Nazi-Regime den "Anschluss" auf nahezu allen Ebenen, in allen Landesteilen vollzog. Überwogen am Beginn noch unkontrollierte Ausschreitungen und Quälereien, trat bald die bürokratisch durchorganisierte Verfolgung an ihre Stelle: bereits am 15. März waren alle jüdischen Beamten entlassen, Wachposten hinderten "Arier" am Betreten jüdischer Geschäfte. Und im ersten Transport nach Dachau, am 1. April 1938, waren von 151 Männern 60 Juden. Ebenfalls im April kam es zur Entlassung jüdischer Schüler aus öffentlichen Schulen, mit Ende des Schuljahres 38/39 zu einem Unterrichtsverbot für jüdische Kinder. Im Mai 1938 existierte bereits die "Vermögensverkehrsstelle für Juden", deren Aufgabe darin bestand, die "Arisierung jüdischer Unternehmen und Geschäfte" voranzutreiben (Ende September waren bereits 4339 Betriebe unter kommissarische Verwaltung gestellt).

"Man kam in die Klasse und sah sich um. Die, welche fehlten, waren möglicherweise krank, wahrscheinlicher war es, daß man sie nicht wieder zu Gesicht bekommen würde. Die Zahl der Schüler nahm täglich ab. Wenn es zu wenige waren, dann wurde die Schule aufgelöst und die Schüler wurden in eine andere, ebenso zusammengeschrumpfte versetzt. Und dann wieder in eine neue. [...] Auch die Lehrer verschwanden, einer nach dem anderen [...] In acht verschiedenen Schulen hab ich diesen Schulbetrieb etwa vier Jahre lang mitgemacht, Je weniger Schulen es für uns gab, desto länger wurde der Schulweg, man mußte die Straßenbahn und die Stadtbahn nehmen, in denen man keinen Sitzplatz einnehmen durfte. Je länger der Weg, desto geringer war die Chance, gehässigen Blicken und Begegnungen zu entgehen. Man trat auf die Straße und war in Feindesland." (Klüger 1992, 13 f.)

Annexion Österreichs am 12.3.1938 zeigen

Als die Gestapo am 24. Mai die Verhaftung "unliebsamer, insbesondere kriminell vorbestrafter Juden" anordnete, war eine Welle der Denunziation die Folge: Ca. 2000 Menschen sind ihr zum Opfer gefallen, wurden nach Dachau und später nach Buchenwald deportiert. Angesichts dieser Situation begingen viele Selbstmord. So der Schriftsteller Egon Friedell, der sich der drohenden Verhaftung durch die Gestapo durch einem Sturz aus dem Fenster seiner Wohnung entzog. Im März und April 1938 stieg die Todesrate unter dem jüdischen Teil der Bevölkerung um 23 bzw. 27 %.

Hetzpropaganda-Plakat mit nach Dachau deportierten Prominenten, Wien 1938 zeigen

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