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KAPITEL

1. Klassisches Exilland - Mythos und Realität
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2. Zur Asylpolitik der Schweiz
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3. "Das Boot ist voll". Maßnahmen gegen unerwünschte Flüchtlinge
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4. Asylgewährung
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5. Hilfsorganisationen
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6. Die Internierung von Flüchtlingen
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7. Paul Grüninger
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8. Österreichische Exilantinnen und Exilanten in der Schweiz
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9. Transitland Schweiz
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10. Vom Leben im Schweizer Exil
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11. Das Zürcher Schauspielhaus
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12. Rückkehr
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13. Anhang
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Ulrike Oedl:
Exilland Schweiz


Die Schweiz war eines der ersten und naheliegenden Fluchtziele im Frühjahr 1933. Politisch und "rassistisch" Verfolgte aus Deutschland knüpften große Erwartungen an das klassische Asylland des 19. Jahrhunderts. Hatte doch die Schweiz im Lauf ihrer Geschichte als neutrales Land immer wieder teils sehr prominenten und in erster Linie politisch verfolgten Flüchtlingen Asyl gewährt. Wie Flüchtlingen des ersten großen polnischen Aufstandes von 1830/31, des badischen Aufstandes 1849 und früher schon Georg Büchner, der sich hier aber den Tod holte. Nach dem Aufstand in Polen 1864 nahm die Schweiz etwa 2.000 Polen auf, der Erlass des Sozialistengesetzes von 1878 in Deutschland bewog viele Sozialdemokraten, in der Schweiz Zuflucht zu suchen, aber auch Anarchisten und Nihilisten wurden, soweit sie sich unauffällig verhielten, geduldet (z. B. August Bebel, Eduard Bernstein, Alexander Herzen, Wladimir Iljitsch Lenin, Michail Alexandrowitsch Bakunin). Stefan Zweig fand während des Ersten Weltkrieges vorübergehend Asyl in der Schweiz und Anschluss an die pazifistische Bewegung um Romain Rolland. Die Fiktion eines weltoffenen Asyllandes war aber auch Teil des Schweizer Selbstverständnisses, wie aus einem im Rahmen der Landesausstellung in Zürich 1939 affichierten Spruch hervorgeht:

"Die Schweiz als Zufluchtsort Vertriebener, das ist unsere edle Tradition. Das ist nicht nur der Dank an die Welt für Jahrhunderte langen Frieden, sondern auch besonderes Anerkennen der großen Werte, die uns der heimatlose Flüchtling von jeher gebracht hat." (zit. nach Hoerschelmann 1995, 10)

Namen wie Heinrich Pestalozzi, General Dufour, Henri Dunant galten als Symbole humanitären Handelns und Denkens. Umso tiefer war die Enttäuschung über die abweisende Haltung der Schweizer Behörden, die ab April 1933 begannen, mit einer Reihe von Verordnungen ihre Grenzen abzuriegeln und die Behandlung von Flüchtlingen äußerst bürokratisch zu regeln.

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