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KAPITEL

1. Exil und Sprache
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2. Sprachwechsel - Übersicht
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3. Fallbeispiele
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4. Mehrsprachigkeit - Literarisches Übersetzen: Hilde Spiel - Paul Celan
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5. Anhang
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Primus-Heinz Kucher:
Sprachreflexion - Sprachwechsel im Exil


Wie bereits erwähnt, war der definitive Sprachwechsel die Ausnahme und wurde meist von jüngeren Schriftsteller/inn/en gewählt, die z. T. erst im Exil bzw. nach 1945 zu publizieren begannen. In der Regel war der Sprachwechsel ein temporäres Phänomen, eine Eintrittskarte in die Sprach-Kultur des Exil-Gastlandes mit der Option auf spätere Rückkehr.

Besonders deutlich tritt dies im englischsprachigen Exil zu Tage. Zum einen setzt bereits früh, ab 1936/37, eine Produktion bzw. Veröffentlichung in englischer Sprache durch die Exilant/inn/en ein, die auch in der Öffentlichkeit, z. B. in Zeitschriften wie "Times Literary Supplement" und "The New Statesman", auf Resonanz gestoßen ist (Strickhausen, 1992,369 f.).

Überwogen zunächst historisch-politische Studien (z. B. von Reinhold Aris, Franz Borkenau, Julius Braunthal u. a.), so mehren sich ab 1939/40 literarische Texte (manche freilich aus dem Deutschen übersetzt), die entweder Beachtung finden wie Peter de Mendelsohns "Across the Dark River" (1939), Robert Neumanns und Arthur Koestlers Romane oder zumindest wahrgenommen wurden wie z. B. die Romane Anna Sebastians. Zum anderen kehren einige Autor/inn/en, die zunächst Fuß fassen können, in den 50er oder 60er Jahren ins Deutsche zurück, wie der genannte Robert Neumann, Hans Flesch-Brunningen oder Hilde Spiel. Neumanns Überlegung in einem Werkstattgespräch mit Horst Bienek, wonach "man [ ] eine fremde Sprache nur schreiben [kann], wenn man in ihr lebt" (Dove, 1996, 114), war für das Phänomen der "Sprachrückkehr" - Robert Neumann übersiedelte 1959 in die Schweiz, Hans Flesch-Brunningen, bis 1958 immerhin BBC-Sprecher, kehrte nach Wien zurück - gewiss ein entscheidender Punkt. Insgesamt lässt sich immerhin ein Spektrum von über 200 Texten wissenschaftlicher, publizistischer und literarischer Natur ausmachen.

Nicht selten haben Schriftsteller/innen jedoch ein Nebeneinander von Muttersprache und Sprache des Exillandes - meist das Englische - bevorzugt bzw. die Zweitsprache für eine andere Form kultureller Vermittlung und Produktion genützt: die literarische Übersetzung oder das Verfassen von Film-Drehbüchern wie z. B. Lajos Biró, Lászlo Fodor, Gina Kaus oder Salka Viertel.

Im Folgenden finden Sie eine (unvollständige) Liste von Autor/inn/en (österr. Herkunft bzw. aus dem ehemaligen Österreich-Ungarn), die wenigstens zeitweise die Sprache gewechselt haben:

Kucher, Primus-Heinz: Sprachwechler zeigen

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