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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Zur Situation der Theaterschaffenden in Österreich nach dem "Anschluss" - Wege ins Exil
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3. Überblick
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4. Österreichisches Exiltheater in Großbritannien
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5. BBC
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6. Das österreichische Exiltheater in den USA
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7. Hollywood
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8. Anhang
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Ulrike Oedl:
Theater im Exil - Österreichisches Exiltheater


Ein Überblick über die Geschichte des Theaters im Exils bringt einige unlösbare Probleme mit sich, die zum einen am Theater selbst, aber auch in den besonderen Umständen unter denen Exiltheater stattgefunden hat, liegen. Das Wesen des Theaters liegt in seiner Einmaligkeit, in seiner Verweigerung der beliebigen Reproduzierbarkeit begründet, das der Wissenschaft überlassene Material ist daher immer begrenzt. Regie- und Textbücher, Filme, Fotos, Programmhefte oder schriftliche Notizen und Erinnerungen von Beteiligten, diese so beliebten Ingredienzien theaterwissenschaftlichen Arbeitens, die meist wohl behütet in Archiven und Sammlungen liegen, sind was Theater im Exil betrifft, wesentlich schwerer greifbar. Die Lebens- und Produktionsbedingungen der in alle Welt zerstreuten Exilanten und Exilantinnen waren neben Entbehrungen auch stark von Zufall und Improvisation geprägt, viel Material ging verloren. Auch die Tatsache, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit Themen des Exils über lange Zeit nur ein wenig beachtetes Schattendasein fristete, trägt das ihre zur komplizierten Quellenlage bei. So gibt es bis heute noch keine umfassende wissenschaftliche Erfassung der Gesamtheit aller österreichischen Theaterleute, die aus dem Dritten Reich fliehen mussten, verfolgt, ermordet wurden, sieht man von einzelnen wichtigen Detailstudien (Roessler/Kaiser 1989, Haider-Pregler 1998, Haider-Pregler/Trapp 1999, Dalinger 1998) ab.

Exiltheater ist ohne die Frage nach den Zusammenhängen zwischen Kunst und Gesellschaft, Theater und Politik nicht fassbar, mehr als sonst macht es diese Zusammenhänge deutlich, sind doch Information, Überzeugung, Bewusstseinsbildung wichtige Komponenten für den Impuls, Theater im Exil zu machen. Exil bedeutet auch - was die Art, in der Theater gemacht wird, betrifft - eine Verschiebung vom Großen hin zum Kleinen. Langfristig geplante, professionell gemachte Aufführungen in einem großen Haus mit fixem Ensemble und einem Riesenaufwand an Technik sind unter den Bedingungen des Exils kaum zu bewerkstelligen, andere Formen wie Leseaufführungen, Kabarett, Lesungen treten in den Vordergrund; auch dem Lagertheater ist ein gebührender Platz einzuräumen. Theater gewinnt in diesem Kontext eine Bedeutung, die in der Widerständigkeit gegen den Naziterror, in ihrer Fähigkeit, dem gegenwärtigen Grauen Bilder eines anderen Lebens entgegenzuhalten, nicht hoch genug einzuschätzen ist.

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