zurück zum Inhaltsverzeichnis

KAPITEL

1. Lebensphasen
anzeigen

2. Kramers 'klassische Periode', 1927 bis 1939 - Besonderheiten seines Exilschicksals
anzeigen

3. Gescheiterte Rückkehr
anzeigen

4. Anhang
anzeigen

 

Konstantin Kaiser:
Theodor Kramer (1897-1958)


In einem Dorf bin ich geboren ... - 1897 bis 1907

In einem Brief an Hilde Spiel schreibt Kramer (Guildford, 24.7. 1955):

"Vielleicht hab ich es leicht, weil schwer, gehabt. Auf dem Land geboren, aber Sohn des jüdischen Arztes. Dann lebte ich in der Stadt. Ich gehörte nie ganz dazu und nicht nur sah ich deshalb besser, sogar meine Empfindungen, ja meine Triebe waren heftiger. Und unbedingte Ehrlichkeit wurde mit gepredigt."

Kramer, Theodor zeigen

Kramers Vater, der mit Hilfe eines Kredits sein Medizinstudium abgeschlossen hatte, musste die nächste freiwerdende Stelle als Sprengelarzt annehmen. So wurde er, mehr oder weniger zufällig, Landarzt im niederösterreichischen Dorf Niederhollabrunn, ca. 40 Kilometer nordwestlich von Wien im Weinviertel gelegen. (vgl. Lebenschronik) Niederhollabrunn hatte bei der Volkszählung von 1910 612 Einwohner. Max und Betty Kramer und ihre Söhne Richard und Theodor waren die einzige jüdische Familie im Dorf. Die Söhne erhielten kaum eine jüdisch-religiöse Erziehung.

Kramer , Theodor zeigen
Weinviertel zeigen
Kramer, Theodor - Familie vor dem "Doktorhaus" zeigen
Kramer, Theodor: Geburtshaus zeigen
Kramer, Theodor: Hohlweg zeigen
Kramer, Theodor: Niederhollabrunn, der Geburtsort zeigen

Der Vater, ein Mann von robuster Körperkraft, war im Dorf hoch angesehen. Gegen antisemitisches Gerede soll er sich mitunter brachial zur Wehr gesetzt haben. Dennoch waren die Kramers im Dorf Außenseiter, die an für die Dorfgemeinschaft wesentlichen Festen und Zeremonien nicht teilnahmen. In Theodor Kramers Werk findet sich kaum eine Hindeutung auf Freundschaften mit den anderen Kindern des Dorfes.

Lessing, Gotthold Ephraim zeigen

Der Vater wird als amusisch beschrieben, die Mutter dürfte eine Verehrerin der klassischen deutschen Dichtung, besonders aber Gotthold Ephraim Lessings und Heinrich Heines gewesen sein. Theodor Kramers Gedichte sind zunächst an die Mutter adressiert. Sie ist es, die seine ersten beiden Gedichte (1908) überhaupt aufschreibt, ihn zum Schreiben ermutigt und offenbar stolz auf die poetische Veranlagung des Sohnes ist. Die Figur des Vaters kehrt in vielen Gedichten wieder, die sich jedoch nicht an den Vater wenden, selbst wenn sie die ländlichen Verhältnisse aus der Erfahrung eines in seinem Beruf erprobten Landarztes schildern. Kramer hat auch späterhin die Sommerferien zumindest zum Teil bei den Eltern in Niederhollabrunn verbracht. Für seine ausgedehnten Wanderungen (bis 1931) bevorzugte er das ihm heimatliche Weinviertel.

Kramer, Theodor in Wanderkleidung, 20er Jahre zeigen

S. 1/26 vorherige Seite - nächste Seite

  

IMPRESSUM | 2002 © UNIVERSITÄT SALZBURG