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KAPITEL

1. Albert Drach: Kurzbiographie
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2. Werkbesprechungen
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3. "Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum" (publiziert 1964)
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4. "Z.Z." das ist die Zwischenzeit. Ein Protokoll (publiziert 1968)
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5. "Unsentimentale Reise" (publiziert 1966)
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6. "Das Beileid" (publiziert 1993)
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7. Die nichtbeteiligten Protokolle (publiziert 1965)
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8. Die ungemütlichen Protokolle (publiziert 1965)
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9. Die wohlwollenden Protokolle (publiziert 1965)
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10. Das Kasperlspiel vom Meister Siebentot (1935)
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11. Das Satansspiel vom göttlichen Marquis (1929)
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12. Gottes Tod ein Unfall (publiziert 1972)
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13. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Albert Drach (1902 -1995)


Mit diesem aus Tagebuchnotizen zusammengestellten Bericht setzt der Erzähler fort, wo die "Unsentimentale Reise" endet. Nach einer gescheiterten Liebschaft und ohne Zukunftsaussichten im Exil gestrandet, sieht sich der Erzähler als wandelnder Toter. In seinen Tagebuchnotizen finden sich nur die laufenden Ärgernisse des Tages verzeichnet. Erst als er sich entschließt, wieder nach Wien zurückzukehren, ändert sich der Stil. "Das Beileid" ist die Geschichte einer Rückkehr aus dem Exil, einer bitteren und einer über weite Strecken sehr unspektakulären Rückkehr.

Nach einem Ball, an den sich die erhoffte Liebesnacht nicht anschließt, lässt der Erzähler den Gashahn offen.

"Dabei war die Speise in einem mit Wasser gefüllten Gefäß wohl auf dem einflammigen Rechaud aufgestellt und die Gaszufuhr geöffnet, aber die Zündung unterlassen worden. So mußte, was als Versehen begonnen, zu einem Erstickungstode führen, den mir die Nazis zugedacht, dem ich aber durch geglückte List seinerzeit entronnen war." (Drach, Das Beileid, 1983, 6)

Nach und nach erfährt er, dass viele seiner Verwandten umgekommen sind. Er kämpft mit seiner Schlaflosigkeit und Unlust am Leben, das er nun als "Toter" zu absolvieren hat. Seine erste Fahrt nach Wien wird ihm zu einem Deja-vu-Erlebnis. Wieder wird er mit den üblichen, ehemals von den Nationalsozialisten propagierten Vorurteilen gegen die Juden konfrontiert.

"Es muß aber noch das Abenteuer mit dem französischen Zollbeamten in mir gespukt haben, als ich bereits in Feldkirch auf den österreichischen gestoßen war, der ein direkter Nachkomme der hitlerschen Zöllnerdynastie gewesen sein mußte und mir trotz meinem gespenstischen Aussehen nicht glauben mochte, dass ich nichts Zuverzollendes mit mir führte, insbesondere in meinen Unterhosen und Socken, sowie unter dem Hemde keine verbotenen Valuten, Devisen, noch Gold und Diamanten verborgen hätte. Daß er auch nach meiner vollständigen Bekleidung mir nicht auch noch unter die Haut leuchtete, mußte ich ihm als Akt des Wohlwollens gutbringen. Währenddem durchsuchten seine Zollbrüder die mitgeführte Wäsche, die mit der vor neun Jahren aus Österreich ausgeführten identisch war und daher besonderen Verdacht erregt haben mußte. Weniger gefährlich erschien ihm ein österreichischer Direktor alliierter Betriebe, ein Universitätsprofessor, von denen der eine sogar aus England gekommen war. Vor ihnen zückten sie die Hand gewohnheitsmäßig zur halben Höhe zum Hitlergruß, zogen sie allerdings zum Salut an die Kappe zurück, als sie sich ihres Irrtums gewahr wurden. Jedenfalls verzichteten sie gehorsam, den Herrn Professor und den Herrn Direktor auf Mitgebrachtes zu überprüfen." (Drach, Das Beileid, 1993, Droschl, Graz, 84 f.)

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