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KAPITEL

1. Ein Klassiker der Moderne
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2. "Prägungen"
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3. Grundlageninformationen
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4. Die Figur des Zacharias in "Methodisch konstruiert"
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5. Literarischer Text und soziologische Studie
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6. Anhang
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Markus Kreuzwieser:
Der "Weg vom Schäbigen ins Ewige". Zu Hermann Brochs "Methodisch konstruiert"


"Ständig den Blick nach oben gerichtet, bildet der Kleinbürger eine Schere aus zwischen seiner wirtschaftlichen Lage und seiner Ideologie. Er lebt in kleinen Verhältnissen, aber er tritt nach außen repräsentativ auf, dies oft bis zur Lächerlichkeit übertreibend" (Wilhelm Reich 1933, 63).

So beschreibt Wilhelm Reich (1897-1957) die soziale Schicht des Kleinbürgertums der Weimarer Republik. Hermann Brochs Zacharias entspricht diesem Typus Mensch in "Methodisch konstruiert" recht genau, zieht man "Die Vier Reden des Studienrats Zacharias" noch hinzu, werden die Bezüge noch deutlicher.

Broch selber formuliert in "Probleme und Personen der 'Schuldlosen'" (1950):

"Der Studienrat Zacharias: der Zwischenschicht halbproletarischen Mittelstandes entstammend, also spezifischer Spießer, geduckt vor allem, was oben ist, dafür auf jeden trampelnd, der sich unter ihm befindet, ist er Repräsentant jener ganzen Zacharias-Rasse, die allüberall im gleichen Nebel von Opportunismus und Moralschlagworten lebet, Nebelmensch, dem alles gestattet, weil das Undurchdringliche ihm den Nebenmenschen verhüllt." (KW I/5, 315)

Hermann Broch hat aber mit seinem Roman und so auch mit Methodisch konstruiert einen literarischen Text, keine soziologische oder sexualökonomische Studie verfasst, einen Text, der "Konstruktion" programmatisch im Titel führt und so eine künstlerische Konstruktion anbietet, die das banale Leben von Kleinbürgern mit ihren Lebensläufen, den erotischen Verstrickungen, aber auch den unbefriedigten religiös-mystischen Sehnsüchten nach Metaphysik und kosmischer Einheit, oszillierend zwischen Kolportage, Kitsch, Opernreminiszenz, beißender Satire und philosophischer Novelle zu fassen sucht.

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