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KAPITEL

1. Aspekte des Exils von Schriftstellerinnen
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2. Vicki (Hedwig) Baum (1888-1960)
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3. Hermynia Zur Mühlen (1883-1951)
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4. Mela Hartwig (1893-1967)
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5. Lili Körber (1897-1982)
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6. Hilde Spiel (1911-1990)
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7. Resümee
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8. Anhang
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Sigrid Schmid:
Schriftstellerinnen im Exil - Zuständig fürs Überleben


Dass Anpassungsfähigkeit allein nicht ausreicht, um im Exil als Schriftsteller/in erfolgreich zu überleben, zeigt das Beispiel von Hermynia Zur Mühlen. Diese aus der österreichischen Hocharistokratie stammende Autorin, die ihre Kindheit und Jugend bei ihrer Großmutter in Gmunden verbracht hat, hat sich in den Zwanzigerjahren für die Linke, für die Kommunisten, entschieden und ist u. a. als Übersetzerin der Werke von Sinclair Lewis im Berliner Malik-Verlag bekannt geworden. In ihren eigenen Werken wie "Unsere Töchter, die Nazinen" (1935) oder "Als der Fremde kam" ("Came the stranger. A novel" London 1946; Wien 1947) versucht sie als eine der ersten, die Motive der Anhänger/innen des Nationalsozialismus zu verstehen und, von diesem Verständnis ausgehend, für eine Abkehr von dieser Ideologie zu werben. Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann, der aus dem Ungarischen ins Deutsche übersetzt, führt sie ihr Emigrationsweg von Deutschland nach Österreich, in die Tschechoslowakei und schließlich nach Großbritannien. Obwohl auch sie die Sprache wechselt, was für sie als Übersetzerin etwas einfacher war, und obwohl auch sie bereit ist, ihre politische Botschaft in populären Medien, wie im Kriminalroman oder in modernen Märchen für Kinder zu verstecken, gelingt es ihr nicht mehr, mit ihrer unermüdlichen schriftstellerischen Arbeit eine einigermaßen gesicherte Existenz für sich und ihren Ehemann zu verdienen. Ihr Mann, der als Übersetzer aus dem Ungarischen ins Deutsche in Großbritannien keinerlei Verdienstmöglichkeiten hat, sucht sich aber auch keinen anderen Job. Sie stirbt schließlich, weil sie sich den nahen und teureren Arzt nicht leisten können und der billigere zu spät kommt - so zumindest lautet der Vorwurf, den sich ihr Ehemann bis an sein Lebensende machen wird. Hermynia Zur Mühlens Exil-Existenz am Rande bzw. unter der Armutsgrenze ist typisch für viele Exilant/inn/en, ebenso typisch ist, dass ihre Versuche, nach Österreich zurückzukehren, ohne Antwort blieben. Mitverantwortlich für ihr Schicksal ist wohl auch, dass sie in der Zwischenkriegszeit eindeutig dem linken politischen Lager angehört hat und ihre literarischen Arbeiten auch primär in den linken publizistischen Medien und Verlagen verbreitet waren. Angesichts des Stalinismus entfernt sich Zur Mühlen vom Kommunismus, weigert sich aber, ihn direkt zu verurteilen, geht 1945 auch nicht in die SBZ, in die spätere DDR. In Zeiten des Kalten Krieges ist diese Position - zusätzlich zur Exil-Situation - einem Erfolg als Schriftstellerin sicher nicht förderlich.

Zur Mühlen, Hermynia zeigen
Zur Mühlen, Hermynia zeigen
Zur Mühlen, Hermynia zeigen
Stumpp, Emil: Porträtzeichnung von Hermynia Zur Mühlen zu "Über meine Köpfe" (1933) zeigen

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