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KAPITEL

1. Australien
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2. "Österreichisches" Exiltheater und -kabarett
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3. Frühe Reaktionen (1941-1950)
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4. Hochblüte (1950-1960)
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5. Sprach- und Identitätswechsel (1957-1973)
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6. Anhang
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Birgit Lang:
"The Earnestness of being Importer." "Österreichisches" Theater und Kabarett im australischen Exil


Ende der fünfziger Jahre und zu Beginn der sechziger Jahre kam es zu zahlreichen Umbrüchen in der Exiltheaterszene. Einige Theater lösten sich auf (Kleines Theater, Theaterfreunde), andere spalteten sich (Kleines Wiener Theater) oder formierten sich gänzlich um ("Papricabaret"). Der Grund für diese dynamische Situation lag einerseits im Privatleben der Theaterdirektor/inn/en begründet - das Kleine Theater löste sich auf, weil das Ehepaar Bodan Australien verließ, der Tod von Grete Watkins im Jahr 1962 veranlasste die Theaterfreunde zur Aufgabe, und ist anderseits als Teil einer größeren Veränderung in der Identitätskonstellation der Emigrant/inn/en zu sehen, die sich anhand der Bunten Abende des Kleinen Wiener Theaters nachvollziehen lässt.

Während die frühen "Bunten Abende" sich mit der Situation der Emigrant/inn/en in Australien als Neuankömmlinge auseinandersetzte, folgte in den Jahren 1952 und 1955 eine intensive Auseinandersetzung und Ablösung vom Österreich der Zweiten Republik. Bis zu diesem Zeitpunkt nahmen sich die Emigrant/inn/en (in der Darstellung des Kleinen Wiener Theaters) als zwischen den Kulturen gestrandet wahr.

Im "Bunten Abend" des Jahres 1957, der den Titel "Das Steckenpferd" trug, änderte sich das Selbstbild der Emigrant/inn/en. Die "Zwischenzeit" erschien als beendet, und die Emigrant/inn/en definierten sich nun als Minderheit in Australien. Während im Kabarett die genaue Definition dieser Minderheit offen gelassen wurde, fand zur selben Zeit im Theater ein Machtkampf der Zuordnungen statt, in dessen Folge Erna und Gerhard Felser das Kleine Wiener Theater verließen und die Kammerspiele Sydney gründeten.

Der Streit zwischen den Ehepaaren Felser und Baring wurde entlang der Differenzen Unterhaltung und Dramatik geführt und war auch ein Disput um das Publikum. Betrachtet man die Spielpläne der beiden Theater nach deren Trennung, so lassen sich diese zwei Richtungen zuordnen.

Das Kleine Wiener Theater legte verstärkt auf die Aufführung französischer und Schweizer Lustspiele und Komödien der Nachkriegszeit wert und führte außerdem Stücke mit dezidiert jüdischen Inhalten in englischer Sprache auf, welche für die australische (jüdische) Community verständlich waren. Die erste englischsprachige Aufführung war "The Tenth Man" von Paddy Chayefsky im Jahr 1961. Auch das "Papricabaret" in Melbourne vollzog 1966 eine ähnliche Wende. Unter dem Titel "Papricabaret Goes English" kam es zu einer Fusion mit einer jüdischen Theatergruppe, den "Habimah Players". Unter dem Namen "Showmen" bediente die neu gegründete Gruppe bis Mitte der achtziger Jahre die australische jüdische Community.

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