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Peter Rychlo:
Rose Ausländers Leben und Dichtung. „Ein denkendes Herz, das singt“
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Bereits mit 17 Jahren begann Rosalie Scherzer ein Tagebuch zu führen, wo sie ihre Einfälle, Gedanken, Verse notierte. Bald stand für sie fest, dass Lyrik ihr Lebenselement war – in Gedichtform konnte sie ihre Träume und Sehnsüchte am besten äußern. Die gelegentlichen Publikationen in verschiedenen deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften Europas und der Neuen Welt konnten sie aber nicht befriedigen. Alfred Margul-Sperber, der Entdecker und Förderer vieler Talente (u.a. auch Paul Celans), ermutigte sie zu ihrer ersten Buchpublikation.
In der Zwischenkriegszeit war A. Margul-Sperber eine Art Integrationsfigur der deutschsprachigen Dichtung der Bukowina. Als Dichter, Übersetzer und Redakteur der Zeitung „Czernowitzer Morgenblatt“ korrespondierte er beinahe mit allen literarischen Berühmtheiten Europas. Er stand im regen Briefwechsel z. B. mit Karl Kraus, Thomas Mann und Hermann Hesse. Als erster - noch vor Ernst Robert Curtius - hatte er etwa T. S. Eliots „The Waste Land“ ins Deutsche übertragen. Eliot nannte diese deutsche Fassung „admirable“. In seiner Zeitung stellte Margul-Sperber Feuilletons, Satiren, Kritiken und neue Dichter vor, darunter auch Rose Ausländer, von deren Gedichten er begeistert war. Er traf eine Auswahl und interessierte dafür auch einen Verlag. 1939 erschien Rose Ausländers erster Gedichtband unter dem Titel „Der Regenbogen“ im Verlag „Literaria“ in Czernowitz. Die frühe Lyrik R.Ausländers zeichnet sich durch hohe formale Qualitäten aus: erlesene Reime, strenge metrische Verse, kunstvolle strophische Architektonik, welche an eine gute „Vorschule der Ästhetik“ (Jean Paul) gemahnen. Der Band „Der Regenbogen“ wird von einem kurzen Gedicht unter dem Titel „Ins Leben“ eingeleitet:
Nur aus der Trauer Mutterinnigkeit / strömt mir das Vollmaß des Erlebens ein. / Sie speist mich eine lange, trübe Zeit / mit schwarzer Milch und schwerem Wermutwein.
(Ausländer, Rose: Wir ziehen mit den dunklen Flüssen. Gedichte 1927-1947. Fischer Taschenbuch Verlag 1993, S. 52)
Zum ersten Mal taucht hier jenes merkwürdige Oxymoron „schwarze Milch“ auf, das etwas später die Anfangszeilen der berühmten „Todesfuge“ Paul Celans bilden wird. Obwohl der thematische Fächer dieses Bandes recht breit ist, kristallisieren sich hier bereits einige große Themen ihres späteren Werkes heraus. „Der Regenbogen“, so Jürgen P. Wallmann, enthält schmerzlich-melancholische Erinnerungen an das verlorene Paradies der Kindheit, Bilder der Trauer und der Hoffnung, Dichterbildnisse und immer wieder Verse der Liebe: Leidenschaft und Glücksempfinden, Verzweiflung und Enthusiasmus, Beschwörung und Verzicht“ (Wallmann, Jürgen P. Nachwort. In: Rose Ausländer. Wir ziehen mit den dunklen Flüssen, S.179). Romantische und spätromantische Anklänge sind hier unübersehbar, wie z.B. im kurzen zweistrophigen Gedicht unter dem Titel „In den Traum“:
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