Yosl Bergner
Little Clown, 1958
coll. Daniel Krauskopf, Tel Aviv. Mit freundlicher Genehmigung von Yosl Bergner, Tel Aviv.

 

Die PORTRÄTS sind insgesamt 10 ausgewählten Autor/inn/en aus Österreich gewidmet, die Emigration und Exil erleben mussten, und setzen sich mit ihrer Biographie und ihrem künstlerischem Werk auseinander. Am Ende von Kapiteln oder Textabschnitten werden multimediale Materialien (Fotos, Töne, Videos, Externe Links, Textausschnitte) angeboten. Jede Einheit enthält einen ANHANG, in dem die bibliographischen Materialien versammelt sind und eine Printversion der Vorlesung angeboten wird.

 

Konstantin Kaiser:
1.) Theodor Kramer (1897-1958)

Das Porträt behandelt den wohl bedeutendsten österreichischen Lyriker der 30er Jahre und des Exils, einen Lyriker, der in zerfransten Peripherien zu Hause war, bei Taglöhnern, in Schenken, Nachtcafés, auf Märkten, Rangierplätzen, staubigen Straßen, später in Londoner Parks, Pubs und Vorortezügen. Mit einer ganz eigenen Musikalität, dem zart-bitteren Ton der Ziehharmonika, dem Instrument der Vaganten und Besitzlosen, aber auch mit unerbittlicher Schärfe und Präzision für die Dinge des Alltags, des konkreten Lebens, erhob Theodor Kramer immer wieder seine Stimme "für die, die ohne Stimme sind." Und er erhob seine Stimme für Österreich, als dieses von der Landkarte verschwunden war, unbedankt, wie er nach seiner Rückkehr, um hier zu sterben, feststellen musste.

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Wilhelm Kuehs:
2.) Hilde Spiel (1911-1990)

Das Porträt stellt eine der vielseitigsten Schriftstellerinnen und Essayistinnen des 20. Jahrhunderts, die "Grand Dame der Österreichischen Literatur" vor. Wie kaum eine andere Autorin war sie in die großen intellektuellen und dramatischen historischen Ereignisse des Jahrhunderts verstrickt: in die kulturellen Bewegungen der Zwischenkriegszeit (Wiener Kreis, Reformpädagogik, Rotes Wien), in die Exil- wie Remigrationsproblematik, pendelnd zwischen der englischen Welt, Deutschland und Österreich und zwischen den Sprachen. Stets war sie auch in Debatten über den Status des Schreibens engagiert, in der englischen Exilöffentlichkeit ebenso wie nach ihrer Rückkehr nach Österreich im P.E.N.-Club und anderen literarischen Vereinigungen.

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Markus Kreuzwieser:
3.) Robert Musil (1880-1942)

Ausgewählte Bilder, Textausschnitte und Kommentare zu Musils Leben, Denken und Werk unmittelbar vor und im Exil sollen sowohl seine schwierige biographische Situation erhellen als auch die Komplexität seines Denkens und Schaffens illustrieren. Das Porträt bietet gerafft Informationen zu den Jahren zwischen 1931 und 1942.

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Siglinde Kaiser-Bolbecher:
4.) Stella Rotenberg (1916)

"Stella Rotenbergs Lyrik ist geprägt von der Erfahrung der Shoa. Als Opfer und als Überlebende der Vernichtung - in der Situation des Exils der Erfahrung des 'nicht da nicht dort' (Albert Ehrenstein) ausgesetzt - stellt die Autorin ihre Literatur in den Dienst der Erinnerung. Die Themen Verfolgung, Exil, jüdische Identität und (Mutter)-Sprache durchziehen ihr lyrisches Ouevre. [...] Stella Rotenbergs Exil-Erfahrung äußert sich in Bildern der Heimatlosigkeit und der Sehnsucht nach 'Heimat'. Im Motivkomplex Exil - Sprache - Heimat steckt die Lyrikerin ihre Identität als Position des 'Zwischen' ab." (Armin A. Wallas: "Dennoch schreibe ich" - Eine Annäherung an das literarische Werk von Stella Rotenberg 1991) Stella Rotenberg, der es 1939 gelang, nach Großbritannien zu flüchten, lebt seitdem dort. Nach Kriegsende erfuhr sie, dass ihre Eltern und nahezu alle ihre Verwandten in den NS-Vernichtungslagern ermordet wurden. 1946 erhält sie die britische Staatsbürgerschaft. Seit 1948 lebt sie in Leeds. Trotz der Abgeschiedenheit von einem kulturellen deutschsprachigen Leben schrieb Stella Rotenberg all die Jahre über in ihrer deutschen Muttersprache.

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Konstantin Kaiser:
5.) Berthold Viertel (1885-1953)

Berthold Viertel ist einer der vielseitigsten Künstler des Exils. Das Porträt zeigt Leben und Werk des Lyrikers, Prosaisten und stilprägenden Theatermannes und Filmregisseurs. Vor dem Ersten Weltkrieg war Viertel Dramaturg und Regisseur an der "Freien Volksbühne" in Wien, sein erster Gedichtband "Die Spur" (1912) erschien in der bekannten expressionistischen Reihe "Der jüngste Tag", nach anfänglicher Kriegsbegeisterung orientierte sich Viertel mit Hilfe von Karl Kraus neu, dem er bis 1934, als Kraus den österreichischen Ständestaat favorisierte, auch politisch verbunden blieb. Schon 1928 übersiedelte Viertel in die USA und arbeitete als Drehbuchautor und Regisseur in Hollywood und New York. In Berlin erlebte er die Machteinsetzung Hitlers, als Viertel gerade die Verfilmung von Hans Falladas "Kleiner Mann - was nun?" vorbereitete. Im Februar 1933 flüchtet er aus Deutschland und geht nach Frankreich und Großbritannien. Im Mai 1939 verlässt er London, nachdem ihm die Arbeitsgenehmigung verweigert worden ist, und kehrt in die USA zurück. Er war an vielen Exil-Projekten beteiligt, u. a. als Mitbegründer und Gründungspräsident des "Freien Deutschen Kulturbundes in Großbritannien", als Vertreter der in Paris tätigen "Ligue pour l'Autriche vivante", als Mitbegründer der "Tribüne für freie deutsche Kunst und Literatur in Amerika" (1942) und des "Aurora Verlages" (1944) oder als Mitarbeiter der Exil-Kulturzeitschrift "Austro-American Tribune". 1942 wurde Viertel US-Citizen. Im August 1948 kehrt er nach Europa zurück, wo er am Zürcher Schauspielhaus Regie führt, im Dezember 1948 kommt er nach Wien zurück und erhält ein Engagement als Gastregisseur am Burgtheater. Er arbeitet bei den Salzburger Festspielen. Nach Intervention des österreichischen Bundespräsidenten Theodor Körner wird Viertel 1953 wieder österreichischer Staatsbürger. Erst durch die seit 1989 erscheinende Berthold-Viertel-Studienausgabe ist das umfangreiche Exil-Werk Viertels zugänglich.

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Wilhelm Kuehs:
6.) Fred Wander (1917)

Das Vorlesungsporträt stellt den Schriftsteller, Fotografen und Zeichner Fred Wander vor. Es rückt vor allem jene Texte und Erfahrungen in den Mittelpunkt, die seine Fluchtrouten ab 1938 nach Frankreich und in die Schweiz nachzeichnen sowie die traumatische Deportation nach Auschwitz und die Schwierigkeiten, nach 1945 wieder in ein "normales" Leben zurückzukehren, zum Thema haben.

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Gabriele Frankl:
7.) Raoul Hausmann (1886-1971)

Im Zentrum dieser Darstellung stehen die Exilsituation des 'Dadasophen', die politischen Bedingungen seiner Lage sowie Hausmanns Exilerfahrungen. Nach den Umständen, die zur ungeplanten Emigration führten, werden die rastlosen Jahre der wiederholten Emigration und der Ausklang des Künstlerlebens beschrieben. Für Hausmanns künstlerische Entwicklung war der Dadaismus ebenso wichtig wie er für diesen. Dieser Tatsache, die für das Verständnis der Person Raoul Hausmann entscheidend ist, wird deshalb das Kapitel "Dadü Dada" gewidmet. Hausmanns Polemik spiegelt sich am aussagekräftigsten in seinen Manifesten wider. Die Idee vom 'neuen Menschen' beeinflusste ihn nicht nur künstlerisch und wissenschaftlich, sondern auch privat in seinen Partnerschaften. So kämpfte er für die Erweiterung der Sinneswahrnehmung, die er durch seine optophonetischen Entwürfe einleiten wollte. Seine Beschäftigungen mit den psychischen und physischen Aspekten des menschlichen visuellen Wahrnehmungsapparates bildeten die Grundlage für photographische Arbeiten sowohl praktischer als auch theoretischer Natur, die von starker Liebe zur Lichtbildkunst geprägt sind. Für Hausmann, den 'größten Tänzer aller Zeiten', war der Tanz nicht nur Ursprung aller Künste, sondern elementares Ausdrucksmittel seiner eigenen Persönlichkeit. Die giftige Kritik seiner Satiren am Regierungssystem, an Politikern und am "deutschen Spießer" führte zur Aufnahme seines Namens in die Liste der "entarteten" Künstler durch die Nationalsozialisten und zur Verbrennung seiner Arbeiten.

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Wilhelm Kuehs:
8.) Hermynia Zur Mühlen (1883-1952)

Dieses Portrait beschäftigt sich mit der Schriftstellerin und Übersetzerin Hermynia Zur Mühlen. Vor allem ihre Texte, die sich mit den Mechanismen des Nationalsozialismus und mit Fremdheits- und Exilerfahrung auseinandersetzen, werden hier behandelt. Hermynia Zur Mühlen war in der Zwischenkriegszeit eine der bekanntesten und politisch exponiertesten deutschen Autorinnen. Im Zuge des Exils geriet sie in Vergessenheit und wurde bis heute trotz Neuausgaben einiger ihrer wichtigeren Texte nicht wirklich wiederentdeckt.

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Wilhelm Kuehs:
9.) Albert Drach (1902 -1995)

Diese Vorlesung stellt den österreichischen Schriftsteller (1902-1995) Albert Drach vor. Drach flüchtete 1938 über Jugoslawien nach Frankreich, wo er mehrmals interniert wurde und der Deportation aus dem Lager Drancy nur knapp entkam. Schon vor dem Krieg hatte er mit dem Stück "Das Satansspiel vom göttlichen Marquis" Aufsehen erregt und Anerkennung erhalten, ohne es veröffentlicht zu haben. Aber erst 1965 fand er für seinen Roman "Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum" einen Verlag. 1988 erhielt er den Georg Büchner Preis. Er starb 1995 in Wien.

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Konstantin Kaiser:
10.) Erich Fried (1921-1988) und Hans Schmeier (1925-1943)

Die Vorlesung beschäftigt sich mit einigen literarischen und politischen Aktivitäten Erich Frieds im britischen Exil. 1943 erschien in London eine Anthologie "Mut. Gedichte junger Österreicher" unter der Verlagsbezeichnung "Verlag Jugend voran". Nur wenige der jungen Flüchtlinge, die in dieser Anthologie zum Teil erstmals ihre Gedichte veröffentlicht haben, sind in der literarischen Öffentlichkeit späterhin bekannt geworden: Arthur Rosenthal vielleicht, den wir als Arthur West kennen; "Oliva", Eva Priester, hervorgetreten als Verfasserin einer "Kurzen Geschichte Österreichs" in zwei Bänden; Heinz Karpeles, der unter dem Namen Heinrich Carwin einige aufführenswerte Stücke verfasst hat; Willy Verkauf, der unter dem Pseudonym André Verlon als Collagekünstler internationales Ansehen errang, und 'natürlich' Erich Fried. Er, Hilfsbibliothekar im Londoner "Austrian Centre", war es vermutlich auch, der die Anthologie "Mut" zusammenstellte. Die Vorlesung erzählt auch von Erich Frieds Freundschaft mit dem Lyriker Hans Schmeier, der tragischerweise Selbstmord beging. Darüber hinaus gibt es Informationen über die politischen Auffassungsunterschiede im britischen Exil.

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Anil Bhatti:
11.) Haas Willy (1891-1973)

Willy Haas (1891-1973) war ein "hommes de lettres", wie ihn Anil Bhatti in diesem Porträt sehr treffend bezeichnet. Haas hinterließ ein sehr facettenreiches literarisches Werk. Er war sowohl Literaturkritiker und beschäftigte sich unter anderem Franz Kafka und Franz Werfel, mit denen er auch befreundet war,als auch einer der ersten advantgardistischen Filmkritiker und Drehbuchautoren. Von 1925 bis 1932 editierte er eine der angesehensten literarischen Zeitschriften Europas: "Die Literarische Welt". Er galt als einer der ersten der Feuilletonisten der deutschsprachigen Welt. Von Prag ging er zuerst nach Berlin, das er aber 1939 verlassen musste. Der Weg seines Exils führte ihn über Prag und Frankreich nach Bombay. 1947 übersiedelte er als Angehöriger der britischen Armee nach London. 1948 kam Willy Haas schließlich nach Hamburg, wo er 1973 verstarb.

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Peter Rychlo:
12.) Rose Ausländers Leben und Dichtung. „Ein denkendes Herz, das singt“

Rose Ausländer (1901-1988) gehört – gemeinsam mit Else Lasker–Schüler, Gertrud Kolmar und Nelly Sachs – in die Reihe der großen deutsch-jüdischen Dichterinnen des 20. Jahrhunderts. Peter Rychlo beschreibt die verschiedenen Aspekte ihres Lebens und Werkes, Evelyn Adunka zeichnet Rose Ausländers Zeit in Wien nach. Bruni E. Blum deutet die Auswirkungen der Exil- und Ausgrenzungserfahrungen als grundlegende Momente ihrer Dichtung und zeigt – im Vergleich mit der zeitgenössischen Malerei – das Verhältnis zur Exilserfahrung zwischen Verlust und Sinnstiftung als Poetik des Exils. Rose Ausländers Heimat war die multikulturelle und vielsprachige Stadt Czernowitz in der Bukowina, dem einstigen Kronland der österreichischen Monarchie. Czernowitz fühlte sich Rose Ausländer ihr Leben lang verbunden. Viele Jahre verbrachte sie in den USA, vor allem in New York, kehrte aber immer wieder in ihre Geburtsstadt zurück, wo sie auch die schrecklichen Jahre der Verfolgung im Ghetto überlebt hatte. Nach einem Jahr in Wien ließ sie sich 1965/67 in Düsseldorf nieder, wo sie – seit 1972 pflegebedürftig – im Nelly-Sachs-Haus bis 1988 lebte. Nach den Wanderjahren ihres unruhigen Lebens fand sie ihre Heimat in der deutschen Sprache, im „Mutterland Wort“. In rascher Folge erschienen in den 1970er und 1980er Jahren ihre Gedichte, in denen sie spätromantische Bildstrukturen mit moderner poetischer Technik verband. Heute zählt Rose Ausländer zu den populärsten Lyrikerinnen der deutschen Sprache.

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IMPRESSUM | 2002   UNIVERSITÄT SALZBURG