Exil Praxisfelder 03.) Fluchtpunkt London
Herbert Staud

Fluchtpunkt London - was wäre gewesen wenn? Daten, Fakten

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Titel: Warteschlange: Wiener Juden bemühen sich um Pässe zur Emigration
Aus: Wien 1938. Ausstellungskatalog Historisches Museum der Stadt Wien 110. Sonderausstellung. Wien 1988, S. 298 (Quelle: Institut für Zeitgeschichte, Wien)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Versetzen Sie sich in die Lage eines Flüchtlings, der überlegt, ob es ihm überhaupt gelingen kann, aus dem Großdeutschen Reich 1938/39 wegzukommen. Der größte Teil der Flüchtlinge fand in GB, in den USA, in Australien, China und Palästina Aufnahme, nachdem die Schweiz, Holland, Rumänien, Dänemark und die Tschechoslowakei im Laufe des Jahres 1938 ihre Grenzen gesperrt hatten.

An und für sich reicht in Großbritannien die Tradition, politischen Flüchtlingen Asyl zu gewähren, weit zurück. Schon 1815 lehnten die britischen Behörden die Auslieferung politischer Emigranten ab. Großbritannien verfügte jedoch über kein eigenes definiertes Asylrecht, allerdings nennt der 1905 erlassene „Aliens Act“ (Einwanderungsgesetz) jene Fälle, in denen eine Einreise auf die Insel nicht verweigert werden soll:

„Wenn ein Einreisender beweisen kann, dass er die Zulassung in das Land nur sucht, um der Verfolgung oder Strafe aus politischen oder religiösen Gründen oder der Gefährdung seines Lebens zu entgehen, soll diese auch dann nicht verweigert werden, wenn er nicht über genügend Unterhaltsmittel verfügt oder die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der einreisende Flüchtling öffentlichen Mitteln zur Last fallen wird.“

Kurt R. Grossmann: Emigration. Geschichte der Hitler-Flüchtlinge 1933-1945. Frankfurt/Main 1969. Zitiert nach: Maimann: Wartesaal, 239

Aufgabe:

Prüfen Sie, ob Ihnen aufgrund dieses Einwanderungsgesetzes als Flüchtling wegen politischer oder rassistischer Verfolgungen durch den Nationalsozialismus Einreise gewährt werden muss.

Ja

Im Prinzip ja. Die britischen Behörden wandten diese Bestimmungen anfangs jedoch nur zögerlich an. Die tatsächliche Entscheidung, ob ein Flüchtling einreisen durfte, lag nach Artikel 1 der Fremdenverordnung von 1920 im Ermessen der Einwanderungsbeamten in den britischen Ankunftshäfen. Wichtigstes Kriterium dafür war eine ausreichende finanzielle Sicherstellung der Einreisewilligen.

Im Prinzip ja. Die britischen Behörden wandten diese Bestimmungen anfangs jedoch nur zögerlich an. Die tatsächliche Entscheidung, ob ein Flüchtling einreisen durfte, lag nach Artikel 1 der Fremdenverordnung von 1920 im Ermessen der Einwanderungsbeamten in den britischen Ankunftshäfen. Wichtigstes Kriterium dafür war eine ausreichende finanzielle Sicherstellung der Einreisewilligen.

Prüfen Sie im Folgenden Ihre Chancen, bis zum September 1939 in Großbritannien aufgenommen zu werden. Danach fielen die im September 1939 in den Krieg eingetretenen Staaten, v. a. Großbritannien, als Zufluchtsstätten aus.

Sie sind Student/in bzw. Akademiker/in?

Die Zahl der Akademiker, Unternehmer und Geschäftsleute lag überproportional hoch. Innerhalb der deutsch-österreichischen Emigration kamen 27% der Männer und 17% der Frauen aus akademischen Berufen. In den Instruktionen des Passport Control Department (Foreign Office) an die britischen Beamten betreffend die Ausstellung von Visa an Österreicher und Deutsche („Visas for Holders of German and Austrian Passports Entering the United Kingdom“, 27. April 1938, heißt es allerdings:

„8. The following should not to be refused without reference: […] d)The rank and file of professional men – lawyers, doctors, dentists. […]“ (DÖW E 21.458, zitiert nach: Exil in Großbritannien, S. 13)

Studenten kam das „International Students Service“ zu Hilfe.

Über 33% der Flüchtlinge waren vorher Unternehmer und Geschäftsleute gewesen. In den Instruktionen des Passport Control Department (Foreign Office) an die britischen Beamten betreffend die Ausstellung von Visa an Österreicher und Deutsche („Visas for Holders of German and Austrian Passports Entering the United Kingdom“, 27. April 1938, heißt es:

„8. The following should not to be refused without reference: […] c)Industrialists with a well-established business who may wish to transfer it to the United Kingdom and are able to indicate their plans for doing so.“ (DÖW E 21.458, zitiert nach: Exil in Großbritannien, S. 13)

Die Sudetenkrise, aber auch das Novemberprogrom (?Reichskristallnacht?) vom 9. zum 10. Nov. 1938 löste eine weitere Flüchtlingswelle aus. Unter dem Druck der Öffentlichkeit lockerte die britische Regierung ihre Einreisebestimmungen, wobei besonders Flüchtlinge, die weiter emigirieren sollten, Einlass fanden. Aufgenommen wurden primär folgende Kategorien:

a. „Transmigranten, die sich verflichten mussten, innerhalb von zwei Jahren weiterzuwandern, b. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die ebenfalls nur einen Transitaufenthalt erhielten, c. Personen zwischen 16 und 35 Jahren, die sich für eine Weiterwanderung nach überseeischen Aufnahmeländern ein- bzw. umschulen ließen, und d. Personen über 60 Jahren“ (Kurt Grossmann, Emigration. Geschichte der Hitlerflüchtlinge 1933-1945. Frankfurt/Main 1969, S. 215. Zitiert nach: Exil in Großbritannien, S. 6)

Für die nach dem Novemberprogrom aus den Konzentrationslagern mit der Auflage der sofortigen Auswanderung entlassenen Tausenden Juden errichteten die britischen Behörden in Zusammenarbeit mit dem Council of German Jewry in Richborough, Kent, ein Transitlager. In diesem „Kitchener Camp“ fanden insgesamt rund 3500 österreichische, deutsche und tschechoslowakische Flüchtlinge Aufnahme.

In den Instruktionen des Passport Control Department (Foreign Office) an die britischen Beamten betreffend die Ausstellung von Visa an Österreicher und Deutsche („Visas for Holders of German and Austrian Passports Entering the United Kingdom“, 27. April 1938, heißt es:

„The test should be whether or not an applicant is likely to be an asset to the United Kingdom and […] where this test is not satisfied a visa should be refused without reference. Among those who must be regarded as prima facie unsuitable will be: a)Small shop-keepers, retail-traders, artisans, and persons likely to seek employment. b)Agents and middlemen, whose livelihood depends on commission and, therefore on trade activity. […]“ (DÖW E 21.458, zit. nach DÖW 1992, 13)

Vor den Novemberprogromen war es für diese Gruppe daher sehr schwer, ein Visum zu bekommen.

In den Instruktionen des Passport Control Department (Foreign Office) an die britischen Beamten betreffend die Ausstellung von Visa an Österreicher und Deutsche („Visas for Holders of German and Austrian Passports Entering the United Kingdom“, 27. April 1938, heißt es:

„The test should be whether or not an applicant is likely to be an asset to the United Kingdom and […] where this test is not satisfied a visa should be refused without reference. Among those who must be regarded as prima facie unsuitable will be: […] c)Minor musicians and commercial artists of all kinds […].“ (DÖW E 21.458, zit. nach DÖW 1992, 13)

Vor den Novemberprogromen war es für diese Gruppe daher sehr schwer, ein Visum zu bekommen.

In den Instruktionen des Passport Control Department (Foreign Office) an die britischen Beamten betreffend die Ausstellung von Visa an Österreicher und Deutsche („Visas for Holders of German and Austrian Passports Entering the United Kingdom“, 27. April 1938, heißt es:

„8. The following should not to be refused without reference: a)Leading persons in Science, medicine or research […] b)Artists (i.e., painters or sculptors), architects and designers who are of such standing that they are likely to be able to maintain themselves by private commissions. c)Industrialists with a well-established business who may wish to transfer it to the United Kingdom and are able to indicate their plans for doing so.“ (DÖW E 21.458, zit. nach DÖW 1992, 13)

Thea Scholl berichtet über ihre Emigration mit Hilfe eines Dienstbotenpermit 1938:

„Unsere Ausreise, also die Ausreise meiner Schwester und meine, war über einen Freund meines Onkels, der bereits in England sehr lange gelebt hatte, und der hat uns allen Dienstmädchenposten verschafft.“ (Aus: DÖW, Erzählte Geschichte, Interviewabschrift 136, 28. 3. 1984. zit. nach DÖW 1992, 23)

Der Physiker Kurt Hoselitz berichtet über seine Flucht nach GB im Mai/Juni 1938:

„Also, ganz außer der persönlichen Gefahr, in der ich stand, war es vollkommen unmöglich geworden, sich irgendeine Existenz in Österreich vorzustellen. Ich schrieb an alle Freunde im Ausland und bat sie, mir zu helfen. Don und Joyce in Bristol waren Gewerkschaftler und Labour-Party Sozialisten und wußten, daß Max T. und ich in Gefahr waren. Sie schrieben, daß sie einem von uns ein Heim anbieten könnten. Max T. und ich entschieden durch Los, daß ich die Einladung annehmen sollte. […] Bevor ich ein englisches Visum bekommen hatte, kam eines Morgens, wieder um 4.00 oder 5.00 Uhr die Polizei, denn ich war ja als „Roter“ bekannt. Die Aktion war sehr groß, und ich fand mich bald in einer Schule mit Hunderten anderen eingekerkert. […] Zu meiner größten Verwunderung und Furcht wurde ich am nächsten Tag wieder vor den [Gestapo-]Offizier gebracht, und er brüllte wieder und drohte, aber er ließ mich ein Dokument unterzeichnen, daß ich innerhalb von 21 Tagen das Deutsche Reich verlassen müßte, niemals eine feindliche Handlung gegen Deutschland unternehmen würde und mich bis zu meiner Abreise täglich bei der Polizei zu melden hätte. Also, ein Wunder war geschehen, und man ließ mich frei! (Ich erfuhr nachher, daß die meisten anderen Häftlinge nach Buchenwald gebracht worden waren.) Das Problem war nun, innerhalb von 3 Wochen nach England zu kommen. durch Don und Joyce war ich schon mit dem International Student Service (ISS), einer englischen Studentenhilfsorganisation, in Verbindung. Glücklicherweise war Miss Kellner vom ISS gerade in Wien, und nachdem ich ihr die Lage berichtete, schickte sie mich mit einem Brief an Captain Kendrick aufs britische Konsulat. Nach langem Warten in einer Schlange wurde ich vorgelassen und mußte meinen Pass hinterlegen. Einige Tage später hatte ich ein britisches Visum. […] Don und Joyce erwarteten mich am Flughafen Croydon. Der Immigration Officer wollte mich nicht hereinlassen. Don wurde herbeigerufen, mein Visum war ungültig, weil Captain Kendrick es in der Eile auf eigene Autorität, ohne Ministeriumsreferenz gegeben hatte. Außerdem war es verdächtig, daß ich schon im Gefängnis gesessen hatte, denn das geschieht in England nur Verbrechern. Don sprach lange mit ihm (1 ½ Stunden) und überredete ihn schließlich, mich für 3 Monate hereinzulassen.“ (Hoselitz 1987, 746f.)

Wenn Sie Jude nichtmosaischen Glaubens sind, können Sie sich an die (vom Holländer Frank van Gheel Gildemeester initiierte) Geldemeester-Auswanderungshilfsaktion, allgemein Gildemeester-Aktion genannt, wenden. Um die Auswanderung getaufter Juden und anderer so genannter nicht-„arischer“ Christen bemühte sich in Österreich die die Wiener Zentrale der Quäker, der Gesellschaft der Freunde (Society of Friends). Sie bearbeitete zwischen März 1938 und Kriegsausbruch 11.000 Bewerbungen, wobei 4500 Personen die Ausreise ermöglicht wurde – zu 60% nach Großbritannien. (vgl. DÖW 1992, 9)

Politische Flüchtlinge aus Österreich (und Deutschland), die seit 1933/34 im tschechischen Exil lebten, gelangten durch das im September 1938 gegründete British Committee for Refugees from Czechoslovakia – im Juli 1940 in den Czech Refugee Trust Fund (CRTF) übergeführt und als Kollektivbürge für die Flüchtlinge auftretend – nach GB. Insgesamt konnten 475 Österreicher so nach GB flüchten. (vgl. Exil in Großbritannien, S. 10)

In den Instruktionen des Passport Control Department (Foreign Office) an die britischen Beamten betreffend die Ausstellung von Visa an Österreicher und Deutsche („Visas for Holders of German and Austrian Passports Entering the United Kingdom“, 27. April 1938, heißt es: „8. The following should not to be refused without reference: a)Leading persons in Science, medicine or research […]“ (DÖW E 21.458, zitiert nach: Exil in Großbritannien, S. 13) Die wohl wichtigste Hilfsorganisation einer Berufsgruppe war die Society for the Protection of Science and Learning, die 1937 aus dem Academic Assistance Council hervorgegangen war und rund 70 der 400 aus Österreich vertriebenen Universitätslehrer an britische wissenschaftliche Institutionen vermitteln konnte.

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Titel: Freud, Sigmund: Todesanzeige
Todesanzeige Sigmund Freud (23. September 1939)
MalerIn/FotografIn: Zeitspiegel (1941-1945)
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Titel: Freud, Sigmund und seine Tochter Anna auf dem Weg in das Londoner Exil (Juni 1938)
Beschreibung: Aus: Österreicher im Exil. Großbritannien 1938-1945. Eine Dokumentation. Hrsg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Wien 1992, Bilddteil Wien)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Mehr als die Hälfte der deutschsprachigen Flüchtlinge in GB waren Frauen, die meist als Hausgehilfinnen oder Krankenschwestern in das Land gekommen waren; von diesen waren rund 70% über 41 Jahre alt. Große Bedeutung hatte das Domestic Bureau des Council of German Jewry, da es Tausende Frauen, darunter zahlreiche Akademikerinnen, sowie hunderte Ehepaare als Haushaltshilfen in GB vermittelte und ihnen somit die Einreise ermöglichte. Brief an Captain M. Jeffes (FO) betreffend die Ausstellung von Visa an österreichische Haushaltshilfen, 21. 10. 1938: „If the applicant is a refugee he is to be referred to the local Jewish or Friends Committee in vienna – which Committees we understand able to function for this purpose – who, if satisfied on work and health grounds that the applicant is suitable for domestic service, will make a recommendation in favour of the applicant to the Passport Control Officer who may then give a visa if, of course, there is no local objection.“ (DÖW E 21.458, zitiert nach: Exil in Großbritannien, S. 16) Thea Scholl berichtet über ihre Emigration mit Hilfe eines Dienstbotenpermit 1938: „Unsere Ausreise, also die Ausreise meiner Schwester und meine, war über einen Freund meines Onkels, der bereits in England sehr lange gelebt hatte, und der hat uns allen Dienstmädchenposten verschafft. […] Dieser Dr. Böhm hat uns dann allen ein „Domestic permit“, ein Dienstmädchenpermit, verschafft. Das hatten wir dann, aber da haben wir noch lange nicht ausreisen können, weil da mußten wir zuerst einmal den Paß haben, dann mußten wir das Visum bekommen. Das Visum mußte man wiederum bei nächtelangem Anstellen in der Wallnerstraße auf dem englischen Konsulat einreiche. […] Sie müssen sich vorstellen, ich war damals 22, hatte eigenlich im Hauhalt nie gearbeitet. Unsere Mutter hat uns nie was machen lassen. Erstens haben wir sehr eng gewohnt, und zweitens ist ihr das auf die Nerven gegangen. […] Und man mußte beim Konsulat seine Hände herzeigen, ob die nicht weiß Gott wie manikürt sind und ob man imstande ist zu arbeite. […] Da habe ich […] ein Badezimmer aufräumen müssen, um zu zeigen, daß ich das kann. […] Ich glaube nicht, daß ich das Badezimmer sehr gut aufgeräumt habe, weil ich habe nie ein Badezimmer besessen. Ich war nicht gewohnt, die Fliesen zu waschen. Die Badewanne, Gott, das ist noch gegangen… Ich habe diese Absolution bekommen. Ich habe mein visum von der jüdischen Kultusgemeinde in Wien bekommen, und am 24. Dezember 38 bin ich dann ausgereist. […] Das war eigentlich ein sehr trauriger Abschied. Wir sind da am Bahnhof gestanden, meine Eltern aufgelöst. (Aus: DÖW, Erzählte Geschichte, Interviewabschrift 136, 28. 3. 1984. Zitiert nach: Exil in GB, 23)

Ein Viertel der Vertriebenen waren Kinder unter 16 Jahren, von denen ein Großteil durch Kindertransporte in Sicherheit gebracht worden war. 2262 Kinder konnten bis kurz vor Kriegsausbruch in 23 speziellen Kindertransporten nach GB gebracht werden. In Österreich war die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) zuständig. Ein Drittel der Kinder wurde von der Gesellschaft der Freunde ausgewählt und stammte aus nicht-?arischen?, christlichen Familien. Ihre Väter befanden sich in den KZs oder konnten ihre Familien nicht mehr länger erhalten. Am 4. Jänner 1939 führte Eichmann einen Sammelpass für Jugendliche unter 18 Jahren ein, um die Formalitäten zu beschleunigen. Nach den Novemberprogromen gehörten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die nur einen Transitaufenthalt erhielten, zu den Bevorzugten, denen Einlass nach Großbritannien gewährt wurde.
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Titel: Ankunft jüdischer Kinder in London, 2.2.1939
us: Österreicher im Exil. Großbritannien 1938-1945. Eine Dokumentation. Hrsg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Wien 1992, Bildteil (Quelle: Institut für Zeitgeschichte, Wien)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Überlegen Sie auch, inwieweit Sie mit Ihrer engeren Familie zusammenbleiben könnten? Hätten Ihre Kinder/Eltern/Geschwister Chancen auf Aufnahme in Großbritannien? Müsste jemand alleine gehen? Würden Sie, wenn es nicht anders ginge, alleine gehen?

Wie man in den verschiedensten Berichten nachlesen kann, spielten viele Umstände eine Rolle, ob die Emigration gelang oder nicht: Zufall, Beherztheit, Ideenreichtum oder eben einfach nur Glück. Dass Einfallsreichtum gepaart mit Glück helfen konnte, zeigen die Erinnerungen von Franziska Tausig über die Abreise ihres Sohnes Otto Tausig mit einem Kindertransport 1939:

„Jeder suchte nach einem Strohhalm. Manche verschafften sich Einblick in Telefonbücher aus New York oder London und schrieben an Menschen ähnlichen oder gleichen Namens. Da war es ein Glück, wenn man Lichtblau oder Mandelgrün hieß. Man schrieb dann, daß man vermutlich ein Verwandter sei, und bettelte um ein Affidavit. Manche bekamen auch eines. Die Mayer mit ‚Y‘ konnten genügend Familien anschreiben, denn es soll ihrer fast tausend in New York geben. Obgleich ich doch eine perfekte Lügnerin war, versagte mein Talent in dieser äußersten Notsituation. Es gab keinen Verein, zu dem ich nicht gerannt bin. Überall notierte man unseren Namen, aber alles war ohne Aussicht. Ich war einfach zu einfältig, um einen Ausweg zu finden. […] In meiner Verzweiflung gab ich ein Inserat in die Londoner ‚Times‘: ‚Junger, kräftiger Bursche bittet um Arbeit. Arbeitspermit dringend notwendig.‘ Eine Schalterbeamtin übersetzte mir den Text ins Englische und sagte nur: ‚Es wird schon werden, kommen S‘ in ein paar Tagen zu mir. Vielleicht ist dann schon eine Antwort da.'“

Aus: Franziska Tausig: Shanghai-Passage. Flucht und Exil einer Wienerin. Wien 1987, zitiert nach: Exil in Großbritannien, 46

Aufgabe:

Sehen Sie sich die beiden folgenden Aufgaben an.

Aufgabe 1: Ich habe nach England Kontakte (Verwandte/Bekannte/über meinen Beruf/anderes) und möchte diese anschreiben, sich für mich einzusetzen.

Aufgabe 2: Ich möchte in einer englischen Zeitung eine Annonce aufgeben.

Aufgabe:

Führen Sie eine der beiden Aufgaben durch. Natürlich müssen Sie die englische Sprache verwenden! Öffnen Sie dazu unser ARBEITSBLATT. Dort finden Sie weitere Anleitungen. Wenn Sie Ihre Fragen beantwortet und Ihre Eintragungen gemacht haben, dann speichern Sie Ihr Arbeitsblatt auf Ihrem PC oder auf Diskette, um es für weitere Fragen im Zuge dieses Praxisfeldes neuerlich aufrufen und bearbeiten zu können.

Aufgabe:

Was können Sie sich vorstellen: Welche Befürchtungen hegten die offiziellen Stellen Großbritanniens in Zusammenhang mit der Masseneinwanderung?

Beschäftigungssituation
Das Home Office (Innenministerium) sorgte sich um das Arbeitslosenproblem. Deshalb durfte man als Emigrant/in ohne schriftliche Erlaubnis der Ausländerabteilung des Innenministeriums weder eine bezahlte noch unbezahlte Stellung annehmen.
Das Home Office (Innenministerium) befürchtete einen Anstieg der Ausländerfeindlichkeit. „Im Frühjahr 1940 ging die Phase des „phony war“ (Scheinkrieg) für Großbritannien zu Ende, dessen militärische Lage sich durch die deutsche Besetzung Dänemarks und Norwegens verschlechtert hatte. Parallel dazu stieg die Ausländerfeindlichkeit weiter Kreise der britischen Bevölkerung, geschürt durch Pressekampagnen einstiger nationalsozialistischer bzw. Mosley-Sympathisanten wie des Rothermere-(„Daily Mail“, „Sunday Dispatch“) und Kemsley-Konzerns („Daily Sketch“, „Sunday Chronicle“). Eine Meinungsumfrage Ende April 1940 ergab, daß die Ausländerfeinlichkeit „the social thing done“ der Mittel- und Oberschicht war.“ (Exil in Großbritannien, S. 54) Im Zusammenhang mit der schließlich folgenden immer härter werdenden Internierungspolitik bemühten sich nicht nur Flüchtlingsorganisationen und Hilfskomitees, sondern auch die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft, Sozialisten und Kommunisten, Bürgerrechtsvereinigungen, jüdische und christliche Glaubensgemeinschaften, Ständeorganisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens um einen Stimmungsumschwung – Bemühungen, die durchaus erfolgreich waren.
Das Foreign Office (Außenministerium) bemühte sich zu Zeiten der Appeasementpolitik Reibung mit Berlin und Kritik aus den USA zu vermeiden.
Das Treasury Board (Finanzministerium) fürchtete eine finanzielle Belastung durch die Flüchtlinge. Bis Kriegsbeginn zählte es zu den primären Aufgaben der Hilfsorganisationen die für die Flüchtlinge notwendigen Mittel aufzustellen. Weiters errichteten sie Transit- und Umschulungslager. Bis 1939 brachten allein die britischen Juden drei Millionen Pfund Sterling auf, und ein Rundfunkaufruf Lord Baldwins an die Öffentlichkeit erbrachte ungefähr 550.000 Pfund. „Als die privaten Spenden nach Kriegsausbruch zurückgingen, sah sich die britische Regierung gezwungen, 30% der Gesamtkosten für die Flüchtlinge zu übernehmen; von Oktober 1940 an 100% der Erhaltungskosten und 75% der Verwaltungs-, Wohlfahrts- und Auswanderungskosten der Hilfsorganisationen.“ (Exil in Großbritannien, S. 10)

„Gemessen am internationalen Standard kann die britische Einwanderungspolitik, besonders in den kritischen Jahren 1938-39 als großzügig gelten.“

Exil in Großbritannien, 6

11.000
11.000 Flüchtlinge erhielten laut Angaben des Premierministers bereits bis November 1938 eine dauernde Aufenthaltsgenehmigung.
Anfang 1939 wurden bereits 20.000 Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und den Sudetengebieten registriert, wovon 4000 als politische Flüchtlinge anerkannt wurden.
Bis Jahresende 1939 stieg die Zahl der Flüchtlinge auf insgesamt 70.000 Eingewanderte an.Das Home Office (Innenministerium) sorgte sich um das Arbeitslosenproblem. Deshalb durfte man als Emigrant/in ohne schriftliche Erlaubnis der Ausländerabteilung des Innenministeriums weder eine bezahlte noch unbezahlte Stellung annehmen.

Ankunft London

Bevor Sie dieses Kapitel beginnen, lesen Sie bitte das Gedicht von Theodor Kramer: „Von den ersten Tagen in London“.

Aufgabe:

Im Ankunftshafen auf britischem Boden angekommen, werden Sie zuerst durch den Immigration Officer befragt. Kann dieser Ihnen die Einreise nach Großbritannien verweigern – selbst wenn sie ein gültiges Visum haben?

Ja
Als letzte Instanz entschied der Immigration Officer. Als Beispiel für den Einreisevorgang können die Erinnerungen von Hans Flesch-Brunningen, der bereits 1934 nach England ging, über dessen Ankunft in Harwich dienen:
Als letzte Instanz entschied der Immigration Officer. Als Beispiel für den Einreisevorgang können die Erinnerungen von Hans Flesch-Brunningen, der bereits 1934 nach England ging, über dessen Ankunft in Harwich dienen:

Aufgabe:

Sie kommen als Flüchtling aus Österreich. Welchen Status haben Sie eigentlich nach der Annexion Österreichs im März 1938?

Österreicher
Konnten Sie nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich noch mit einem österreichischen Reispass weggehen, werden Sie als ?Austrian? registriert. Bis Oktober 1938 wurden diese Österreicher gezwungen, ihren österreichischen Pass gegen einen deutschen Pass auf der deutschen Botschaft umzutauschen!
Ab September 1938 konnte man nur mehr mit einem deutschen Reisepass aus Österreich ausreisen. Besitzen Sie keinen österreichischen Reisepass mehr, weil Sie Österreich nicht bereits in den ersten Monaten nach dem „Anschluss“ verlassen konnten, werden Sie in England als „German“ registriert.
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Titel: Kramer, Theodor: Reisepass
Quelle: Erwin Chvojka, Konstantin Kaiser: Vielleicht hab ich es leicht, weil schwer, gehabt. Theodor Kramer 1897-1958. Wien 1997, S. 45. Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft.
MalerIn/FotografIn: unbekannt
Ab September 1938 konnte man nur mehr mit einem deutschen Reisepass aus dem angeschlossenen und damit als Staat nicht mehr existierenden Österreich ausreisen. Besitzen Sie keinen österreichischen Reisepass mehr, weil Sie Österreich nicht bereits in den ersten Monaten nach dem „Anschluss“ verlassen konnten, werden Sie in England als „German“ registriert. Nur in wenigen Fällen wurde jemand als „previously“ Austrian registriert.
Stefan Zweig hatte 1934 Salzburg verlassen und seit damals einen zweiten Wohnsitz in England. „Der Fall Österreichs brachte in meiner privaten Existenz eine Veränderung mit sich, die ich zuerst als eine gänzlich belanglose und bloß formelle ansah: ich verlor damit meinen österreichischen Paß und mußte von den englischen Behörden ein weißes Ersatzpapier, einen Staatenlosenpaß erbitten. Oft hatte ich in meinen kosmopolitischen Träumereien mir heimlich ausgemalt, wie herrlich es sein müsse, wie eigentlich gemäß meinem inneren Empfinden, staatenlos zu sein, keinem Land verpflichtet und darum allen unterschiedsloser zugehörig. Aber wieder einmal mußte ich erkennen, wie unzulänglich unsere irdische Phantasie ist, und daß man gerade die wichtigsten Empfindungen erst versteht, wenn man sie durchlitten hat.“ (Stefan Zweig: Die Welt von gestern, S. 293)

Emigranten und Emigrantengruppen bemühten sich immer wieder darum, als „Österreicher“ geführt zu werden.

Aufgabe:

Hätte der Status als „Österreicher“ etwas in der Behandlung als Flüchtling verändert bzw. gebessert?

Ja, in politischer Hinsicht
Der Kampf um die Anerkennung als „Österreicher“ war mit dem Kampf um die Anerkennung und Wiedererrichtung Österreichs als selbstständiger Staat verknüpft. Man hoffte, dass das Eintreten für die Eintragung „Österreich“ in das Certificate of Registration den Wunsch der Österreicher auf die Wiederherstellung des österreichischen Staates dokumentieren würde.
„Ich ging hinüber in mein Zimmer und richtete in einem kleinen Koffer meine Sachen zusammen. Wenn sich bewahrheitete, was ein Freund in hoher Stellung mir vorausgesagt, so sollten wir Österreicher in England den Deutschen zugezählt werden und hatten die gleichen Einschränkungen zu erwarten; vielleicht durfte ich abends nicht mehr schlafen im eigenen Bett. Wieder war ich eine Stufe herabgefallen, seit einer Stunde nicht bloß der Fremde in diesem Land, sondern ein ‚enemy alien‘, ein feindlicher Ausländer; gewaltsam verbannt an eine Stelle, an der mein pochendes Herz nicht stand. Denn war eine absurdere Situation einem Menschen zu erdenken, der längst ausgestoßen war aus einem Deutschland, das ihn um seiner Rasse und Denkart willen als widerdeutsch gebrandmarkt, als nun in einem anderen Land auf Grund eines bürokratischen Dekrets einer Gemeinschaft zugezwungen zu werden, der er als Österreicher doch niemals zugehört? Mit einem Federstrich hatte der Sinn eines ganzen Lebens sich in Widersinn verwandelt; ich schrieb, ich dachte noch immer in deutscher Sprache, aber jeder Gedanke, den ich dachte, jeder Wunsch, den ich fühlte, gehörte den Ländern, die in Waffen standen für die Freiheit der Welt.“ (Stefan Zweig: Die Welt von gestern, S. 311f.)
Ab September 1938 konnte man nur mehr mit einem deutschen Reisepass aus dem angeschlossenen und damit als Staat nicht mehr existierenden Österreich ausreisen. Besitzen Sie keinen österreichischen Reisepass mehr, weil Sie Österreich nicht bereits in den ersten Monaten nach dem „Anschluss“ verlassen konnten, werden Sie in England als „German“ registriert. Nur in wenigen Fällen wurde jemand als „previously“ Austrian registriert.
Stefan Zweig hatte 1934 Salzburg verlassen und seit damals einen zweiten Wohnsitz in England. „Der Fall Österreichs brachte in meiner privaten Existenz eine Veränderung mit sich, die ich zuerst als eine gänzlich belanglose und bloß formelle ansah: ich verlor damit meinen österreichischen Paß und mußte von den englischen Behörden ein weißes Ersatzpapier, einen Staatenlosenpaß erbitten. Oft hatte ich in meinen kosmopolitischen Träumereien mir heimlich ausgemalt, wie herrlich es sein müsse, wie eigentlich gemäß meinem inneren Empfinden, staatenlos zu sein, keinem Land verpflichtet und darum allen unterschiedsloser zugehörig. Aber wieder einmal mußte ich erkennen, wie unzulänglich unsere irdische Phantasie ist, und daß man gerade die wichtigsten Empfindungen erst versteht, wenn man sie durchlitten hat.“ (Stefan Zweig: Die Welt von gestern, S. 293)

Erst nach Verabschiedung der Moskauer Deklaration 1943 gab es die Möglichkeit zur Umregistrierung:

„Am Donnerstag, dem 16. Dezember, hat Innenminister Morrison bekanntgegeben, daß alle diejenigen, die nachweisen können, daß sie vor der Okkupation Österreichs durch die Deutschen österreichische Staatsbürger waren, aber hier als Deutsch registriert worden sind, als Österreicher umregistriert werden können.“

Aus: Zeitspiegel, 25.12. 1943

Aufgabe:

Welche Dokumente galten als Nachweis der österreichischen Staatsbürgerschaft?
Heimatschein
Der Heimatschein musste von einer Gemeinde des Bundesstaates Österreich in den Grenzen vor 11. März 1938 ausgestellt und, wenn möglich, nicht älter als vom November 1918 sein.
Die Urkunde über die Verleihung der Staatsbürgerschaft sollte nicht älter als vom November 1918 sein.
Nachweis durch das Amtsblatt, aus dem die Tätigkeit als Patentanwalt oder Verteidiger in Strafsachen in Österreich oder Nachweis durch das Amtsblatt, aus dem die Zulassung des Gesuchstellers aus den genannten Berufen […] hervorging.
Militärpapiere, die die Zugehörigkeit zum österreichischen Bundesheer (d. h. November 1918 bis März 1938) erweisen. Urkunden, die die Zugehörigkeit zur Wehrmacht der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie dartun, waren nur dann als Nachweis anzusehen, wenn sie die Heimatberechtigung in einer Gemeinde Österreichs in den Grenzen vor dem 11. März 1938 darlegten.
Einen österreichischen Reispass besaß man allerdings nur, wenn man bis zum September 1938 aus dem angeschlossenen und damit als Staat nicht mehr existierenden Österreich ausreisen konnte.
Geburts- und Trauungsurkunden oder die Prüfungszeugnisse und Meldungsbücher der österreichischen Hochschulen, die die Angabe der Staatsbürgerschaft enthielten.
Bei abgeleiteter Staatsbürgerschaft für Ehefrauen.

Ausnahmsweise wurden noch andere Urkunden, z. B. Gewerbescheine verschiedener Art, Mitgliedskarten von Vereinigungen (z. B. des österreichischen Offiziersverbandes, der Vereinigung österreichischer Richter u.ä.) Anerkannt. Im Allgemeinen ist der Gewerbeschein kein Nachweis, es gibt aber einzelne Gewerbe, die nur Bundesbürgern zugänglich waren, z. B. Zahntechniker. (Aus: Zeitspiegel, 25. 12. 1943)

In den ersten Tagen und Wochen haben Sie wahrscheinlich viele Fragen. Ein Ratgeber des „German Jewish Aid Committee“ (London) versucht Antworten zu geben, die nicht nur für jüdische Flüchtlinge brauchbar sind.

Aufgabe:

Wo hätten Sie große Unsicherheiten?

Ich spreche nicht sehr gut Englisch
„1. Verwenden Sie Ihre freie Zeit unverzüglich zur Erlernung der englischen Sprache und ihrer richtigen Aussprache. 2. Sprechen Sie nicht deutsch auf der Straße, in Verkehrsmitteln oder sonstwo in der Öffentlichkeit, wie z. B. in Restaurants. Sprechen Sie lieber stockend englisch als fließend deutsch – und sprechen Sie nicht laut. Lesen Sie keine deutschen Zeitungen in der Öffentlichkeit.“ [Ratgeber des German Jewish Aid Commitee (London) für ankommende Flüchtlinge, etwa 1939. Zit. n. Exil in Großbritannien 1992, 35]
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Titel: Anzeige für einen Englischkurs in den „Österreichischen Nachrichten“
Quelle: Zs. Österreichische Nachrichten, März 1940
MalerIn/FotografIn: unbekannt
„Sie dürfen keinerlei Stellung – weder bezahlte noch unbezahlte – annehmen, noch dürfen Sie sich an einem Geschäft beteiligen oder irgendeinen Beruf ausüben, ohne die schriftliche Erlaubnis der Ausländerabteilung des Innenministeriums einzuholgen (Adresse: Aliens Department of the Home Office, Stanley House, Marsham Street, Westminster, London, SW 1). Sie dürfen ohne solche Erlaubnis auch keine Volontärsstellung annehmen, da dadurch einem britischen Büroangestellten, einem Mechaniker oder Hausangstellten die Möglichkeit bezahlter Arbeit nehmen würden. Sie dürfen auch keine Arbeit zu Löhnen annehmen, die unter den hier üblichen Löhnen liegen.“ [Ratgeber des German Jewish Aid Commitee (London) für ankommende Flüchtlinge, etwa 1939. Zit. n. Exil in Großbritannien, 36]
Sehen Sie dazu das beigefügte Bild „Ungelernte Jugendliche“.
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Titel: Ungelernte Jugendliche
Mit freundlicher Genehmigung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
MalerIn/FotografIn: unbekannt
„Treten Sie weder einer politischen Organisation bei, noch nehmen Sie sonst Anteil an politischen Bewegungen.“ [Ratgeber des German Jewish Aid Commitee (London) für ankommende Flüchtlinge, o. d. (etwa 1939). Zit. n. Exil in Großbritannien, 35]
„Benehmen Sie sich nicht auffallend durch lautes Sprechen, durch Ihre Manieren oder Kleidung. Dem Engländer mißfallen Schaustellungen, auffallende oder nicht konventionelle Kleidung und Manieren. Der Engländer legt großen Wert auf Bescheidenheit, ruhige Kleidung und ruhige Manieren. Bei Gesprächen sind ihm bescheidene Angaben lieber als Übertreibungen. Er schätzt gute Manieren bedeutend höher ein als alles Zurschaustellen von Reichtum. (Sie werden bemerken, daß er für den kleinsten Dienst ‚Danke schön‘ [‚Thank you‘] sagt, selbst für die Penny Fahrkarte, für die er gezahlt hat.)“ [Ratgeber des German Jewish Aid Commitee (London) für ankommende Flüchtlinge, o. d. (etwa 1939). Zit. n. Exil in Großbritannien, 35f.]
„Verbreiten Sie nicht das Gift ‚In Eurem Lande muß es auch so kommen.‘ Der britsiche Jude wendet sich entschieden gegen die Verbreitung dieser geistlosen Idee.“ [Ratgeber des German Jewish Aid Commitee (London) für ankommende Flüchtlinge, o. d. (etwa 1939). Zit. n. Exil in Großbritannien, 36]

Wo bekommen Sie Rat und Tat? Schlagen Sie nach, welche Hilfe Sie bei welcher Stelle erwartet:

Austrian Self Aid
Die erste Hilfsorganisation, die von den Österreichern initiiert wurde, war die „Austrian Self Aid“.
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Titel: Beratung in Emigrationsfragen und Auskünfte über Beschäftigung durch die „Austrian Self Aid“. Hinweis in den „Österreichischen Nachrichten“
Quelle: Österreichische Nachrichten, März 1940, 13
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Titel: Charakterisierung der „Austrian Self Aid“ in der vom „Austrian Centre“ herausgegebenen Monatsschrift „Österreichische Nachrichten“ (Österreichische Nachrichten, März 1940, S. 5)
Quelle: Österreichische Nachrichten, März 1940, 5.
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Im September 1938 wurde der „Council of Austrians“ als unpolitische und überparteiliche Interessensvertretung der Österreicher gegründet. Als ersten Erfolg erreichte der Council im Okt 1938, dass die noch mit österreichischen Pässen angekommenen Österreicher nicht gezwungen wurden, sich von der deutschen Botschaft in London ihre Dokumente umtauschen zu lassen. Freilich konnte die große Mehrzahl der Flüchtlinge Österreich erst verlassen, als dies nur mehr mit einem deutschen Pass möglich war; sie wurden daher in Großbritannien als deutsche Staatsbürger registriert. (vgl. Maimann 1975, 67) Bis zum Herbst 1938 waren erst einige Hundert Österreicher in England angekommen, in den meisten Fällen Frauen, die als Hausangestellte ein Visum erhalten hatten. Sofort nach den Novemberprogromen 1938 im Deutschen Reich veröffentlichte der Council sein erstes Memorandum, das die Beschleunigung der Emigration und die Erweiterung der Einwanderungsmöglichkeiten nach England forderte. Interimslager sollten geschaffen werden; das „Kitchener Camp“ in Richborough war ein Ergebnis dieser Bemühungen. Die nächsten Monate waren v.a. mit der Beschaffung von Garantien für die auf eine Auswanderungsmöglichkeit wartenden Österreicher erfüllt. Im Jänner 1939 eröffnete der Council in Hampstead und Westminster zwei Treffmöglichkeiten Etwa 3000 österreichischen Flüchtlingen konnten zu ihren Unterlagen zusätzliche Bestätigungen für ihren Status als Naziverfolgte ausgestellt werden. Der Erzbischof von York, der Bischof von Chichester, der Oberrabbi, Lord Haily und etliche Parlamentsabgeordnete übernahmen Patronanzen.
Das als Club konzipierte „Austrian Centre“ wurde am 16. März 1939 mit dem ersten Klubhaus in Paddington, 126 Westbourne Terrace, W 2, eröffnet. Damit boten sich den Emigrant/inn/en unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation, Information und gesellschaftlichen Betätigung. Die Räumlichkeiten umfassten Bibliothek, Leseraum, Aufenthaltsräume, Restaurant, Hostel, das Austrian Center gab die „Österreichischen Nachrichten“ und den „Zeitspiegel“ heraus, es fanden zahlreiche Kurse, v.a. Englischunterricht, Vorträge, Veranstaltungen statt, eine Reparaturanstalt wurde betrieben, weiters wurde die Kleinkustbühne „Laterndl“ ins Leben gerufen.
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Titel: lon1Austrian Centre: Hinweis auf Klubbetrieb1
Österreichische Nachrichten, März 1940, 13.
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Titel: Austrian Centre bietet Schneiderarbeiten an
Österreichische Nachrichten, März 1940, 14.
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Titel: Programmankündigung des Austrian Centre für August 1944
In: Helene Maimann: Politik im Wartesaal. Österreichische Exilpolitik in Großbritannien 1938 bis 1945. Wien: Böhlau 1975 (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs 62), Bilddteil 144-145.
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Titel: Schachspiel
Österreichische Nachrichten, März 1940, 13.
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Titel: Titelseite der Monatszeitung „Österreichische Nachrichten“, herausgegeben vom Ausschuss der Österreicher in Großbritannien

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Titel: Titelseite des „Zeitspiegel“ No. 50, 1941
Zeitspiegel, Nr. 50, 3.Jg., 13. 12. 1941
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Titel: Werbung für das Restaurant des Austrian Centre
Österreichische Nachrichten, März 1940, 13.
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Sehen Sie dazu das Bild „Gemeinschaft Österreichischer Haushaltsgehilfinnen“.
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Titel: Charakterisierung der „Gemeinschaft Österreichischer Haushaltsgehilfinnen“ in der vom „Austrian Centre“ herausgegebenen Monatsschrift „Österreichische Nachrichten“
Quelle: Österreichische Nachrichten, März 1940, 11.
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Titel: Österreicherin im Haushalt
Quelle: Young Austria, Dezember 1939
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Das Jewish Refugees Committee und der Council for German Jewry (ab 1940 Central Council for Jewish Refugees) waren für jüdische Flüchtlinge die größten Hilfsorganisationen. Bis Kriegsbeginn waren ihre vordringliche Aufgabe, Auswanderungswillige aus dem Deutschen Reich herauszubekommen und die dafür notwendigen Finanzen aufzutreiben. Bis 1939 brachten allein die britischen Juden drei Millionen Pfund Sterling auf, ein Rundfunkaufruf Lord Baldwins an die Öffentlichkeit erbrachte ungefähr 550.000 Pfund. Neben der materiellen Unterstützung bestand die Aufgabe dieser Organisationen in psychischer Unterstützung, Ausbildung, Umschulung und Hilfe während der Internierungsphase.

Das Czech Refugee Trust Fund war unter der Adresse 5 Mecklenburg Square, WC 1 zu finden. Politische Flüchtlinge aus Österreich und Deutschland, die seit 1933/34 im tschechischen Exil lebten, gelangten durch das im September 1938 vom Herausgeber des liberalen Blattes „News Chronicle“ gegründete British Committee for Refugees from Czechoslovakia – im Juli 1940 in den Czech Refugee Trust Fund (CRTF) übergeführt und als Kollektivbürge für die Flüchtlinge auftretend – nach Großbritannien. Unter den insgesamt 8000 Flüchtlingen in der Obhut des CRTF befanden sich 475 Österreicher. (vgl. Exil in Großbritannien 1992, S. 10)

Der „Czech Refugee Trust Fund“ in London stellte Bestätigungen über die antifaschistische Gesinnung und politische Loyalität von österreichischen und deutschen Flüchtlingen, die aus der Tschechoslowakei kamen, aus:

„This is to certify that Karl Fürst is a political refugee from Czecho-Slovakia who was brought to this country by the British Committee for Refugees from Czecho-Slovakia because, having publicly opposed the Nazi regime, he was in danger of life or liberty. His claims to be brought to this country were fully investigated by the Committee’s representative in Prague, who decided that he was deserving of the hospitality of this country. His attitude to British people and institutions since he arrived has been exemplary and we have every confidence that he will be reliable in time of war. He has not been given an opportunity to offer his services to this country, but we know that he is both willing and anxious to help the cause of freedom in any way that he can.“ (Bestätigung des Czech Refugee Trust Fund für Karl Fürst, 27. 9. 1939. Aus: Exil in Großbritannien 1992, S. 39)

Der Council for German Jewry (ab 1940 Central Council for Jewish Refugees) und das Jewish Refugees Committee waren für jüdische Flüchtlinge die größten Hilfsorganisationen. Bis Kriegsbeginn waren ihre vordringliche Aufgabe, Auswanderungswillige aus dem Deutschen Reich herauszubekommen und die dafür notwendigen Finanzen aufzutrieben. Bis 1939 brachten allein die britischen Juden drei Millionen Pfund Sterling auf, ein Rundfunkaufruf Lord Baldwins an die Öffentlichkeit erbrachte ungefähr 550.000 Pfund. Neben der materiellen Unterstützung bestand die Aufgabe dieser Organisationen in psychischer Unterstützung, Ausbildung, Umschulung und Hilfe während der Internierungsphase.
Die größten Hilfsorganisationen für Christen waren das International Christian Committee for German Refugees, das Church of England Committee for „Non-Aryan“ Christians, The Society of Friends German Emergency Committee und das Catholic Committee for German Refugees, die sich im Novmeber 1938 zum Christian Council for Refugees from Germany and Central Europe zusammenschlossen.
Die größten Hilfsorganisationen für Christen waren das International Christian Committee for German Refugees, das Church of England Committee for „Non-Aryan“ Christians, The Society of Friends German Emergency Committee und das Catholic Committee for German Refugees, die sich im Novmeber 1938 zum Christian Council for Refugees from Germany and Central Europe zusammenschlossen.
Die größten Hilfsorganisationen für Christen waren das International Christian Committee for German Refugees, das Church of England Committee for „Non-Aryan“ Christians, The Society of Friends German Emergency Committee und das Catholic Committee for German Refugees, die sich im Novmeber 1938 zum Christian Council for Refugees from Germany and Central Europe zusammenschlossen.

Welche Umstände machen Ihnen als neu angekommene/r Emigrant/in am meisten zu schaffen?

schlechte ökonomische Verhältnisse

Für die meisten Flüchtlinge war die Vertreibung mit dem Verlust ihrer materiellen Existenz verbunden.

„Im März 1941 begann ich in der Grange [Schule für schwererziehbare Knaben in Stevenage, Hertfordshire] zu arbeiten, etwas über zwei Jahre, nachdem ich als Emigrantin nach England gekommen war. Was waren das doch für schwere Jahre gewesen! Hausgehilfintätigkeit – als Mädchen für alles und als Kindermädchen; Schuften als Bedienerin; […] Krankheit; Arbeitslosigkeit; Umlernen auf Büroarbeit.“ (Aus: Stella Klein-Löw: Erinnerungen. Aus brauner Flut in den grauen Nebel 1939-45, Typoskript, o.J., s. 239. DÖW 19.158; zit. nach: Exil in Großbritannien 1992, 127)

Viele Flüchtlinge lebten in Untermietzimmern, die ?landlady? (Vermieterin) war oft ihre einzige britische Bezugsperson. Manche Jugendliche lebten in Gruppen auf Farmen. Andere Flüchtlinge lebten in Camps (z.B. dem Kitchener Camp) oder in Flüchtlingsheimen.

„Die ersten vierzehn Monate in Englind verbrachte ich bei einer Familie, später aber ging ich fort. Doch ich konnte keine Arbeit bekommen, und das Bloomsbury House bestand darauf, daß ich in einem seiner Hostel wohnen müsse, da ich noch nicht achtzehn Jahre alt bin. So kam ich in das Hostel, in dem ich jetzt schon sieben Monate wohne. Wenn ich zurückdenke, so muß ich sehen, daß sich die Dinge verbessert haben. Am Anfang war es schrecklich. Da waren zwölf Mädeln, die den ganzen Tag herumlungerten. Es gab keine ordentlichen Waschgelegenheite, so kamen die Mädeln oft ungewaschen zum Frühstück.“ (Aus: Young Austria, London, Nr. 19, Anfang November 1940; zit. nach: Exil in Großbritannien 1992, 124)

Limitierte Aufenthaltsgenehmigungen stellten für die Flüchtlinge natürlich eine Bedrohung dar. In Frankreich und in der Schweiz wurden ja viele Flüchtlinge zurück ins Deutsche Reich abgeschoben. In England war diese Gefahr aber letztlich nicht gegeben.

Tatsächlich legte das „Reichssicherheitshauptamt“ im Mai 1940 eine „Sonderfahndungsliste“ für den Fall der Invasion Großbritanniens an:

I. Personenverzeichnis […]

38. Heinrich Allina, 24. 11. 78 Schaffa/CSR, Nationalrat […] 63. Beaumont, geborene Vanek, Ernilie, 20. 3. 94 Wien, Agentin, Prag, vermutlich England […] 117. Bergel, Franz, Dr., geb. 1900, Privatdozent, Edinburgh, Universität (Emigrant) […] 190. Borkenau-Pollak, Franz, Dr., 1900, London […] 242. Flesch-Brun, Hans, vermutl. England […] 41. Charoux, geborene Treibl, Margarete, 25. 5. 95 Wien, Reisende, London 42. Charoux, Siegfried, 15. 10. 96 Wien, Bildhauer, London […] 43. Clark, Herta, geb. BraunthaI, 1.2. 87 Wien, vermutl. England […] 43. Deutsch, Julius, Dr., 2. 2. 84 Lackenbach, ehem. österr. Staatssekretär, vermutl. England (Arbeiter-Sport-Internationale) […] 26. Eisenberg, Margarethe, verh. Nußbaum, 23. 2. 06 Wien, Den Haag, vermutl. England […] 59. Flesch-Brun, Hans, Vorstandsmitglied d. Freien deutschen Kulturliga in England, Emigrant [ …] 94. Frank, Karl, Dr., 31. 5. 93 Wien, Schriftsteller, Deckname: Willi Müller, vermutl. England […] 102. Franckenstein, Georg, Baron, 18. 3. 78 Wien, London […] 114. Freud, Sigmund, Dr., Jude, 6. 5. 56 Freiburg (Mähren), London 119. Freund, Ernst, Dr., Prof., zuletzt: Wien, jetzt: London […] 142. Frischauer, Willi, Schriftsteller, österr. Emigrant, vermutl. London […] 34. Gessner, Rudolf, Emigrant, London […] 111. Greif, Walter, 30. 6. 11 Wien, Ingenieur […] 3. Habsburg, Erzherzog von, Robert, 1915 geb., London […] 73. Hecht, Hauptmann, Wohng.: London […] 120. Hertz, Friedrich, Prof., Schriftsteller, London [ …] 158. Höfer, Johann, 6. 9. 15 Frauenberg, Bez. Bruck a. d. Mur, Kraftfahrer, Wohng.: London […] 162. Hoffmann, Sirnon, 8. 8. 76 Wien, Generaldir. […] 169. Holzinger, Arthur, 13. 11. 98 Gängerhof […] 191. Hubmann, Josef, 13. 11. 10 Pernegg, Schlosser […] 197. Hütter, Helmut, 1.5. 89 Krems, Nachr.-Agent (Österr. Legitimist) […] 211. Graf v. Huyn, Hans, Schriftsteller, London, Emigr. […] 24. Kastner, Rudolf, Schriftsteller, Emigrant, London […] 111. Kokoschka, Oskar, 8. 10. 68 Pöchlarn, Emigrant, Vorstandsmitgl. d. Freien dtsch. Kulturliga i. England, London […] 180. Kurz, Otto, Dr., 1908, London, Warburg Institut […] 181. Kutschker, Franz, 26.11.16 Groß-Enzersdorf, Dienstpflichtiger, Manchester […] 46. Lazarsfeld-Jahoda, Marie, Dr., 26. 1. 07 Wien, Schriftstellerin, Jüdin (Täterkreis: SPÖ-Auslandszweigstelle ), London […] 135. Lothar, Hans, Mitinh. d. Fa. Secker u. Warburg, Emigrant, London […] 50. Nußbaum, geb. Eisenberg, Margarethe, 23. 2. 06 Wien, 1938: Den Haag, jetzt: vermutl. England […] 71. Pick, R. H., Schriftsteller, Emigrant, London […] 96. Pollak, Oscar, Dr., 7. 10. 93 Wien, Journalist, Decknamen: Groß, Smith, Amann, vermutl. England […] 101. Poppinger, Konrad, 22. 2. 04 Wien, Schneider, London […] 108. Prager, Emigrant, London [ …] 33. Saxl, Fritz, Dr., geb. 1890, a. 0. Prof., London (Warburg Institut), (Emigrant) […] 88. Singer, Karl, 9. 5. 90 Wien, vermutl. England […] 7. Scheiber, Hermann, 23. 2. 88 Reutte/Tirol, England […] 7. von Starhemberg, Rüdiger Ernst, 10. 5. 99 Eferding, Leiter d. österr. Heimwehr, vermutl. England (österr. Legitimist) […] 19. Stein, Anna, geb. Uhlir, 31. 3. 02 Wien, Büroangestellte, vermutl. England […] 24. Steiner, Josef, 23. 12. 02 Altenmarkt, Brotausträger, London […] 3. Uhlir, Anna, verh. Stein, 31. 3. 02 Wien, vermutl. England […] 5. Vanek, verh. Beaumont, Emilie, 20. 3. 94 Wien, Agentin, zuletzt: Prag, vermutl. England (Täterkreis: Beaumont) […] 22. Viertel, Berthold, London, Emigrant […] 24. Wassermann, Albert, Dr., geb. 1901, Emigrant, London, Privatdozent an der Universität […] 51. Weiß, Joseph, Dr., 1905 geb., London, Emigrant, Assistent an der Universität [ …] 81. Zweig, Stefan, Dr., 28. 11.81 Wien (Jude), Schriftsteller, Emigrant, London […]

II. Sachverzeichnis […]

Österreich Botschaft: London S. W. 1, Belgrave Square 18. Kanzler: Adolf Kunz. Botschafter: Baron Georg Franckenstein. Attache: Graf Heinrich Meran. Presse-Att.: Graf Hans Huyn. 2. Kanzler: Edmund Hauser . [ …]

Vereinigungen […] 24. Ausschuß österreichischer Emigranten in England, London, 9 Albert Place, Mansion […] 25. Austrian Centre, Flüchtlingslager deutscher Emigranten, London […] 26. Austria Office, Emigrantenheim, London [ …] 27. Austrian self-aid Committee, London, 89 New Oxford Street […] 28. Austria self-aid Committee, Emigrantenlager, London, Westbourne Grove […] 29. Austrian Centre, österr. Emigrantenheim, Westbourne Terrace […] 131. Komitee der Österreicher in England, Ort: London […] 201. Österreichisches Emigrantenheim (Austrian Centre), Sitz: London […] 369. Vereinigung österreichischer Sozialdemokraten, Sitz: London.

Imperial War Museum (Hg.): The Black Book (Sonderfahndungsliste G.B.), Facsimile Reprint Series, Nr. 2, London 1989; zit. nach Exil in Großbritannien 1992, 78-80

„Das Schwierigste für mich war der Abschied von meinen Eltern am Westbahnhof. Das war so was Fürchterliches. Ich sah zum ersten Mal meinen Vater weinen. Die Eltern durften uns nur zum Bahnsteig bringen. Irgendwelche jungen Leute, die für den Transport verantwortlich waren, brachten uns zum Zug, einige Geleise entfernt. Im letzten Augenblick des Abschieds sagte die Mama: ‚Pass schön auf den Robert auf, du bist alles, was er jetzt hat.‘ Der Robert war ja nur achtdreiviertel Jahre alt, und ich war genau 13 Jahre alt.“ (Aus: Interview mit Renate Jeschaunig-Rosner über ihre Abreise mit einem Kindertransport 1938, 27. 6. 1989, DÖW, Erzählte Geschichte, Interviewabschrift 634; zit. nach: Exil in Großbritannien 1992, 45)

„Um uns die Lage der österreichischen Jugen vor Augen zu führen, müssen wir einmal feststellen: Wie lebt eigentlich hier die Jugend? Wir stützen uns dabei auf eine Rundfrage und können feststellen, daß viele von ihren Eltern getrennt sind. Die meisten kommen aus der Großstadt und sind jetzt aufs Land verschlagen, in kleine Dörfer und Städte. Sie sind dort verlassen, haben keine Bekannten, keine Freunde.“ (Aus: Bericht des Sekretariats des Young Austria (London) anlässlich der Jahreskonferenz vom 17./18. und 24./25. Februar 1940 über die Lage der österreichischen Jugend in Großbritannien, o. d. (1940); zit. nach: Exil in Großbritannien 1992, 73)

Unter „Bernhardiner-Syndrom“ verstand man die Angewohnheit von Flüchtlingen, die eigene Bedeutung in der Heimat zu übertreiben – als Schutzreaktion gegen Anonymität, gegen das Gefühl, im Exilland nicht gebraucht zu werden und nur geduldet zu sein, und auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Flüchtlingslebens.

„Ein deutscher Dackel unter misstrauisch ihn beschnüffelnden englischen Bulldoggen – und er sagt: ‚Zu Hause war ich ein Bernhardinder!’“? (Robert Neumann: Ein leichtes Leben. Bericht über mich selbst und meine Zeitgenossen. Wien 1963, S. 21)

Darunter verstand man das Bedürfnis, vieles „bei uns zu Hause“ im Vergleich mit dem Exilland als besser zu empfinden:

„Die ‚Chez nous‘ nenne ich allerorten, weil ‚bei uns‘, wie sie sagten, eben doch alles besser und zuverlässiger gewesen wäre, die Bedienung in den Gaststätten, die Verkehrsregelung, die Post und das Telefon. […] Den ‚Chez nous‘ bin ich später in allen möglichen Spielarten und Verkleidungen in London wieder begegnet. Denn was gab es da nicht alles zu bemängeln, beginnend mit der schlechten Küchen, den fehlenden Doppelfenstern, den zugigen Räumen, bis zu der scheinbaren Teilnahmslosigkeit, der angeblichen Gefühlskälte der Briten, die doch im Grunde eine rührende und anerkennenswerte Scheu vor dem Eingriff in des anderen emotionale Sphäre, eine Folge wirklicher Achtung vor dem Privatleben, der notwendigen Schutzschicht jedes Individuums war.“ (Hilde Spiel: Psychologie des Exils. In: Österreicher im Exil 1934 bis 1945. Protokoll des internationalen Symposiums zur Erforschung des österreichischen Exils von 1934 bis 1945, hg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur. Wien 1977, S. XXII-XXXVII, XXVIf.)

Überlegen Sie: Was ginge Ihnen von Ihrer Heimat besonders ab?

„Wir haben auch damit gerechnet, dass eine Invasion kommt, und haben unsere Tochter zu den Ursulinen geschickt in den Kindergarten und haben uns gedacht, dass wir sie dann dort lassen und selber wahrscheinlich umkommen, wenn das passiert. Wir haben durchaus – also zwei Jahre lang sicher – mit dem Tod gerechnet.“ (Interview mit Hilde Spiel über ihre Ängste während des Krieges, 22. 2. 1989, zit. nach Exil in Großbritannien 1992, 122)
„In der ersten Nacht, in der ich in London war, hat es grauenhafte Angriffe gegeben, und furchtbar viele Bomben sind gefallen. Wie ich überhaupt sechsmal bombardiert worden und verschüttet gewesen bin. Das erste Mal in East End, dann in Hampstead, dann sind wir auf der Oxford Street, da war ich mit meinem Mann zusammen, direkt bombardiert worden von oben, da sind Tiefflieger geflogen mit Maschinengewehren und haben auf der Oxford Street die Leute abgeschossen. Also angenehm war das nicht, das war eine Katastrophe. […] Dann habe ich die V2 und V1 erlebt. […] Die V1 hat schreckliche Zerstörungen zuwege gebracht, aber die V2 hat ganze Straßen niedergelegt.“ (Interview mit Margit Czernetz über die Bombardierungen von London 1940-1944, 18. 3. 1983, zit. nach Exil in Großbritannien 1992, 150)

Sehen Sie sich in der oberen Auswahl unter „Beobachtung durch die deutsche Botschaft“ noch einmal die „Sonderfahndungsliste“ an.

Aufgabe:

Zu etlichen der auf dieser Liste aufgeführten Namen finden Sie Informationen in diesem Projekt. Informieren Sie sich über drei von ihnen näher. Wechseln Sie anschließend ins ARBEITSBLATT, stellen Sie die Informationen zusammen und erklären Sie, warum das Reichssicherheitshauptamt ihrer gerne habhaft geworden wäre. Rufen Sie, bitte, dazu wieder Ihr schon gespeichertes Arbeitsblatt von dem von Ihnen gewählten Speicherplatz auf. Vergessen Sie nicht, Ihre Arbeitsergebnisse im Anschluss wieder unter demselben Filenamen auf Ihrem PC oder Ihrer Diskette zu speichern.

Welche Möglichkeiten Arbeit anzunehmen haben Sie eigentlich?

keine

Die Flüchtlinge stellten vorerst eine Belastung für den britischen Arbeitsmarkt dar. Für die österreichischen Exilant/inn/en galt striktes Arbeitsverbot. Ohne Genehmigung des Home Office durfte weder bezahlte noch unbezahlte Arbeit angenommen werden. Beschäftigungsbewilligung gab es nur in Ausnahmen für Hausgehilf/inn/n, einzelne Angehörige freier Berufe mit Spezialkenntnissen und Unternehmer, die neue Arbeitsplätze schaffen konnten.

„… bis Dezember 1939 waren 14.000 Frauen mit etwa eintausend Kindern mit Hilfe des Domestic Bureau des Council of German Jewry sowie einige hundert Ehepaare und rund 7000 Frauen mit direkt vom Ministry of Labour ausgestellten ‚domestic permits‘ eingereist (d.i. rund 40% der deutschsprachigen Gesamtemigration)“. (nach: Exil in Großbritannien 1992, 50)

Vorerst gab es keine Arbeitserlaubnis in Gewerbe oder Industrie.

Arbeitserlaubnis erhielten nur vereinzelte Angehörige der freien Berufe mit speziellen Fachkenntnissen. Im Laufe des Krieges erfuhren Akademiker oft eine starke soziale Umschichtung, da sie sich meist als Lohnarbeiter oder Angestellte verdingen mussten. Die britische Ärztekammer weigerte sich lange, österreichische Ärzte aufzunehmen. Bis 1941 konnten sie nur nach Ablegung spezieller Prüfungen praktizieren, ab 1941 erhielten sie für die Kriegsdauer eine befristete Zulassung. Juristen mussten zumeist ihren Beruf wechseln, da sie in Großbritannien mit einem anderen Rechtssystem konfrontiert waren. Nur einzelne Techniker, wie z. B. Metallurgen, konnten vorerst beschäftigt werden.
Arbeitserlaubnis erhielten nur vereinzelte Angehörige der freien Berufe mit speziellen Fachkenntnissen. Im Laufe des Krieges erfuhren Akademiker oft eine starke soziale Umschichtung, da sie sich meist als Lohnarbeiter oder Angestellte verdingen mussten. Die britische Ärztekammer weigerte sich lange, österreichische Ärzte aufzunehmen. Bis 1941 konnten sie nur nach Ablegung spezieller Prüfungen praktizieren, ab 1941 erhielten sie für die Kriegsdauer eine befristete Zulassung. Juristen mussten zumeist ihren Beruf wechseln, da sie in Großbritannien mit einem anderen Rechtssystem konfrontiert waren. Nur einzelne Techniker, wie z. B. Metallurgen, konnten vorerst beschäftigt werden.

Arbeitserlaubnis erhielten Unternehmer, die in Großbritannien neue Arbeitsplätze schufen bzw. neue Industrien einführten.

„So gelang es etwa 80 österreichischen Unternehmern ihre Betriebe, meist aus dem Bereich der Leichtindustrie (Textil- und Lederverarbeitung), nach Großbritannien zu verpflanzen. Obgleich die meisten Flüchtlingsunternehmer eine Betriebsniederlassung im Großraum London, dem Ballungszentrum der österreichischen Emigration anstrebten, wurden sie in die sogenannten ’special areas‘ dirgiert, in Regionen wie Südwales, Südwestschottland (Clyde Valley), Cumberland, die Nordostküste Englands und Nordirland, die von der wirtschaftlichen Misere der dreißiger Jahre am stärksten betroffen waren. Durch die von der britischen Regierung gebotenen Anreize, wie günstig zu mietende Betriebsanlagen in Industrieparks, vorteilhafte Kreditbedingungen sowie niedrige Lohn- und Lebenshaltungskosten, siedelten sich rund zwei Drittel der Flüchtlingsunternehmen in jenen Gebieten an.“ (Exil in Großbritannien 1992, 50f.)

Mit Kriegsbeginn verbessern sich die Arbeitsmöglichkeiten schlagartig. Im Zuge der militärischen Mobilmachung wird die britische Wirtschaft auf die Kriegserfordernisse umgestellt, und die Nachfrage nach Fachkräften steigt. Die Flüchtlinge stellen hier ein gefragtes Potenzial dar:

Am 27. November 1939 wurde das ursprüngliche Arbeitsverbot durch die Alien Employment Order aufgehoben. Die Ausländer konnten sich nunmehr beim lokalen Arbeitsamt vormerken. Dieses teilte ihnen Arbeit zu, falls keine britische Arbeitskraft gefunden werden konnte und die Arbeitsbedingungen dieselben waren wie für britische Arbeitnehmer. In den ersten Monaten des Jahres 1940 wurden über 10.000 Arbeitsgenehmigungen an österreichische und deutsche Flüchtlinge erteilt. Diese Entwicklung fand aber durch die Internierungen ein jähes Ende. (vgl. Exil in Großbritannien 1992, 53)

Mit den beginnenden Entlassungen aus der Internierung wird die Entwicklung aber fortgesetzt. So wird die Entlassung aus der Internierung auch durch die Nützlichkeit der Internierten für den „war effort“ geregelt.

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Titel: Titelblatt des "Zeitspiegel" vom 25. Januar 1941, der an vorderster Stelle über die Möglichkeiten der Arbeit für Flüchtlinge berichtet
Quelle: Zeitspiegel, 25. Jänner 1941. Mit freundlicher Genehmigung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
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Aufgabe:

Könnten Sie als Frau auch in der Industrie unterkommen?

Ja

Seit Mitte 1941 können Sie sich in folgenden Branchen ausbilden lassen: Montieren, technisches Zeichnen, Instrumente machen, Täfeln und Blecharbeiten, elektrisches Schweißen, Oxygenschweißen, Mechanik.

„Die Internationasl Labour Branch des Ministry of Labour hat es ermöglicht, daß nunmehr auch weibliche nichtbritische Staatsbürger für ein Training der Regierungs-Trainings-Centres zugelassen werden. Folgende Training-Centres kommen für Refugee Frauen in Frage: […] Ebenso wie bei den Männern erhalten auch die Frauen wöchentliche Bezahlung nicht nur für sich selbst, sondern auch für abhängige erwachsene Angehörige. Man kann sich entweder selber unterbringen und bekommt dafür einen gewissen Betrag zum Leben, oder man wird mit Kost und Quartier untergebracht und erhält ein Taschengeld. Die Kurse dauern ungefähr 4 Monate. Das Mindestalter, einen Kurs mitzumachen, ist 16 Jahre.“ (Aus: „Zeitspiegel“, Nr. 27, 13. 7. 1941; zit. nach: Exil in Großbritannien 1992, 129)

Wollen Sie an einem solchen Regierungs-Trainingskurs teilnehmen, suchen Sie beim lokalen Employment Exchange an.

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Titel: Stellenmarkt-Anzeige aus der vom „Austrian Centre“ herausgegebenen Zeitschrift „Zeitspiegel“ No. 27, 4.7.1942
Quelle: „Zeitspiegel“ No. 27, 4.7.1942
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Seit Mitte 1941 können Sie sich in folgenden Branchen ausbilden lassen: Montieren, technisches Zeichnen, Instrumente machen, Täfeln und Blecharbeiten, elektrisches Schweißen, Oxygenschweißen, Mechanik. „Die Internationasl Labour Branch des Ministry of Labour hat es ermöglicht, daß nunmehr auch weibliche nichtbritische Staatsbürger für ein Training der Regierungs-Trainings-Centres zugelassen werden. Folgende Training-Centres kommen für Refugee Frauen in Frage: […] Ebenso wie bei den Männern erhalten auch die Frauen wöchentliche Bezahlung nicht nur für sich selbst, sondern auch für abhängige erwachsene Angehörige. Man kann sich entweder selber unterbringen und bekommt dafür einen gewissen Betrag zum Leben, oder man wird mit Kost und Quartier untergebracht und erhält ein Taschengeld. Die Kurse dauern ungefähr 4 Monate. Das Mindestalter, einen Kurs mitzumachen, ist 16 Jahre.“ (Aus: „Zeitspiegel“, Nr. 27, 13. 7. 1941; zit. nach: Exil in Großbritannien 1992, 129) Wollen Sie an einem solchen Regierungs-Trainingskurs teilnehmen, suchen Sie beim lokalen Employment Exchange an.

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Titel: Stellenmarkt-Anzeige aus der vom „Austrian Centre“ herausgegebenen Zeitschrift „Zeitspiegel“ No. 27, 4.7.1942
Quelle: „Zeitspiegel“ No. 27, 4.7.1942
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Kulturelle Möglichkeiten: Theater

Sicherlich würde es die Situation jeder/s Exilierten erleichtern, könnte sie/er an kulturelle Traditionen des Heimatlandes anknüpfen, an Theaterabende, an Konzertabende, an Lesungen, an Lektüregewohnheiten, an Vortragsabende. In London – aber nicht nur dort – war dies alles bis zu einem gewissen Grad gut möglich. Gleich mehrere Gruppen verschrieben sich dem Theater:

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Titel: Laterndl: Logo
Aus: Österreichische Nachrichten, März 1940
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Titel: Tausig, Otto -Austrian Youth Players
Quelle: Erna Wipplinger: Österreichisches Exiltheater in Großbritannien (1938 bis 1945). Diss. Wien 1984, S. 238. Mit freundlicher Genehmigung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
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Titel: Einladung zu einer Aufführung des Blue Danube Club
Quelle: Erna Wipplinger: Österreichisches Exiltheater in Großbritannien (1938 bis 1945). Diss. Wien 1984, S. 235. DÖW 8726 (A). Mit freundlicher Genehmigung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Aufgabe:

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Laterndl
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Neben den fixen Theatern entstanden Laienspielgruppen des Austrian Centre und des Young Austria. Sie setzten sich zum Ziel, „die große Kultur Österreichs lebendig zu erhalten und sie nicht nur den Engländern, sondern auch den Österreichern selbst nahezubringen“ (Zeitspiegel, Nr. 36, 2. 10. 1943, S. 7). Die Austrian Youth Players waren eine Spielgruppe des Young Austria und bemühten sich besonders um die Aufführung und Herausgabe der Werke von Jura Soyfer. Weiters standen Produktionen von Nestroy und Raimund auf dem Spielplan.
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Titel: Austrian Youth Players
Aus: Kultur des Exils am Beispiel Großbritannien. Aufrisse, 8. Jg. Nr. 1/1987, 9.
MalerIn/FotografIn: unbekannt
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Titel: Tausig, Otto -Austrian Youth Players
Quelle: Erna Wipplinger: Österreichisches Exiltheater in Großbritannien (1938 bis 1945). Diss. Wien 1984, S. 238. Mit freundlicher Genehmigung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Der österreichische Librettist Peter Herz hatte im Internierungslager Hutchinson Camp auf der Isle of Man ein „Stacheldraht-Cabaret“ gegründet. Nach seiner Internierung setzte er seine Tätigkeit in London fort. Seine Zusammenarbeit mit dem Austrian Centre beendete er jedoch bald, er sah den Club kommunistisch geführt und fühlte sich tendenziös beeinflusst. Er gründete im Mai 1941 in einem Konservatorium in Swiss Cottage die Revuebühne Blue Danube Club.

Die Bühne existierte bis zur Rückkehr von Herz nach Wien im Jahre 1954. Neben Herz traten u. a. auf: Susi Bandler, Fritz Becker, Agnes Bernauer, Yelle Hein-Staffl, Felix Knüpfer, Hilde Lederer, Hilde Lergens, Michael Rittermann, Fritz Schiller, Fritz Schrecker und Otto Stössel. Daneben führte Herz zusammen mit Fred Berger das Abendlokal Grinzing, in dem Kabaretteinlagen geboten wurden.

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Titel: Laterndl: Probe
Aus: Kunst im Exil in Großbritannien 1933-1945. Berlin 1986. Ausstellungskatalog)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Bevor ich mir ein Programm ansehe, möchte ich gerne Rezensionen über die „Laterndl“-Aufführungen lesen.

Rezension in „The Times“ vom 28. 6. 1939

„A group of Austrian exiles who formerly belonged, either as actors or writers, to the Viennese stage, are making a modes attempt to introduce their native art to London. To a small but packed audience at 124-126, Westbourne Terrace, Paddington, last night, they showed the kind of entertainment known in Vienna as Wiener Kleinkunstbühne and carried on in small inexpensive theatres producing shows which neglected luxurious scenic effects and concentrated on wit and topical satire. They made an extremely favourable impression. Their entertainment consists of simply staged sketches which are interspersed with satirical song. Much of the dialogue is in German, but the actors are capable of following a theme across several frontiers, and they make a judicious use of English. The satire is mostly political and sometimes tinged with the bitterness of exile, but these exiles can laugh very happily at a Vienna which has greeted the Romans, the Turks, and the French with enthusiasm and assurances of loyalty. They note that each conqueror swears to stay for ever, but on the invasion of 1938 the compere discreetly draws the curtain. The most ambitious piece – and the piece that brings out best the fluent expressiveness of the acting – is a trial scene. Three aliens in an English registrations office see themselves arraigned as the Eternal Revolutionary, the Eternal Woman, and the Wandering Jew before Judge Commonsense, General Bias, and Mrs. Charity. The inquisition at least reveals a wide range of accomplished acting. Herr Fritz Schrecker, Herr Martin Miller, and Fräulein Lona cross are those who principally distinguish themselves in an entertainment which reflects the grim present and is yet delightfully informed with traditional Viennese gaiety.“

In: Österreicher im Exil. Großbritannien 1938-1945. Eine Dokumentation. Hrsg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Wien 1992, S. 426f.

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Titel: Österreichische Nachrichten, 1940
Quelle: Österreichische Nachrichten, März 1940. Mit freundlicher Genehmigung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
MalerIn/FotografIn: unbekannt

Sie können sich auch eine der beiden in der „Times“-Rezension erwähnten Nummern ansehen:

Aufgabe:

Wählen Sie nun eine der beiden Aufgaben und wechseln Sie zur Beantwortung ins ARBEITSBLATT. Rufen Sie, bitte, dazu wieder Ihr schon gespeichertes Arbeitsblatt von dem von Ihnen gewählten Speicherplatz auf. Vergessen Sie nicht, Ihre Arbeitsergebnisse im Anschluss wieder unter demselben Filenamen auf Ihrem PC oder Ihrer Diskette zu speichern.

Aufgabe 1: Ich möchte einen englischen Freund/eine englische Freundin mit ins „Laterndl“ nehmen. Jetzt muss ich ihm/ihr aber erklären, was man unter der „Wiener Kleinkunst“ versteht – selbstverständlich auf Englisch. (Falls Sie sich unsicher sind, schauen Sie in das Praxisfeld „Kleinkunst/Kabarett 1933-1938“!)

Aufgabe 2: Meine englische Begleitung möchte von mir die Nummer „Wiener Ringelspiel“ erläutert haben. Jetzt muss ich ihr freundlicherweise die Nummer erklären – selbstverständlich auf Englisch.

Mit fortschreitendem Krieg und dem Bekanntwerden der faschistischen Gräueltaten kam man von der Form der Kleinkunstprogramme ab. Der Wunsch um Anerkennung Österreichs als eigener Staat machte sich auch auf kulturellem Gebiet bemerkbar. Auch das Theater sollte in den Zusammenhang einer eigenständigen österreichischen Tradition gestellt werden.

Aufgabe:

Um auf eine österreichische Literatur- bzw. Theatertradition hinzuweisen, welche Autoren gehören Ihrer Meinung nach in diese genuin österreichische Tradition?

Stefan Zweig
Anlässlich des Todes von Stefan Zweig gab es am 4. April 1942 ein Sondervorstellung: Stefan Zweig / Ben Jonson: Volpone. Regie: Martin Miller, Mitwirkende: Martin Miller, Fritz Schrecker, Hanne Norbert, Paul Lewitt u.a.m.
Zum 100. Jahrestag der Erstaufführung gab es eine Aufführung von Johann Nestroys „Der Talisman“. Regie: Martin Miller. 1943 kam es zur Aufführung von Nestroys „Häuptling Abendwind“.
Juni 1942, 11. Programm: Arthur Schnitzler: Wiener Miniaturen. Am 17. Juni 1944, anlässlich des fünfjährigen Bestehens des „Laterndl“ aufgeführt. Ebenfalls 1944 kamen drei Einakter von Arthur Schnitzler zur Aufführung.
1944 kam Ludwig Anzengrubers „Der Gewissenswurm“ zur Aufführung.
1945 kam Hermann Bahrs „Das Konzert“ zur Aufführung.
1944 gab man einen Einakter von Wildgans.
Der großen Eröffnung des Laterndl am 27. Juni 1939 ging am 24. Juni die Veranstaltung „Ewiges Österreich“ in der Londoner Armitage Hall voran. Dort wurden Hugo von Hofmannsthals „Verse zum Gedächtnis des Schauspielers Josef Kainz“ vorgetragen.
Der großen Eröffnung des Laterndl am 27. Juni 1939 ging am 24. Juni die Veranstaltung „Ewiges Österreich“ in der Londoner Armitage Hall voran. Dort wurde von Martin Miller eine Szene aus Karl Kraus: „Die letzten Tage der Menschheit“ vorgetragen.
Von Elias Canetti gelangte nichts zur Aufführung.
Von Ödön von Horváth gelangte nichts zur Aufführung.
Der großen Eröffnung des Laterndl am 27. Juni 1939 ging am 24. Juni die Veranstaltung „Ewiges Österreich“ in der Londoner Armitage Hall voran. Dort wurde aus Ferdinand Raimunds „Der Bauer als Millionär“ sowie „Der Verschwender“ vorgetragen.
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Titel: Freud, Sigmund und seine Tochter Anna auf dem Weg in das Londoner Exil (Juni 1938)
Beschreibung: Aus: Österreicher im Exil. Großbritannien 1938-1945. Eine Dokumentation. Hrsg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Wien 1992, Bilddteil Wien)
MalerIn/FotografIn: unbekannt
Autor: Pross, Steffen
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Anhang

Werkverzeichnis

    Forschungsliteratur

    • Bönsch, Franz - Das österreichische Exiltheater "Laterndl" in London
    • DÖW (Hg.) - Österreicher im Exil. Großbritannien 1938 - 1945
    • Hoselitz, Kurt - Zeitzeuge
    • Imperial War Museum (Hg.) - The Black Book (Sonderfahndungsliste G.B.)
    • Klein-Löw, Stella - Löw, Stella - Erinnerungen. Aus brauner Flut in den grauen Nebel 1939-45
    • Maimann, Helene - Politik im Wartesaal. Österreichische Exilpolitik in Großbritannien 1938-1945
    • Neumann, Robert - Ein leichtes Leben. Bericht über mich selbst und meine Zeitgenossen
    • ohne Autor - Interview mit Hilde Spiel über ihre Ängste während des Krieges, 22. 2. 1989
    • ohne Autor - Interview mit Margit Czernetz über die Bombardierungen von London 1940-1944, 18. 3. 1983
    • ohne Autor - Interview mit Renate Jeschaunig-Rosner über ihre Abreise mit einem Kindertransport 1938, 27. 6. 1989
    • Sekretariat des Young Austria (London) - Bericht des Sekretariats des Young Austria (London) anlässlich der Jahreskonferenz vom 17./18. und 24./25. Februar 1940 über die Lage der österreichischen Jugend in Großbritannien
    • Spiel, Hilde - Psychologie des Exils
    • Tausig, Franziska - Shanghai Passage: Flucht und Exil einer Wienerin
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