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KAPITEL

1. Das Trauma des Exils und die Orte des Traumas
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2. Wiederbegegnungen mit der ehemaligen "Heimat"
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3. Die geteilte Topographie des Erinnerns
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4. Anhang
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Jacqueline Vansant:
Exil, Rückkehr, Heimkehr - Topographien des Erinnerns


"Samstag nachmittag ging ich in Heiligenstadt herum, im schmelzenden Schnee gegen halb fünf, in der Dämmerung, und es war hundertmal herzzerreißender, als ich je erwartet hatte. Ich ging in die kleine Pfarrkapelle und heulte einfach." (Hilde Spiel. Die hellen und die finsteren Zeiten 1989, 231f.)

Spiel, Hilde zeigen
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Elisabeth Freundlich

Elisabeth Freundlich (1906-2001) schildert ihre Eindrücke nach der Rückkehr im Mai 1950 in "Die fahrenden Jahre" folgendermaßen:

Freundlich, Elisabeth zeigen

"Zunächst ließen wir uns durch die Stadt treiben, sie war mir völlig fremd geworden. Die Häuser schienen zusammengeschrumpft, ich hatte eben lange zwischen Wolkenkratzern gelebt; so schäbig waren sie, verwahrlost, rauchgeschwärzt, mit hässlichen Narben von Einschüssen, abgeblättert der Verputz. Dazwischen Ruinen, wenn auch nicht jene Trümmerfelder, die wir zuvor in München und Frankfurt gesehen hatten. Schäbig waren die Menschen gekleidet, scheel und misstrauisch ihr Blick, wenn man mit ihnen ins Gespräch zu kommen suchte. [...] Tatsächlich hat sich die Kluft zwischen den Hiergebliebenen - und damit sind auch solche gemeint, die ein reines Gewissen haben dürfen - und denen, die man davongejagt hat, nie wieder ganz geschlossen. Und dennoch: Wie in einem Lied besungen, schäumte auf dem Heldenplatz der Flieder wie eh und je und wusste nicht, was sich hier zugetragen hatte; in der Prater-Hauptalle reckten die Kastanien die weißen und roten Kerzen in ihrer ganzen Pracht in die Luft, und das alles, wonach ich mich die ganzen Jahre gesehnt hatte, machte mich wehrlos gegen vieles andere." (Elisabeth Freundlich: Die fahrenden Jahre1992, 133 f.)

Freundlich, Elisabeth zeigen
Freundlich, Elisabeth als junge Frau zeigen

Minna Lachs

Minna Lachs (1907-1993) fährt im Sommer 1947 mit ihrem kleinen Sohn Tommy, mit dem sie Wien verlassen hatte, als er noch ein Baby war, zurück nach Österreich. Nur sehr wenig schreibt sie in ihren Memoiren darüber. In "Zwischen zwei Welten" schildert sie ganz kurz ihre Einreise in Österreich. Ihr Mann war ihr schon vorausgefahren, sie und Tommy reisten ihm nach:

Lachs, Minna zeigen

"Vor Buchs überfällt mich die Erinnerung an die panische Angst, an die demütigenden Kontrollen, an die tödliche Bedrohung bei unserer Ausreise im Jahre 1938. [...] Wir haben Fensterplätze und ich komme kaum nach, Tommys viele Fragen zu beantworten. Alles interessiert ihn: die schneebedeckten Berge, die sich verfärbenden Wälder, die vielen Schlösser und Burgruinen, die Soldaten, die verschiedene Uniformen tragen und in verschiedenen Sprachen sprechen. [...] Endlich rollte der Zug in den noch halbzerstörten Westbahnhof ein. Und da wartet Ernst [ihr Mann]. Tommy winkt dem Vater jubelnd zu, er stürzt über die Waggonstufen hinab in seine Arme, kann nicht aufhören, ihn zu küssen." (Minna Lachs: Zwischen zwei Welten 1992,180 f.)

Lachs, Minna zeigen

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