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Ulrike Oedl:
Exilland Schweiz
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Paul Grüninger
Obwohl die Schweiz sich mit Grenzpolizei und Verordnungen zunehmend für viele Flüchtlinge in eine uneinnehmbare Festung verwandelte, konnten sich 2.000 bis 3.000 Österreicher und Österreicherinnen vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Schweiz retten. Sie verdanken ihr Überleben in vielen Fällen dem couragierten Handeln eines einzelnen Menschen: dem Polizeihauptmann Paul Grüninger (1891 - 1972). Er missachtete die fremdenpolizeilichen Bestimmungen des Bundes, nahm Flüchtlinge in St. Gallen auf und versuchte sie vor einer Ausweisung zu schützen. 1939 wurde er von der St. Galler Regierung wegen Amtsmissbrauchs fristlos entlassen und ein Jahr später, 1940, wegen Amtspflichtverletzung und Urkundenfälschung verurteilt. Bis zu seinem Tod lebte er in Armut.
Erst 1993 wurde er durch die St. Galler Regierung politisch rehabilitiert, 1994 veröffentlichte der Schweizer Bundesrat eine Ehrenerklärung für Paul Grüninger. 1998, fast 30 Jahre nach seinem Tod, erhielten seine Nachkommen eine materielle Wiedergutmachung für die durch die fristlose Entlassung entstandenen Lohn- und Pensionseinbußen des Hauptmanns. Dieser Betrag floss zur Gänze in die Paul Grüninger-Stiftung, aus der auch der Paul Grüninger-Preis hervorgegangen ist, der an Personen und Organisationen verliehen wird, die sich in besonders mutiger Weise für die Freiheit und Würde von Menschen eingesetzt haben (vgl. Zwischenwelt 1/01, 4.: Paul Grüninger Preis an Sima Samar). Diese späte und erst auf Druck der Öffentlichkeit zustande gekommene Rehabilitation ist ein Indiz für die zögerliche Aufarbeitung der Schweizer Geschichte während des Nationalsozialismus - Fragen nach Mitverantwortung müssen in diesem Kontext zwangsläufig gestellt werden. (vgl. Zwischenwelt 2/00, 73)
Kreis, Georg: Die Rückkehr des J-Stempels (Rez.) zeigen
S. 10/24
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