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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Erste Kontakte mit einer fremden Kultur
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3. Probleme in der neuen Heimat
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4. Politik im Exil
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5. Schmerzlicher Neuanfang
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6. Anhang
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Siglinde Kaiser-Bolbecher:
Österreichische Emigration in Kolumbien


Trotzdem waren die Anstrengungen der Anpassung enorm, allein die Umstellung auf die zum Teil tropisch feuchte Hitze bei der Ankunft in Puerto Colombia, das stundenlange Warten, bevor Zoll- und Visa-Formalitäten erledigt waren, die Fahrt durch den Tropen-Urwald am Unterlauf des Rio Magdalena bis zu den hochgelegenen Pässen der Kordilleren.

Pacho Rio Negro zeigen
Marktszene: Raquira Boyaca (Nr. 1) zeigen
Marktszene: Raquira Boyaca (Nr. 2) zeigen

Die soziale Situation war für die 1938 und 1939 eintreffenden, politisch und als Juden verfolgten Asylanten zweifellos äußerst schwierig. Sie hatten ihre Bürgerrechte, ihr Vermögen und ihre Erwerbsmöglichkeit verloren, waren knapp dem KZ entkommen und waren daher kaum "abenteuerlustig" eingestellt.

Eine zeitgenössische Darstellung der zahlenmäßigen Entwicklung der österreichischen Emigration nach Kolumbien von Alberto Kleiner, der sich nur auf Material jüdischer Hilfsorganisationen stützte, weist von 1934 bis 1942 insgesamt 526 Österreicher/innen aus. Zum Vergleich waren im gleichen Zeitraum 2.347 Deutsche und insgesamt 1.098 Flüchtlinge aus anderen Ländern wie Polen, Rumänien, Bessarabien, Tschechoslowakei, Ungarn nach Kolumbien gelangt. 1938 war das Jahr der größten Emigrationswelle, sowohl aus Österreich (275 Personen), als auch aus Deutschland (1.443 Personen) und den osteuropäischen Staaten. (vgl. Kleiner 1943, 21f.)

Bis Oktober 1938 handhabten die kolumbianischen Behörden und Konsulate die Visumvergabe relativ liberal. Am leichtesten und häufigsten praktiziert wurde die Vorlage eines Arbeitskontraktes oder einer Einladung nach Kolumbien. Der Kabarettist Hugo Wiener, seine spätere Frau Cissy Kraner, Eugen Strehn, Sänger und Regisseur an der Wiener Volksoper, Polly Sylvan, "Die drei Meloparodisten", Elmar, Gotthelf und Spiegel (die in dem Wiener Theater "Die Kammerspiele" großen Erfolg hatten), sowie Gertrud Bodenwieser und 15 Mitglieder ihrer Tanzgruppe hatten eine "rettende" Einladung vom Bürgermeister (Alcalde) von Bogotá, an den Festlichkeiten zur Vierhundertjahrfeier der Stadtgründung teilzunehmen. (vgl. Wiener 1991, 150-159) Der österreichische Konsul Brunner-Lehenstein war auch persönlich daran interessiert, dass möglichst viele Visa ausgestellt wurden. Denn so konnten seine Tochter Magda, die Tänzerin bei Bodenwieser war, und seine Frau (als Garderobierin ausgegeben) aus Europa emigrieren. Gertrud Bodenwieser war wegen ihrer "freien" Auffassung vom klassischen Ballett, ihrer "gewagten" Tanzchoreografien bei den Nazis verfemt; ihren Mann, Friedrich Rosenthal, kurz nach dem Einmarsch verhaftet, konnte sie nicht aus dem KZ retten. (vgl. Dunlop MacTavish o. J., 60)

"Die drei Meloparodisten": Gesangstrio, spezialisiert auf Parodien von damaligen Stars wie Richard Tauber und Hans Albers. 1938 in Amsterdam von Hugo Wiener für das Gastspiel in Bogotá engagiert, wo sie neben Gesangsparodien auch mit Schubertliedern auftraten. Mit Cissy Kraner und Hugo Wiener zuerst nach Venezuela, dann nach Kuba geflüchtet. Nach dem Krieg löste sich die Gruppe auf.

Wiener, Hugo zeigen
Villa de Leyva zeigen
Bodenwieser, Gertrud zeigen
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