|
|
4.A Klasse des BG 19, Schuljahr 1934/35. Reinhold Eckfeld in
der letzten Reihe ganz links
Dies ist eine Hälfte der 7. Klasse des Schuljahres 1937/38.
Georg Stefan Troller befand sich in der 4.B.
|
|
|
Reinhold Eckfeld mit seinem Bruder Waldemar 1935 im Türkenschanzpark
in Wien
Waldemar, der um sechs Jahre ältere Bruder Reinhold Eckfelds,
hatte bis zum Ausschluß der jüdischen und als jüdisch
geltenden Studenten von den Universitäten Medizin studiert.
Bei Kriegsbeginn wurde er ebenso wie sein Bruder Reinhold interniert
und mit dem berüchtigten Deportationsschiff Dunera
nach Australien deportiert. Als er im Hafen von Melbourne einen
Fluchtversuch unternahm, wurde er am Landungsplatz und später
auf dem Schiff so schwer geschlagen, daß ihn sein Bruder,
der ihn erst am darauf folgenden Tag sehen durfte, nur an seinen
Haaren wiedererkannte. Waldemar Eckfeld blieb nach dem Ende der
Internierung in Australien depressiv, da es ihm nicht gelang, einen
Beruf auszuüben, der mit seinem früheren Studium der Medizin
zu tun hatte. Nach einem ersten gescheiterten Selbstmordversuch,
stürzte er sich am 7. Dezember 1959 aus dem 25. Stockwerk eines
Hochhauses in Melbourne.
|
|
|
Originalmanuskriptseite von Reinhold Eckfeld
Reinhold Eckfeld war am Vormittag des 10. Novembers 1938 verhaftet
und in der Nacht auf den 11. November auch mißhandelt worden.
Auf der abgebildeten Seite berichtet er von seiner Verhaftung: Wie
ich die Lannerstraße weiter hinaufkomme, sehe ich an der rechten
Straßenecke, dort wo ein roter Postkasten hängt, einen
Trupp von Juden stehen, die von einigen SS-Männern bewacht
werden. Einige SS-Männer gehen durch die Straßen in der
Nähe. Ich merke, daß alle Passanten gefragt werden, ob
sie Arier sind, und will mit festen Schritten und einen unbefangenen
Blick auf die Leute auf der anderen Straßenseite werfend,
an der ganzen Sache vorbeigehen, um rasch ins Haus meiner Tante,
das vielleicht nur mehr 40 Schritte entfernt ist, hineinzugelangen.
Wie ich gerade wieder auf den Gehsteig hinauf will, pfeift einer,
ich drehe mich um, ein SS-Mann geht auf mich zu und fragt mich:
Sind Sie Arier? - Nein. - Sind Sie
Jude? - Nach etwas Zögern: Nein. - Ja,
zum Teufel, was denn sind Sie? - Ich bin Mischling.
- Ein anderer SS-Mann wendet sich zu dem, der mich angehalten hat,
und fragt: Was ist los? - Er sagt, er ist Mischling,
und zu mir, haben Sie Dokumente bei sich? - Nein,
ich habe nichts bei mir. - Stellen Sie sich mal dorthin!
Ich stelle mich zu den anderen dazu, die dort an der niedrigen Mauer
und am Zaun stehen, Hände in den Manteltaschen, da es kühl
ist, und resigniert und stumm zusehen, wie weitere Passanten zur
Ausweisleistung angehalten werden. (Eckfeld, Monate, S.14)
|
|
|
Originalmanuskriptseite von Reinhold Eckfeld
Auf der abgebildeten Seite berichtet Reinhold Eckfeld von Mißhandlungen
seiner Leidensgenossen durch einen SS-Verfügungstruppenmann
im Polizeikommissariat in der Kreindelgasse 13/Ecke Gatterburggasse:
Der SS-Verfügungstruppenmann trägt Stahlhelm, Mantel,
Bajonett an der Seite, Röhrenstiefel. Er ist ziemlich groß,
stark gebaut und hat ein brutales Gesicht. Er schreitet in den Raum,
brüllt, - schnuppert in der Luft, fragt, wer geraucht hat.
- Es meldet sich einer, er brüllt ihn an, schlägt ihn,
befiehlt ihm als Strafe Kniebeugen zu machen, läßt ihn
später sich mit dem Gesicht zur Wand stellen, Hände hoch
heben und die Finger strecken und zusammenziehen, strecken und zusammenziehen
und so fort und so fort. Er wendet sich einem anderen zu, der mit
dem Rücken gegen die Wand gelehnt steht, zieht ihn hervor,
ohrfeigt ihn, brüllt. Er versetzt einem anderen, der bei der
Tür steht, zwei Ohrfeigen, sodaß er, der strammzustehen
bemüht ist, umkippt und seine Wangen röten sich. Auch
der muß Kniebeugen machen, die der betreffende sehr stramm
macht. Er fragt ihn höhnisch: Warst du wohl schon mal
in Dachau, eh? Daraufhin geht er dann umher, sieht sich den
einen oder anderen ganz scharf an, tritt nahe an sie heran, als
ob er sie jeden Moment schlagen wollte und lächelt so sadistisch,
wie ich es noch nie von einem Menschen gesehen habe. Der Mann, der
mit erhobenen Armen an der Wand steht, dreht den Kopf herum und
keucht mit rotem Kopf, er könne nicht mehr, er sei herzleidend,
worauf ihn das Biest nur anbrüllt: Weitermachen!
Nach einigen Minuten schnappt er dann: Einstellen, und
geht. (Eckfeld, Monate, S.19f)
|
|
|
Ausschnitt aus dem Manuskript Reinhold Eckfelds
|
|
|
Registrierungsschein der Gildemeester-Auswanderungshilfsaktion
für Reinhold Eckfeld
Der Niederländer Frank van Gheel Gildemeester war der Leiter
der nach ihm benannten Gildemeester-Auswanderungshilfsaktion,
deren Büros im Gebäude Wollzeile 7 untergebracht waren.
(Heute findet sich im nach dem Krieg umgebauten Gebäude, von
dem nur mehr die Fassade im ursprünglichem Zustand erhalten
ist, die Finanzkammer der Erzdiözese Wien.) Vor allem die Auswanderung
mittelloser Juden sollte durch diese bereits im April 1938 gegründete
Organisation betrieben werden. Die Mittel dafür sollten begüterte
Juden aufbringen, deren Vermögen dafür herangezogen werden
sollte. Diesen Modus der Finanzierung übernahm Eichmann später
bei der Errichtung der Zentralstelle für jüdische
Auswanderung in Wien. Gildemeester nutzte seine guten Kontakte
zum NS-Regime, die daher rührten, da er in der Zeit des Austrofaschismus
inhaftierten Nationalsozialisten geholfen hatte. Die Büroräumlichkeiten
befanden sich zunächst in Wien I., Kohlmarkt 8, ab September
1938 in der Wollzeile 7. Ab Ende 1938 unterstand die Gildemeesteraktion
der Zentralstelle für jüdische Auswanderung
und war eine wichtige Auswanderungshilfsorganisation für österreichische
Juden, die nicht mosaischen Glaubens waren. Ende 1939 wurde sie
aufgelöst. Ihre Aufgaben übernahm zum Teil die Auswanderungshilfsaktion
für Nichtglaubensjuden, die bis zur 1942 erfolgten Auflösung
der Israelitischen Kulturgemeinde Wien unterstand. Auswanderung
ist allerdings nichts anderes als ein Euphemismus, der für
die Opfer der nationalsozialistischen Politik nichts anderes als
Vertreibung, Flucht, Ausplünderung und häufig bloß
Rettung des nackten Lebens bedeutete.
|
|
|
Originalmanuskriptseite von Reinhold Eckfeld
Links oben das Datum der Niederschrift: 23.2.41
Es war gerade dieser Ort, der mir immer so überaus deutlich
das menschliche Elend unserer Tage vor Augen brachte. In meinem
Notizbuch habe ich diese Auswanderungshilfsstelle mit den Buchstaben
GM verzeichnet, und ich will ihr, der ich überaus viel für
das Zustandekommen meines Verlassens von Deutschland verdanke, hier
den Platz widmen, den sie verdient und den sie in meinen Erinnerungen
an diese schrecklichen Monate einnimmt. Das Gebäude ist schon
ziemlich alt und springt aus der Häuserzeile hervor, um so
die ohnedies enge Straße noch mehr zu verengen. Der Gehsteig
dort ist nicht breiter als ungefähr einen Meter. In dem Haus
sind eine (Noten)buchhandlung und noch ein oder zwei weitere Geschäfte.
In dem niedrigen Hausflur ist holpriges Steinpflaster, und eine
Glastür führt in einen kleinen, quadratischen Lichthof.
Im Hausflur selbst ist eine Anzahl Plakate angeschlagen, die Hinweise
auf Parteienverkehr etc. etc. geben. Eine enge Wendeltreppe führt
links hinauf. Am Fenster ist rechts eine Portierloge, bei der Nummern
ausgegeben und Auskünfte erteilt werden. (Eckfeld, Monate,
S.33
|
|
|
Reinhold Eckfelds Certificate of Registration of Internee in
Australien
Reinhold Eckfeld wurde in den australischen Internierungslagern
Hay und Tatura festgehalten.
|
|
|
Reinhold Eckfelds Personal Description aus dem australischen
Internierungslager
Reinhold Eckfeld wurde bis zu seinem Eintritt in die australische
Armee am 5. März 1943 in Internierungslagern festgehalten.
|
|
|
Internierungslager Internment Camp 8 in Hay, New South Wales.
Zeichnung Reinhold Eckfelds, Mai 1941
|
|
|
Internierungslager Internment Camp 8 in Hay, New South Wales.
Zeichnung Reinhold Eckfelds, Mai 1941
|
|
|
Reinhold Eckfeld 1945 in australischer Armeeuniform
Reinhold Eckfeld gehörte bis 1946 der australischen Armee
an. Wien und Österreich hat er nie wieder besucht.
|
|