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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Erich Fried und Hans Schmeier im britischen Exil
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3. Identitäten
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4. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Erich Fried (1921-1988) und Hans Schmeier (1925-1943)


Dies führt uns zu dem bemerkenswerten und bedenklichen Bekenntnis-Mechanismus von Schmeiers Gedicht, das ja mit dem Zweifel, mit der Frage anhebt, ob die, die führen (also, im konkreten Fall, die österreichischen Kommunisten in Großbritannien) wirklich den Weg kennen, und ob es tatsächlich ein "gutes Land" ist, das ihnen als Ideal vorschwebt. Der Zweifel wird aber hier durch die Verzweiflung überwunden: In der schrecklichen Welt und Heimatlosigkeit, in der wir uns befinden, gibt Schmeier dem Leser zu verstehen, bleibt uns keine andere Wahl, als uns der Führung anzuvertrauen, wohin immer sie uns führen wird. Die Unterdrückung des Zweifels, die Aufgabe der Selbständigkeit wird zusätzlich motiviert durch das retardierende Moment, die Trägheit des Blutes, dieses "müden Safts", dessen naturwüchsiger Widerstand gegen das willensgemäß zielorientierte Agieren eben weggespült, fortgerissen, überwunden werden muss. Und damit mündet Schmeiers Gedicht ins politisch-pädagogische Konzept der "Free Austrian Youth" ein, die "Emigration als Kampfzeit, als Übergang zu einem besseren Morgen zu sehen." (Helene Maimann: Das österreichische Exil in Großbritannien 1938-1945, 1987, 20)

Der Zweifel, der durch die Verzweiflung überwunden werden muss, hat aber noch eine andere, vielleicht 'tiefere' Schicht, die von Erich Fried selbst in seinem Gedicht "An Österreich" angesprochen wird:

Nicht Liebe wär's, von deiner Schuld zu schweigen, die tief dich beugt und dich zu brechen droht. Und diese deine Schuld wird ganz mein Eigen wie deine Berge und wie deine Not. Du sollst einst nicht nur mit dem Finger zeigen: Den argen Nachbar straft, der mir gebot! (Erich Fried: Frühe Gedichte. Mit einem Vorwort des Autors. Frankfurt 1989, 78; Erstausgabe 1986).

Prophetisch heißt es da in dem spätestens 1946 entstandenen Gedicht weiter unten auch: "... und du wirst oft noch glatt sein von Betrug!"

Fried, Erich (etwa 1947) zeigen

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