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KAPITEL

1. Kurzinformation zum "Wiener Werkel" (1939 -1944)
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2. Das Spiel um den Chinesen, der net untergeht
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3. Herrn Sebastian Kampels Höllenfahrt
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4. Der Wiener Januskopf
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5. Anhang
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Herbert Staud:
Das Ostmark-Kabarett "Wiener Werkel" - Kollaboration oder Demonstration?


[...] Stimmen: Die Hölle wird dich auf gleich bringen! Kampel: Na! Net auf gleich bringen! I will mi ja bessern, i will ... (Es wird hell. Zimmer wie zu Beginn. Kampel fällt vom Sofa.) Frau Kampel (steht bei ihm): Aber Bastian, was hast denn? Kampel: Weiche von mir, Satanas! Gebt's des Messer weg! Frau Kampel: Bist narrisch? Was für ein Messer? Kampel: Das Fahrtenmesser! I will net aufg'schnitten wer'n! Frau Kampel: Was redst denn für ein' Blödsinn? Kampel: Du verstehst das net. Ich war ja in der Höll'! Ich bin Dante der Zweite! I derf net mehr miesmachen, net mehr besser wissen ... Frau Kampel: Net mehr auf den Wewerka schimpfen! Kampel: Ah, des schon! Der bleibt auch weiterhin ein Niemand ... (Donner) Verzeihung, war nur a kleiner Rückfall, Verzeihung! Der Bua kriegt sei Fahrtenmesser und die Frauenschaft zwanzig Mark. Oder na, sag ma zehne ... (Donner) Also guat, zwanzig! Nur a bisserl Geduld, a Bekehrung braucht halt sei Zeit! (Vorhang)

(Weys o. J., 201)

An zwei ganz unterschiedliche Dramen erinnert die Kampel'sche Szenerie:

Erstens an das Stück "Der Bockerer" von Ulrich Becher und Peter Preses. Darin herrscht eine ganz ähnliche Familienkonstellation: Der Sohn schließt sich der NSDAP an, die Frau ist für den Nazi-Schnickschnack empfänglich und der Hausherr schimpft auf die Preußen. Allerdings haben Becher/Preses ihren "Bockerer" differenzierter gestaltet, ihn mit Witz, mit Prinzipien, teilweise sogar mit Reflexion ausgestattet. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass der "Bockerer" im englischen Exil entstand und aufgeführt wurde und somit nicht durch Zensur eingeengt war.

Aufgabe:

Lesen Sie hier einen Ausschnitt nach.

Preses, Peter: Bockerer zeigen

Zweitens erinnert die Familienkonstellation an die Szene "Der Spitzel" in Bertolt Brechts Szenenfolge "Furcht und Elend des Dritten Reiches" (entstanden 1935 bis 1938 im dänischen Exil). Darin äußert sich ein Studienrat abfällig über die neuen Machthaber. Als er und seine Frau bemerken, dass ihr Sohn, ein Schuljunge, ihr Gespräch mitbekommen hat, haben sie solche Angst vor seiner Denunziation, dass der Vater überzeugt ist, tatsächlich in die Hölle zu kommen: Er packt seinen Koffer für die Abholung ins Konzentrationslager. Er hat aber Glück, sein Sohn zeigt ihn nicht an, und der Studienrat ist vor der KZ-Hölle gerettet.

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