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KAPITEL

1. Einleitung
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2. Zur Situation der Theaterschaffenden in Österreich nach dem "Anschluss" - Wege ins Exil
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3. Überblick
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4. Österreichisches Exiltheater in Großbritannien
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5. BBC
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6. Das österreichische Exiltheater in den USA
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7. Hollywood
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8. Anhang
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Ulrike Oedl:
Theater im Exil - Österreichisches Exiltheater


Gerade die in diesem Zusammenhang vehement kritisierten spektakulären Effekte, wie die Komparseriemassen, waren wesentliche Bestandteile der Vorkriegs-Gastspiele Reinhardts in den USA und mit Grundlage seines Erfolges und seiner daraus resultierenden Prominenz. Mit Karl Gustav Vollmoellers "Mirakel", das seine Premiere 1924 in New York hatte und es dort auf 298 Vorstellungen brachte, ging Reinhardt, mit Unterbrechungen, auf eine sechsjährige Tournee. 1927/28 fand in New York ein ebenfalls viel beachtetes Gastspiel der Reinhardtbühnen mit acht verschiedenen Inszenierungen statt. Das Repertoire umfasste neben den deutschen Klassikern auch Tolstoi, Ibsen und Goldoni. (Fuhrich/Prossnitz 1987, 159 ff( Effektgeladene, opulente Spektakel, mit ihrer illusionistischen Wirkung durchaus dazu angetan, ein an der Traumfabrik Hollywood geschultes Publikum zu überwältigen, wollte Reinhardt auch nach seiner Emigration/Übersiedlung 1937 dem amerikanischen Publikum bieten. Wenig Interesse bestand hingegen an seiner substantielleren Theaterarbeit, wie seinen Verdiensten um Schauspielkunst und Regie. 1933 verlor Reinhardt mit einem Schlag seine Berliner Bühnen, jedoch blieben ihm zunächst noch seine österreichischen Spielstätten (Theater in der Josefstadt, Salzburger Festspiele). Daneben fand er Arbeitsmöglichkeiten in den USA, in Hollywood drehte er den berühmten "Sommernachtstraum"-Film (1935).

Vollmoeller, Karl Gustav zeigen
Vollmoeller, Karl Gustav zeigen

Insgesamt vier Jahre dauerten die Vorbereitungen für die Inszenierung des monumentalen Auftragswerkes "The Eternal Road". Von Franz Werfel stammte der Text und von Kurt Weill die Musik, beide gleich Reinhardt im amerikanischen Exil. Thematisch ging Reinhardt dabei neue Wege. Unter Verwendung von Motiven aus dem Alten Testament wurden das Elend und die Verfolgung des jüdischen Volkes dargestellt. In der Umsetzung blieb er seinem Erfolgsschema, der spektakulären Theatershow treu. Im Jänner 1937 fand die Uraufführung im Manhattan Opera House in New York statt. Obwohl die Aufführung beim Publikum ein großer Erfolg wurde, schlitterte das Unternehmen in ein finanzielles Desaster. Im Oktober 1937 übersiedelte Max Reinhardt gemeinsam mit seiner zweiten Frau, der Schauspielerin Helene Thimig, endgültig in die USA, vergeblich versuchte er an seine großen Erfolge anzuknüpfen. Doch mit dem Odium des finanziellen Misserfolges durch "Eternal Road" behaftet und ohne den organisatorischen und personellen Rückhalt der verloren gegangenen deutschen und österreichischen Reinhardtbühnen, die mit ihren Theatertourneen und Theatershows perfekt den durchkommerzialisierten amerikanischen Theaterbetrieb bedienen konnten, war es für Reinhardt nicht möglich, eine ihm und seinen künstlerischen Überzeugungen entsprechende Beschäftigung zu finden.

Obwohl Reinhardt in den Schriften, Briefen und Polemiken jener Periode sich stark auf die seinen Ruf als bedeutenden Theatermann rechtfertigenden Elemente seiner Theaterarbeit wie die Konzentration auf den Schauspieler und die Ensemblekunst bezog, gerade diese gegen den Theaterkommerz zu behaupten suchte, gab er auch trotz der Exilerfahrung seine grundsätzliche Distanz zum "Politischen" nie auf, Theater blieb für ihn weiterhin eine "Welt für sich". Die Unmöglichkeit, seine Theaterarbeit im Exil auch nur annähernd im gewohnten Rahmen fortzusetzen, ließ in Reinhardt zunehmend ein Gefühl der Ohnmacht, des Scheiterns entstehen, von dem ihn seine vielfältigen Aktivitäten nicht zu befreien vermochten. 1938 eröffnete er in Hollywood eine Theaterschule, den "Max Reinhardt Workshop for Stage, Screen and Radio". Neben der künstlerischen Ausbildung wurden auch die Fächer Dramaturgie, Theatergeschichte, dramatische Literatur angeboten. Dieses Konzept, ausgehend von den Bedürfnissen eines Repertoiretheaters mit festem Ensemble, musste zwangsläufig an Theaterverhältnissen scheitern, die hierfür weder Bedarf noch Grundlage boten. Die Amateurtheater (Little Theatres, Community Theatres) und Universitätstheater boten für Reinhardt und dessen hohe Ansprüchen an Professionalität nie eine wirkliche Alternative zum vorherrschenden Broadwaysystem. Vereinzelt kam es zwar zu Inszenierungen wie die Uraufführung von Thornton Wilders "The Merchant of Yonkers" (nach Nestroys "Einen Jux will er sich machen"; Grundlage für das später weltberühmte Musical "Hello Dolly") 1938 in New York. Ein Erfolg war "Rosalinda" ("Die Fledermaus") von Johann Strauß, in der Bearbeitung von Gottfried Reinhardt, John Meehan jr. und Erich Wolfgang Korngold.

Nestroy im Exil zeigen

Die Kostüme waren von Ladislaus Czettel, bereits vor seiner Emigration ein Mitarbeiter Reinhardts und bis 1937 Chefkostümbildner von Burgtheater, Wiener Oper, Theater in der Josefstadt, 1935-38 Lehrer am Reinhardt-Seminar. Reinhardts letzte Regiearbeit war die Uraufführung von Irwin Shaws "Sons and Soldiers" 1943 am Morosco Theatre, New York. Kurz nach der Feier zu seinem 70. Geburtstag am 9. September, an der zahlreiche Exilanten teilnahmen, starb Max Reinhardt an den Folgen eines Schlaganfalls am 31. Oktober 1943 in einem New Yorker Hotelzimmer.

Korngold, Erich Wolfgang zeigen
Strauß, Johann zeigen
Strauß, Johann zeigen
Strauß, Johann zeigen
Strauß-Familie zeigen

"Österreichische Bühne" (The Austrian Theatre)

Max Reinhardts gescheiterte Versuche, in den USA ein repräsentatives Repertoire- und Ensembletheater als Alternative zum amerikanischen Theatersystem zu begründen, das im Wesentlichen aus der Kombination von gewinnorientierten Geldgebern, starker Schauspielergewerkschaft und der totalen Ausrichtung auf den Publikumsgeschmack bestand, waren eine Möglichkeit, sich mit dem Theater des Exillandes auseinanderzusetzen. Der Rückzug in nicht immer sehr professionelle Nischen wie Universitätstheater oder Community Theatres eine andere. Die 1939/40 von Ernst Lothar, dem letzten Direktor des Theaters in der Josefstadt vor der Machtübernahme durch die Nazis, und dem durch Interventionen aus dem KZ Dachau freigekommenen Schriftsteller Raoul Auernheimer gegründete "Österreichische Bühne" ging einen ganz anderen Weg. Von vornherein war dieses Theater als Theater von Exilanten für Exilanten konzipiert. An eine Integration in das amerikanische Theaterleben dachte man nicht, vielmehr wollte man die Tradition des Wiener Theaters während der Zeit des Exils bewahren und pflegen. So stand hauptsächlich österreichische Dramatik (Schnitzler, Wildgans, Auernheimer) auf dem Spielplan. Das Ensemble konnte auf namhafte Schauspieler, wie Herbert Berghof, Adrienne Gessner, Ludwig Donath, Dolly Haas, Ernst Haeusserman, Ludwig Roth, Margit Wyler, Erika Wagner, - viele von ihnen waren vor 1938 am Theater in der Josefstadt engagiert - verweisen. Gespielt wurde in einem Vortrags- und Konzertsaal der Young Men Hebrew Association (Lexington Avenue und 22. Straße).

Gessner, Adrienne zeigen
Herdan-Zuckmayer, Alice zeigen
Herdan-Zuckmayer, Alice zeigen
Auernheimer, Raoul zeigen
Wildgans, Anton zeigen
German and Austrian Exile Studies zeigen

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