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KAPITEL

1. Hermynia Zur Mühlen
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2. Ewiges Schattenspiel
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3. Als der Fremde kam
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4. Reise durch ein Leben
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5. Unsere Töchter die Nazinen
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6. Die Übersetzertätigkeit von Hermynia Zur Mühlen
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7. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Hermynia Zur Mühlen (1883-1952)


Gräfin Agnes sieht sich der neuen Bewegung zunächst hilflos gegenüber und kann auch ihre Tochter Claudia, zu der sie seit ihrer Geburt eine schwierige Beziehung unterhält, nicht davon abhalten, der NSDAP beizutreten. Als ihre Tochter beim Versuch, einen sozialdemokratischen Gemeindevorsteher vor den Nazis zu retten, ums Leben kommt, unterstützt die Gräfin aktiv den Widerstand, mit dem sie bereits vorher sympathisiert.

Frau Gruber und Gräfin Agnes bilden die für Zur Mühlen Romane charakteristische Allianz der wahren Aristokratie und des Proletariats gegen das Bürgertum. (vgl. Gauß 1992, 167) Martha Feldhüter ist hingegen die Verkörperung des gleichermaßen raffgierigen wie skrupellosen Mittelstandes. Ihr lange Zeit eher erfolglose und gesellschaftlich nicht entsprechend angesehene Mann wendet sich aus bloßer Berechnung dem Nationalsozialismus zu, und sie folgt ihm begeistert, weil sie erstmals die Chance auf volle Zugehörigkeit zur sozialen Elite auf sich zukommen sieht. Nachdem der jüdische Arzt (Dr. Beer) und seine Frau aus Verzweiflung Selbstmord begangen haben, nehmen die Feldhüter deren Villa in Besitz. Sie spielen nun offen ihren latenten Antisemitismus aus, etwa, indem sie die Möblierung einem jüdischen Kaufmann, dessen Geschäft vor der Arisierung steht, abpressen und damit die schäbige Bereicherungshaltung weiter Teile des (klein)bürgerlichen Mittelstandes verkörpern. Die Tochter Lieselotte soll den künftigen Gauleiter heiraten, um die Position der Familie weiter abzusichern.

Am Ende des Romans beginnt sich der linke Widerstand zu formieren. Es hat den Anschein, dass der Nationalsozialismus aber auch von innen heraus (unzufriedene SA-Männer) sowie durch die im Untergrund organisiert verbleibende Linke wirksam bekämpft werden könnte, und so nur eine kurze dunkle Periode der deutschen Geschichte bleiben würde. Diese Optimismus sollte sich, wie wir wissen, nicht bestätigen.

Der damalige Gesandte Hitlers in Wien, Franz von Papen, intervenierte direkt bei Schuschnigg gegen den Roman und erreichte eine Beschlagnahmung. Von der Auflage (600 Stück) war aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr all zu viel im Verlag vorhanden. Man hatte schon an die Abonnenten ausgeliefert. (vgl. Altner 1997, 151) Es ist bezeichnend, dass man dem Verlagsleiter mit einer Anklage wegen Hochverrats drohte, weil er in dem damals ständestaatlichen Österreich antinazistische Bücher drückte. Das Buch wurde im Gegensatz zu anderen Romanen von Zur Mühlen auch nicht rezensiert. Erst 1983 kam es in der DDR zu einer Neuauflage des Romans. (vgl. Altner 1997, 152)

Kucher, Primus-Heinz: Literarische Modernität - Hermynia Zur Mühlens Roman "Unsere Töchter die Nazinen" zeigen
Kucher, Primus-Heinz: Hermynia Zur Mühlens Werk - eine bereichernde Lektüre zeigen
Schuschnigg, Kurt (von) zeigen
Zur Mühlen, Hermynia - Intervention der Deutschen Gesandtschaft (1) zeigen
Zur Mühlen, Hermynia: Intervention der Deutschen Gesandtschaft (2) zeigen
Zur Mühlen, Hermynia: Pro domo 1 zeigen
Zur Mühlen, Hermynia: Pro domo 2 zeigen

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