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KAPITEL

1. Australien
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2. "Österreichisches" Exiltheater und -kabarett
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3. Frühe Reaktionen (1941-1950)
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4. Hochblüte (1950-1960)
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5. Sprach- und Identitätswechsel (1957-1973)
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6. Anhang
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Birgit Lang:
"The Earnestness of being Importer." "Österreichisches" Theater und Kabarett im australischen Exil


Verflechtungen und enge Kontakte gab es überdies zwischen den deutschsprachigen Exiltheatern in Sydney und Melbourne, davon zeugen wechselseitige Gastvorstellungen. Außerdem agierte die deutschsprachige Exiltheaterszene nicht im luftleeren Raum. Deutschsprachige Emigrant/inn/en traten auch in englischsprachigen Theatern und im Fernsehen auf, englischsprachige Theaterleute sahen sich die deutschsprachigen Vorstellungen an (Fitton 1981, 135 f), manchmal spielte auch der eine oder andere, so es die Deutschkenntnisse erlaubten, in einer Aufführung der Exiltheater mit. Und auch das Publikum konnte in den fünfziger Jahren bereits genügend Englisch, um deutsch- wie englischsprachigen Inszenierungen folgen zu können.

Anhand des Jahres 1956 soll die Bandbreite an deutschsprachigen Theater- und Kabarettaufführungen exemplarisch vorgeführt werden. Das Kleine Wiener Theater in Sydney spielte die Dramatisierung von Kafkas "Der Prozeß" durch André Gide und Jean-Lois Barrault, gestaltete eine Leseaufführung von Goethes Faust und inszenierte "Drei Männer im Schnee" von Erich Kästner. Anders als in den frühen Produktionen des Kleinen Wiener Theaters dominierte Mitte der fünfziger Jahre nicht mehr das Lustspiel den Spielplan. Sowohl "Der Prozeß" als auch die Leseaufführung des "Faust" können als Versuch gesehen werden, das Theater weg von der Unterhaltung in eine "ernstere" Richtung zu bewegen. "Drei Männer im Schnee", das 1955 neu verfilmt worden war, ist wiederum ein Zugeständnis an den Publikumsgeschmack. In Melbourne ging es weniger ernst zu. Die Theaterfreunde brachten mit "Das Haus in Montevideo" von Curt Goetz und mit "Die liebe Familie" von Felicitas Douglas in der deutschen Bearbeitung von Hans Jaray zwei erfolgreiche Lustspiele heraus. Ähnlich dem Kleinen Wiener Theater hatten sie 1953 mit der Aufführung von "Ein Inspektor kommt" von J. B. Priestley einen Bruch mit dem Genre Lustspiel gesucht, waren allerdings bald zu diesem zurückgekehrt. Und auch das Kleine Theater suchte sein Publikum wiederzugewinnen, nachdem es mit seinen Aufführungen im Jahr zuvor - zumindest nach Einschätzung der Theaterkritiker - nur wenig erfolgreich gewesen war. Diese Theatergruppe spielte 1956 anlässlich der Wiederkehr des 25jährigen Todestages von Arthur Schnitzler dessen "Anatol" sowie das Exilstück "Fremde Erde" von Mark Siegelberg (und Hans Schubert). Allein dem Kabarett schien das Publikum rückhaltlos die Treue zu halten. Wie jedes Jahr brachte das Melbourner Papricabaret sein Programm heraus, 1956 trug dieses den Titel "Lachen, lachen über alles".

Die fünfziger Jahre bildeten die Hochblüte des australischen Exiltheaters. Die Vielfalt der Strategien der Theatermacher/innen, die sich in der Spielplangestaltung ablesen lässt, verweist auf den Versuch, das zahlenmäßig begrenzte deutschsprachige Publikum für sich zu gewinnen. Das Spiel mit den kulturellen Bezügen in die Vergangenheit, das in der Anfangszeit aller Exiltheater im Mittelpunkt gestanden hatte (und im Kabarett viel deutlicher erhalten blieb), war dazu nur mehr eine Möglichkeit. Die Aufführung von ernsten Stücken und im Falle des Kleinen Theaters die Aufführung eines Stücks, welches das Schicksal der Vertriebenen direkt thematisierte, waren die anderen.

Kleines Theater Programmheft (Fremde Erde) zeigen
Theaterfreunde in Melbourne: Programmheft zeigen
Drei Männer im Schnee zeigen
Einwanderungsgeschichte Australiens zeigen

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