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KAPITEL

1. Rudolf Frank: "Fair play". Entstehung, Edition, kritische Urteile
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2. Wien als Stadt des Exils
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3. Geschichte und Roman: Historische Innensichten. Wiener Theater und Kleinkunstbühnen
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4. Geschichte und Roman: Historische Außensichten: Sozioökonomische Gegebenheiten, politische Strukturen, ideologische Legitimationsmuster
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5. Abschließende Bemerkungen
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6. Anhang
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Beatrix Müller-Kampel:
Als Exilant im austrofaschistischen Wien - Rudolf Franks autobiographischer Zeitroman "Fair play"


In einem Wettbewerb um das "beste freiheitliche Buch", den die von Hubertus Prinz zu Löwenstein zur Förderung exilierter deutschsprachiger Schriftsteller gegründete "American Guild for German Cultural Freedom" ausgeschrieben hatte und mit insgesamt 4.520 Dollar dotiert hatte, (vgl. Busch 1986, 61) errang Franks "Fair play" einen Preis. In der Jury befanden sich u. a. Thomas Mann, Bruno Frank und Lion Feuchtwanger, der sich besonders für Frank eingesetzt hatte. (vgl. ebenda und Frank 1960, 349 f.) Zum Druck gelangte der Roman allerdings nicht, und das von Thomas Mann zur Übersetzung ins Russische verschickte Typoskript ging nach Aussagen des Autors offenbar auf dem Weg nach Leningrad verloren. (vgl. Frank 1960, 350 und Heist In: Stadt Mainz 1980, 23)

Das Archiv der "American Guild" befindet sich in der Deutschen Bibliothek, Frankfurt am Main.

Die 1998 von Wolfgang Trampe für den Berliner Aufbau-Verlag besorgte Erstausgabe folgt in vielem nicht dem Originaltyposkript. Beispielsweise fügte der Bearbeiter dem Haupttitel kurzerhand den Nebentitel "Es kommt nicht zum Krieg" hinzu, strich einige Nebenhandlungen wegen angeblicher gestalterischer Schwächen sowie "einige ausufernde essayistische Passagen", vereinheitlichte die bei Frank zwischen Präsens und Imperfekt wechselnde Erzählzeit zugunsten des Präsens, entfernte Überschriften, fügte neue hinzu und griff auch ohne viel Federlesens in Ausdruck und Stil ein (sofern Formulierungen dem Bearbeiter als ?zu pathetisch' und "zu redundant" erschienen). (Trampe In: Frank 1998, 356 f.)

Mag dies alles aus verlegerischer Sicht noch vertretbar oder zumindest verständlich sein, so verstimmt doch die mangelnde Sorgfalt beim eigentlichen Lektorat. Ortsangaben sind (wohl aus Unkenntnis der Wiener Topographie und der österreichischen Geschichte) orthographisch nicht selten schlampig oder überhaupt falsch wiedergegeben, Fallfehler wurden übersehen (Frank 1998, 295 und 300), und im österreichischen Idiom zeigt sich Wolfgang Trampe auch nicht recht firm: Hallodris gab und gibt es Wien allenthalben, doch keine "Hallordi[s]" (Frank 1998, 119/Ts 106 richtig); mancher davon mag tepperte, aber gewiss keine "tepperen" Befehle erteilen (Frank 1998, 151/Ts 145 richtig). Bei der Überschrift zum sechsten Kapitel des dritten Abschnitts dagegen scheint wohl Frank selber sich in den Fußangeln des Regiolekts verfangen zu haben, denn ein "Stänkerer" (Frank 1998, 171/Ts 162) zettelt (mit Vorliebe öffentlich) böswillig Streit und Zank an und ist somit nicht unbedingt der heimtückisch-kriecherische Ränkeschmied, wie er hier beschrieben wird.

Sowohl die frühen Kenner des Typoskripts (unter ihnen Alfred Neumann, einer der Gutachter der "American Guild") als auch die Rezensenten der Bearbeitung konzedierten dem Roman Authentizität, lebendige Anschaulichkeit, spannende und stellenweise sogar ergreifende Darstellungsweise, doch kaum 'literarische Qualität': (vgl. Neumann, zit. nach Busch 1986, 62 f. und Heist In: Stadt Mainz 1980, 22 f.) Gelegentlich herrsche "die Freude am privatistischen Detail" vor, (vgl. Heist In: Stadt Mainz 1980, 22) die geschilderten Liebesszenen wirkten häufig "kolportagehaft", die Literarisierung historischer Ereignisse pathetisch, die Charaktere "schematisch" und die Bildsprache "klischiert", (vgl. Externer Link zu Beate Struber) ein "naiver Ton" und "distanzlose Haltung" grundierten einen "sprachlichen Übermut", hinter dem sich häufig eine "literarische Ohnmacht" verberge. (vgl. Arnold 1998)

Frank, Rudolf zeigen

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